Flugblatt zum 8. März 2005

Dieses Flugblatt haben wir mit anderen Gruppen und Einzelpersonen an den Mobilisierungen zum internationalen Frauenkampftag, dem 8. März 2005, in Zürich verteilt:

8. März – internationaler Frauenkampftag

 

Der 8. März ist der internationale Frauenkampftag. Auch dieses Jahr ist er Ausdruck der weltweit stattfindenden Kämpfe gegen Ausbeutung und Unterdrückung von Frauen. Unsere Forderungen sind nach wie vor aktuell, denn die Angriffe auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Frauen setzen sich weiter fort.

 

Alltäglicher Sexismus

 

Sexismus heisst, von biologischen Geschlechtern (engl.: „sex“) auf ein soziales Geschlecht (engl.: „gender“) und damit auf bestimmte Verhaltensmuster zu schliessen. Das ist jedoch völlig falsch: Frau oder Mann zu sein bedeutet nicht, von Natur aus, eine „weibliche“ oder „männliche“ Denkweise zu haben und sich dementsprechend zu verhalten. Geschlechterrollen sind vielmehr etwas, was uns bereits in der Erziehung und durch viele andere äussere Einflüsse vermittelt wird. Sie sind die Konsequenz dessen, was die bürgerliche Gesellschaft uns als für unser Geschlecht passend einredet – so lange, bis wir selbst daran glauben. Bei uns Frauen haben diese Rollen den Zweck, uns unsere Arbeit in der Reproduktion, unsere schlechteren Löhne, unsere gesellschaftliche Diskriminierung entweder aufzuzwingen oder zu versüssen: Je nach Bedarf sind wir etwa zu dumm, zu schwach oder zu ungeschickt, oder wir machen uns als Mütter und Hausfrauen einfach besser als die Männer. Die Folgen sind Mangel an Selbstvertrauen, die Frauen in der ewigen Opferrolle, die Reproduktion des sogenannten „schwachen Geschlechts“.

Das sexistische Frauenbild, das uns die Medien von TV über Zeitungen, Zeitschriften bis hin zu Plakatwerbungen eindrillen, führt bei vielen Frauen zu einem immensen Druck, um diesem Rollenbild zu entsprechen.

Auffällig ist, dass sich der Sexismus verschärft hat, während sich die Stellung der Frauen in vielen anderen Bereichen im Laufe der Zeit verbessert hat.

Der Sexismus in der Arbeitswelt beginnt schon bei der Stellensuche – viele Betriebe in sogenannten Männerberufen (Handwerk, Technik) nehmen keine Frauen. Wenn frau dann doch eine Stelle gefunden hat, ist es oft nicht leicht in dem von Männern dominierten Klima.

Sie wird angemacht, betatscht, und bringt sie eine Idee ein, wird sie oftmals ignoriert oder als ehrgeizig gestempelt. Steht sie an einer Maschine, wird sie weggedrängt mit Sprüchen wie, „Das ist nichts für Frauen.“, „Am Herd ist noch ein Platz frei.“ An Wänden hängen Erotikkalender, und so sehen auch manche Männer am Arbeitsplatz ihre „Kolleginnen“ an: Als Sexobjekte und nicht als Arbeitskollegin. Diese Frauen werden als Mensch und in ihrem Beruf nicht ernst genommen.

So zeigen viele Statistiken noch immer kaum eine Veränderung in der Verteilung der Geschlechter bzgl. „Frauen- und Männerberufe“.

Dadurch wird deutlich, dass sexistische Unterdrückung im kapitalistischen System gefestigt und gezielt benutzt wird, um die existierenden Strukturen am Leben zu erhalten.

 

Jung, Frau, Arbeitslos

 

Auch bei der Lehrstellenwahl zeigt sich, dass der Frauenanteil seit den letzten 10 Jahren in den verschiedenen Branchen praktisch gleich geblieben ist. Konkret bedeutet das, dass Frauen aufgrund fixer gesellschaftlicher Rollenbilder vor allem Berufe im Coiffeurgewerbe, in der Schönheitspflege, in der Textilbranche, im Gesundheitsbereich oder in der Krankenpflege wählen. Viermal mehr Jungen als Mädchen treten eine vierjährige Lehre an. Und je tiefer der Schultypus, desto geringer stehen die Chancen für Mädchen sich einen Beruf auszusuchen.

Hinzu kommt der ansteigende Mangel an Lehrstellen, der besonders ausländische und Jugendliche mit einem tieferen Schulabschluss betrifft. Die Jugendlichen werden gezwungen, keine Ansprüche mehr an die Wahl der Lehrstelle zu stellen.

Die Jugendarbeitslosigkeit hat im Januar 04 mit 5.4% einen historischen Höchststand erreicht, wobei man nicht vergessen darf, dass hier nur die Jugendlichen in die Zahlen einbezogen wurden, die sich bei den regionalen Arbeitsvermittlungszentren gemeldet haben. Die tatsächliche Jugendarbeitslosigkeit ist laut Volkszählung fast doppelt so gross, wobei es vor allem junge Frauen sind, die sich nicht beim RAV melden.

Der Kapitalismus zeigt uns sein krisenverzerrtes Gesicht. Er schafft es nicht einmal mehr seine Jugend zu beschäftigen und schon gar nicht, uns eine Zukunftsperspektive zu geben.

