Streikbericht aus Basel und Zürich (1. Nov. 2007)

Am 1. November 2007 folgten rund 2500 Bauarbeiter in Basel und Zürich dem Streikaufruf der Gewerkschaften. Neben der Bestreikung von Baustellen wurden auch zwei Demonstrationen in Zürich abgehalten. Der revolutionäre Aufbau war in Basel und Zürich mit Flugblättern und Transparenten anwesend. Ein längerer Bericht über die Geschehnisse folgt hier:

Streik in Basel:

Streik! – mit dieser Parole mischen zum ersten Mal die Bauarbeiter von Basel und Baselland im Kampf um den LMV kräftig mit.

Vor 6 Uhr geht es für die GewerkschafterInnen und auch für die Sympathisanten verschiedener politischer Gruppierungen los. Alle verteilen sich in verschiedene Busse, um auf die Baustellen zu gelangen. Gleichzeitig treten die Arbeiter der Grossbaustelle St.Jakob-Park in den Streik und bauen das Streikzentrum auf.

Im Vorfeld des Streiks wird bekannt, dass die Baumeister die Arbeiter massiv unter Druck setzten. Zu den üblichen Beschimpfungen in der Presse und den Flugblättern der Chefs auf den Baustellen, haben sie zu neuen Mitteln gegriffen. Zum einen mit Briefen an die Bauarbeiter, unter die sie ihre Unterschrift als Nicht-Streikbereite setzen sollen, und zum andern mit der klaren Weisung, alle und alles zu fotografieren. Diese Anordnung verstehen sie als Befehl und führen sie in bester Zivilpolizei-Manier durch. Seit der Streikwelle um die Frühzeitige Pensionierung haben sie also Einiges „dazugelernt“. Wie in Bern haben einige Bosse den Arbeitern für diesen Tag freigegeben, um so die Streikbereitschaft zu schwächen. Viele dieser Bauarbeiter haben sich aber am vereinbarten Treffpunkt beim Bahnhof SBB eingefunden.

Auf den Baustellen, die auf den Touren abgefahren werden, haben deshalb die Bauleiter gar nicht erst versucht, die Arbeit aufzunehmen. Sie stehen vielmehr verlassen in einer Ecke und wollen nach eigenen Aussagen Sachbeschädigungen, welche sonst angeblich begangen würden, verhindern. Auf einer Baustelle in Pratteln, auf der die Arbeiter zuvor mit der Kündigung bedroht worden waren, kommt es zu Handgreiflichkeiten. Sie gehen aus von der anwesenden, sich selber als wichtig im Baumeisterverband bezeichnenden Person. Ein anderer Bauleiter und glühende SVP’ler droht mit allem Möglichen und ruft schliesslich die Polizei.

Gegen 10 Uhr haben sich dann ca. 400-500 Arbeiter und ein paar Sympathisanten beim St.Jakob eingefunden. Ein Funktionär spricht eindrücklich über die Bedingungen auf dem Bau und über die Patrons, die auf den Arbeitern herumtreten. Wer nur solch kämpferische Worte erwartet, lobt den Tag aber vor dem Abend. Erst noch sind die SP-VertreterInnen BS und BL zu ertragen, die sich an der Sozialpartnerschaft abarbeiten. Der VPOD-Präsident haut in die gleiche Kerbe, was wenig erstaunlich ist.

