Text über die economiesuisse und Bildung im Rahmen der Uni-Proteste im Mai 2004:
wer ist die economiesuisse?
Der Dachverband der Wirtschaftsverbände ist die Kampforganisation der Schweizer Bourgeoise. Sie ist das Fusionsprodukt des legendären «Vororts» und der weniger bekannten «Wirtschaftsförderung». Sie soll den einstmaligen Ruhm des Vorortes wieder beleben, was ihr im Falle der universitären Politik momentan besser zu gelingen scheint als bei Volksabstimmungen. Steuersenkungen sind da Lieblingsthema und für einmal hat die economiesuisse verloren. Was dem ehemaligen Vorort höchst selten passiert ist. Er war früher die dirigierende Kraft im Bundeshaus, sein Direktor galt als achter Bundesrat und Abstimmungen hat er jeweils gewonnen durchaus auch gegen den Willen der Regierung. Trotz der jetzigen Abstimmungs-Niederlage ist die economiesuisse aber nicht zu unterschätzten. Der amtierende Direktor Ramsauer ist ehemaliger Mitarbeiter von Delamuraz und dementsprechend gut in Bern verankert. Die übrigen Mitglieder sind gewichtige Wirtschaftsvertreter.Wir höhren, wir KommunistInnen propagieren ein veraltetes verstaubtes Muster, wenn wir von der Bourgeoise sprechen. Heutzutage seien die Klassen verschwommen. Der klassische kapitalistische Besitzer existiere nicht mehr und die Unternehmen seien durch Aktiengesellschaften ersetzt worden, die durch windige CET’s geführt werden. Nun, das stimmt. Beispielsweise die Grossbanken sind Publikumsgesellschaften. Und sie gehören grossteils KleinaktionärInnen. Doch ihr persönliche Interesse gilt dem möglichst hohen Profit und das macht, dass im Bereich der Interessen alles beim alten geblieben ist. Tönt «Interesse» auch verstaubt? Jedenfalls nicht in den Ohren der economiesuisse. Sie sagt offen von sich, sie vertrete die Interessen der Wirtschaft. Das sollten wir ernst nehmen, denn sie tut es wirklich. Natürlich auch wenn sie über die Uni spricht. Und im Falle der Uni tut sie es nicht alleine. Sie mobilisiert die befreundeten Kräfte, die alle auch Papiere schreiben und alle zum gleichen Schluss kommen: Es muss gehandelt werden, jetzt sofort! Denn Bildung sei der einzige Rohstoff, den die Schweiz zu bieten habe und dieser gehe kaputt! Wir wollen uns jetzt nicht darüber aufhalten, dass Bildung mit einem Rohstoff so wenig gemein hat wie z. B. Erdöl mit deutscher Grammatik, beachtlich ist nur das Klima der Panik, das rund um die Uni herum geschaffen wird.Das erste und wichtigste Anliegen der economiesuisse ist die Steuersenkung. Die selbstverständliche und beabsichtigte Folge von tieferen Staats-Einnahmen ist, dass gespart werden muss. Weg mit der sozialen Absicherung! Weg mit der billigen Ausbildung! Mit dem Spardiktat wird begründet, dass keine zusätzlichen Gelder gesprochen werden können, obwohl ein offensichtliches Bedürfnis nach Ausbildung besteht. Sie kombinieren die herrschende Panikstimmung mit Sparhysterie und mit dem Gerede über die Qualität der Ausbildung. Und schon ist ihnen gelungen etwas konsensfähig zu machen, was vor einem Jahr sogar noch im Bürgertum ausser Diskussion stand: eine massive Erhöhung der Studiengebühren.
Es ist offensichtlich, dass die economiesuisse in diesem Punkt bereits gewonnen hat, denn heute dreht sich die Diskussion höchstens noch um die Frage, ob die Studiengebühren tatsächlich auf 5’000 oder vielleicht doch nur auf 3’000 erhöht werden sollen. Zudem stellt sich die hochinteressante Frage, wer die Darlehen gewähren soll und wie das zu geschehen hat. Darüber wollen wir aber ehrlich gesagt gar nicht diskutieren! Die Widersprüche sind tiefer und unvereinbar.Genauso wie mit den Studis verfährt das Kapital mit der Arbeitskraft. Heute, da sich die Wirtschaft in Krise befindet und Arbeitslose nach Stellen lechzen, können sie die von den ArbeiterInnen errungenen Reformen angreifen. Der bisher gütige, aber trügerische Arbeitsfrieden landet damit auf dem Müllhaufen der Geschichte. Einerseits weil die Arbeitskraft so billiger kommt, andererseits, weil die soziale Absicherung ihnen ein Dorn im Auge ist. Sie ermöglicht es der Arbeitskraft, sich notfalls den Schikanen der Chefs zu entziehen. Und den Arbeitslosen gibt sie die Freiheit, nicht jede Drecksarbeit annehmen zu müssen.
Klassenkampf tönt in den Ohren vieler auch vertaubt, dabei ist es genau, womit wir konfrontiert sind. Im Moment läuft einfach der Klassenkampf mehr von oben als von unten. Allerdings zeigt auch die stegeinde Zahl der Arbeitskämpfe, dass sich immer häufiger ArbeiterInnen für ihre Interessen zur Wehr setzen. Beispielsweise kämpfen gerade heute die MalerInnen und Gipser für das Pensionsalter 62.
Ob wir diejenigen, die unsere Interessen bekämpfen trendig CEO oder einfach KapitalistInnen nennen, ist eher eine Stilfrage. Unsere Zukunft, ist aber keine Frage des Stils. Die Grenze verläuft zwischen oben und unten. Und die economiesuisse ist ganz oben. Die economiesuisse will der Bourgeoise eine möglichst profitable Ausbeutung ermöglichen, wir wollen die Ausbeutung beenden und ein gleichberechtigtes Leben für alle erreichen. Das beinhaltet klar eine Gratisausbildung für jene, die das wünschen. Darum: keine Diskussion mit Vertretern der economiesuisse! Der Kapitalismus ist nicht reformierbar, er ist das Problem, das sich uns stellt.