Bei der Jugendarbeitslosigkeit (15 bis 24 Jahre) sind Frauen stärker betroffen als Männer, was wohl nicht zuletzt an den nach wie vor bestehenden geschlechtsspezifischen Vorurteilen liegt. Falls mensch allenfalls noch AusländerIn ist, wird es noch schwieriger eine Lehrstelle/Arbeit zu finden. Am stärksten betroffen sind Jugendliche aus Serbien, Montenegro, Türkei, Sri Lanka und Mazedonien.

Durch die schwierige Situation auf dem Arbeitsmarkt findet nicht nur eine Auslese nach Geschlecht und Nationalität, sondern auch nach Vorbildung statt. Wer also „nur“ die obligatorische Schulzeit abgeschlossen hat, wird viel die grösseren Probleme haben, eine Lehrstelle zu finden. 34.5% der Frauen haben keine nachobligatorische Ausbildung. Das ist 10% häufiger als bei Männern.

In dieser schwierigen Situation ist es für die Arbeitgeber besonders einfach, Lehrlinge als billige Arbeitskräfte auszubeuten.

In der Krise greift die herrschende Klasse Errungenschaften an, die jahrzehntelang erkämpft wurden. Sie nutzen den Existenzdruck aus, um wieder rechtlose Arbeitsbedingungen durch zu drücken, die nur einer Sache dienen: Ihrer Profitmaximierung. So erstaunt es kaum, dass erst vor kurzem der Jugendschutz abgebaut wurde. Jetzt ist es erlaubt, dass Jugendliche ab 18 Jahren (vorher ab 20 Jahren) Nacht- und Sonntagsarbeit leisten.

 

Gratisarbeit und Lohnungleichheit

 

Laut Statistik geben in der Altersgruppe der 20- bis 24-jährigen 14% der Frauen Hausarbeit als Hauptbeschäftigung an, was in der momentanen Lehrstellensituation auch nicht verwunderlich ist.

Laut einer Studie des Eidgenössischen Büros für Gleichstellung von Frau und Mann wenden Frauen mit 34 Stunden pro Woche im Durchschnitt beinahe doppelt soviel Zeit für Haus – und Familienarbeit auf wie Männer mit durchschnittlich 18 Stunden. Kochen, Putzen, die Betreuung der Kinder und die Versorgung des von der Lohnarbeit gestressten Mannes – die gratis geleitstete Reproduktionsarbeit also – bleibt nach wie vor an der Frau hängen. In dieser Situation hat sie kein klares Gehalt, keine festen Arbeitszeiten, keinen Urlaubsanspruch und auch kein Recht auf Streik.

Andererseits ist es für Männer kaum möglich, eine Teilzeitstelle zu finden, sodass sie sich Berufs- und Familienarbeit mit ihrer Partnerin teilen könnten. Damit bleibt die ökonomische und soziale Abhängigkeit der Frau von ihrem Partner unangetastet. Kapitalistische Unterdrückungsmechanismen strukturieren auch die Beziehung.

Die ungleiche Arbeitsaufteilung macht es der Frau schwierig, Familie und Beruf zu vereinbaren. Sie muss sich mit nicht ausreichend abgesicherten und schlecht bezahlten Teilzeitjobs arrangieren. Teilzeitarbeit ist immer noch ein typisches Merkmal weiblicher Erwerbsarbeit. Laut der oben genannten Studie sind 60% der Frauen und dagegen nur 12% der Männer teilzeitangestellt.

Diese haben mit ihren Teilzeitjobs nicht nur geringe Aufstiegschancen, sondern erhalten auch keine ausreichende individuelle Altersvorsorge. Typische Frauenlaufbahnen ohne Chance auf guten Verdienst werden dadurch gefördert.

Die als typisch weiblich geltenden Berufe werden schlechter entlöhnt und auch wenn Frauen derselben Arbeit nachgehen wie ihre männlichen Kollegen, erhalten sie im Durchschnitt 22 % weniger Lohn. Jährlich verdienen Unternehmen und Konzerne Milliarden durch die Unterbezahlung der Frauen!

Dieser Ungleichbehandlung sind sich viele Frauen nicht bewusst. Sie vertrauen darauf, dass der Chef ihnen den „richtigen“ Lohn zahlt und die Lohnlisten sind in der Schweiz ohnehin streng geheim, was den Kampf für gleiche Löhne erschwert.

Jede zweite Klage, die wegen Lohnungleichheit eingereicht wird, bleibt wirkungslos. Oft stehen Frauen mit ihren Forderungen alleine da. Deshalb ist es wichtig, dass sie sich in Betrieben zusammenschliessen, um gemeinsam Verbesserungen der Löhne und der Arbeitsbedingungen zu erkämpfen.

Das kapitalistische System benötigt für seine Existenzweise, die in prekären Lohnarbeitsverhältnissen beschäftigten Frauen, die zusätzlich noch die gratis geleistete Hausarbeit übernehmen und sich damit einer Vielfachbelastung aussetzen.

Die Ausbeutung und Unterdrückung von Frauen lässt sich nur durch eine revolutionäre Umwälzung beseitigen. Mit der proletarischen Revolution werden nicht sofort alle Frauen diskriminierenden Strukturen und Mechanismen abgeschafft sein, doch bildet sie die Voraussetzung für den weiteren Kampf um die endgültige Befreiung der Frau, für die Verwirklichung einer echten Emanzipation von Frau und Mann.

 

Wir haben noch viel zu erkämpfen!

 

Hier und International!

 

Frauenkampf im Klassenkampf!

 

 

Frauenstruktur Revolutionärer Aufbau Zürich

Gruppe Roter Autonomer

MarxistInnen Winterthur

Einzelpersonen