Dann brechen nochmals Busse auf, weil es immer noch Baustellen gibt, auf denen gearbeitet wird. 2 Busse, gut gefüllt, brechen nach Riehen zu einer Strassenbaustelle auf. Sie blockieren die Strasse, die Autos dahinter stauen sich und die Arbeiter sollen ins Streiklager überlaufen. Eine Rechnung, die ohne die wichtigen Männer der Baustelle gemacht wurde. Schnaufend und schimpfend eilen sie herbei und geben Kommandos an ihre Untergebenen. Hier wird nicht gestreikt, auf gar keinen Fall, so was kommt überhaupt nicht in Frage, „meine“ Leute arbeiten heute, „was andere tun“, ist dem Mann mit dem Auftreten eines seiner Autorität beraubten militärischen Befehlshabers „egal“. Unterstützung erhält er in seinem wirren Treiben von zwei weiteren Männern, die ihren amüsanten Umgang mit unvorhergesehen, gar ungesetzlichen Vorkommnissen demonstrieren. Ein Mitarbeiter der Verkehrsbetriebe BVB scheint soeben die Aufgabe seines Lebens erblickt zu haben, indem er beginnt, die Streikbusse eigenhändig anzuschieben. Gelegentlich muntert er imaginäre Mitstreiter mit einem „So, los jetzt, wegschieben“ zu ganzer Arbeit auf. Ihm sekundiert ein Mitarbeiter der Gemeinde Riehen, der mit blitzartig zum Photoapparat umfunktioniertem Handy emsig photographierend über die Strasse eilt. Von einem Streikenden in seiner Mission gestört, ist es mit seiner Beherrschung nicht mehr weit her. Wären wir Linken nicht so nette und humorvolle Menschen, wäre dies wohl die lustigste Schlägerei des Tages geworden. Mit dem Sklavenhalterpatron ist allerdings trotz Erfolge in Bezug auf den Handy- und den BVB-Mann nicht zu diskutieren. Die Arbeiter werden heim geschickt, nur ja nicht an den Streik, und die Busse geben den Verkehr frei.

Gegen 12 Uhr stehen Busse für die Abfahrt nach Zürich an die gemeinsame Demo bereit. Diese Taktik der UNIA und Syna-Führung, alle Leute von Basel abzuziehen, hat den Interessen vieler widersprochen. Zurecht wurde eingewendet, dass gerissene Bosse die Arbeit erst ab 10 Uhr aufnehmen lassen und die Touren dann eingestellt seien. Die Parole, dort wo man arbeitet, muss auch gekämpft werden, zeigt sich hier ganz deutlich. Die kämpferischen Arbeiter auf jeder Baustelle müssen gestärkt und unterstützt und der Widerstand von unten aufgebaut werden. Unsere Solidarität haben sie!

Streik in Zürich:

Auch in Zürich wurden früh morgens die Bauarbeiter von ihren Baustellen abgeholt. Hier sollte im ganzen Kanton gestreikt werden. Für die Region Stadt Zürich wurden dafür unzählige Cars von der UNIA aufgeboten, welche die Baustellen von der Peripherie her zum Zentrum, also den Helvetiaplatz, abklappern sollten. Schon die letzten drei Wochen wurden die Bauarbeiter intensiv auf den Streiktag vorbereitet. Dafür wurden vor allem auch UNIA-Funktionäre aus anderen Kantonen zur Hilfe geholt.

Ein Grossteil der Bauarbeiter schloss sich zwar dem Streik an, doch gab es auch Baustellen, wo kaum etwas vom Streik zu spüren war. Teilweise kann dies auf schlechte Vorbereitung, bzw. schlechte Verankerung der Gewerkschaften auf den jeweiligen Baustellen zurückgeführt werden. So zum Beispiel auf einer mittelgrossen Baustelle im Norden von Zürich. Als eine Equipe mit ca. 20 UNIA-Funktionären und Solidarisierenden bei dort ankamen, wurde gearbeitet. Im Gespräch mit den Bauarbeitern kam heraus, dass sie nichts vom Streik wussten. Eigentlich hätte die SYNA dort die Arbeiter auf den Streik vorbereiten sollen, doch offensichtlich hatte diese keine oder nur schlechte Arbeit geleistet.

Die grosse Mehrheit der Arbeiter stand zwar einem Streik positiv gegenüber, doch waren sie sich sehr unsicher bezüglich der Folgen. Zudem arbeiteten sie getrennt in kleinen Gruppen, da sie auch 4 verschiedenen Unternehmungen angehörten. Die meisten wollten streiken, doch niemand wollte damit beginnen. Alle verwiesen auf die andere Gruppe… „Wenn die mitmachen, dann streiken wir auch.“ Schliesslich konnten die Bauarbeiter nicht zum Streik bewegt werden. Aber neben der schlechten Vorbereitung hat hier sicherlich auch ein entschlossenes und koordiniertes Auftreten auf der Baustelle gefehlt. Die Gewerkschaftsfunktionäre schienen nicht auf diese Situation vorbereitet.

Diese Equipen waren den ganzen Vormittag unterwegs und brachten die Streikenden zum Helvetiaplatz, wo das zentrale Streikzelt war. Schon am Wochenende zuvor stellten die Gewerkschaften dort ein riesiges Zelt auf. Dieses wurde dann auch am Streiktag ab 8 Uhr zunehmend voller. Bis 9.30 Uhr fanden sich schliesslich über 1000 Bauarbeiter dort ein. Diesem grossen Ereignis entsprach jedoch die Solidarität von Seiten der „linken“ Bewegung nicht. Ausser dem Revoltionären Aufbau, welcher mit Plakaten, Transparenten, Flugblättern und vor allem Leuten anwesend war, dem SchülerInnen-Netzwerk und der Propaganda für die Demo gegen Ausschaffung und Ausgrenzung scheinen andere UnterstützerInnen nicht sichtbar – mit politischen Inhalten – vor Ort gewesen zu sein. Es bleibt zu hoffen, dass der Streik – wenn nicht sichtbar, so dennoch konkret – unterstützt wurde. In der zürcherischen „Linken“ scheinen aber Arbeitskämpfe immer noch keinen allzu wichtigen Stellenwert einzunehmen.

Mit grösserer Verzögerung besammelte man sich schliesslich in der Kanonengasse zur ersten Demonstration durch Zürich, derweilen immer noch Busse mit Streikenden in Richtung Helvetiaplatz unterwegs waren. Die Demo ging die Kanonengasse runter zur Kaserne und lief Richtung Hauptbahnhof. Die gerufenen Parolen zeugen davon, dass in diesem Streikzyklus eine Politisierung stattfindet. Während sich die Parolen bei den ersten (Streik-)Aktionen noch hauptsächlich um den LMV drehten, riefen die Bauarbeiter am Fronttransparent jetzt allgemeinere Parolen, welche man aus der „Linken“ kennt. So zum Beispiel „el pueblo unido – jamas sera vencido“. Da half auch die Intervention von SYNA-Funktionären nichts, welche betonten, es gehe hier nur um den LMV, und um nichts anderes sonst.

Wie schon beim Streik in Bern, so befand sich auch hier eine sehr grosse Baustelle, welche bestreikt wurde. Anfänglich konnte man noch hoffen, dass die Demo nun endlich einmal den Baumeisterverband besuchte. Dieser befindet sich etwa 500 Meter vom HB entfernt. Doch wie schon am 22. September zeigten sich die OrganisatorInnen ängstlich vor solch einem Vorhaben. Die Wut der Bauarbeiter scheint erzeugt bei der Gewerkschaftsführung vorauseilenden Gehorsam gegenüber Baumeister und Staat. Jede kleinste Möglichkeit von unkontrollierter Konfrontation soll vermieden werden.

Die Konsequenz dieser Hosenscheisser-Politik war dann schliesslich, dass die Demo nach dem HB wieder Richtung Kreis 4 ging – also weg von neuralgischen Punkten, die eine symbolische Aussagekraft hätten. Und nicht nur das. Anstatt auf der Limmatstrasse zu laufen, eine grosse Strasse mit Tramverkehr und vor allem vielen Passanten, leiteten die OrganisatorInnen die Demo in eine parallele Nebengasse, welche sich zwischen Hauswänden und den Geleisen durchzwängt. Besondere Detail ist dabei, dass sich an der Limmatstrasse, also nur ein Block neben der Demo, alle Berufsschulen und Sozialämter befinden würden.

Eine klassische Zermürbungsstrategie, wie aus dem Bilderbuch. Man lässt die Bauarbeiter „abkühlen“, indem man ihren Widerstand isoliert und in menschenleere, politisch völlig uninteressante Strassen kanalisiert. Dies hat eine Menge Unmut und Unverständis bei den kämpferischen Bauarbeitern hervorgerufen. Es kam zu Streitereien mit den Gewerkschaftskadern. Selbst UNIA-Funktionäre warfen der Führung vor, dass sie die Leute damit verarschen. Leider führte diese Kritik in eine konkrete Handlungsalternative. In diesen Momenten fehlt eine selbstorganisierte ArbeiterInnenschaft.

Schliesslich bog man in die Langstrasse ein, durchlief imposant und laut die Unterführung und demonstrierte immerhin durch den Kreis 5 – ein Heimspiel – zurück zum Helvetiaplatz. Dort wurde in der Zwischenzeit ein riesiges Transparent vom Aufbau aufgehängt mit der dreisprachigen Parole „Dein Chef kann nicht dein Partner sein!“.

Inzwischen waren die letzten Busse aus dem Kanton angekommen. Im Zelt, welches nun endgültig voll war, wurde mit musikalischer Begleitung und Reden zu Mittaggegessen. Später kamen auch noch weiter 500 Streikenden aus Basel mit Bussen an. Um 13.30 Uhr ging es dann los mit der zweiten Demo durch Zürich. Nun waren mit 2000 bis 3000 Leuten deutlich mehr dabei. Zu sehen war auch ein Transparent der AGIF.

Die Demo lief die Stauffacherstrasse hinab, über die Selnau zur Bahnhofstrasse. Hier hielt die Demo kurz, weil auf einer Baustelle gearbeitet wurde. Die laute Demospitze rief – medial gut inszeniert – die Streikbrecher herunter. Es blieb jedoch bei der Aufforderung und die Demo kehrte in die Bahnhofstrasse ein, um über den Paradeplatz und Münsterplatz zum Limmatquai zu gelangen. Trotz der zermürbenden Demo am Vormittag war die Stimmung weiter kämpferisch und die Funktionäre somit viel damit beschäftigt, sich um die Luxuskarossen an der Bahnhofstrasse zu stellen, damit ja niemand einen Kratzer hinterlässt. Auf dem Limmatquai lief die Demo nun zum Bellevue.

Dort wurde wieder vor einer Baustelle angehalten, auf welcher eifrig gearbeitet wurde. Ein bulliger Polier oder Bauherr postierte sich noch standfest vor dem Baustelleneingang. Die Demospitze hielt wieder an, doch den Funktionären musste klar sein, dass es in dieser Situation nicht bei symbolischer Aufforderung zum Streiken bleibt.

Die Demo besammelte sich quasi vor dem Eingang der Baustelle und damit war Stillstand in die Demo gekommen. Sie forderten laut und aggressiv, dass diese Baustelle stillgelegt wird. Ein Funktionär ging auf die Baustelle, um mit den Streikbrechern zu reden. Offensichtlich war dies jedoch schon zu spät. Angesichts der wütenden Streikenden und den wahrscheinlich im Vorfeld zu wenig informierten Streikbrechern, polarisierte sich die Situation. Die Streikbrecher begannen nach unten zu fluchen und drohten sogar, Material auf die Demo runter zu werfen. Sie waren sichtlich überfordert.

Unterdessen schrien die Streikenen Parolen, welche man sonst von „linken“ Demos kennt: „Solidarisieren – Mitmarschieren“. Der Aufruf zeigte Wirkung und ein Arbeiter wechselte unter tosendem Applaus die Seite und schloss sich der Demo an. Die Streikenden wollten aber mehr. So wurde die Demoformation brüchig und langsam Schritten einzelne und dann alle immer mehr zum Eingang der Baustelle. Die Situation war eng und wurde schnell sehr handgreiflich.

Die Funktionäre postierten sich nun vor den Eingang, um die Streikenden wieder in die Demo zu stossen. Es kam zu wilden Diskussionen. Alle sprachen mit allen. Die überforderten Funktionäre schrien die Arbeiter an, während die geübteren Funktionäre einen auf Kumpel machten und irgendwie zu erklären versuchten, weshalb man schon recht habe mit Stürmen, aber dass es halt schlecht wäre wegen den Medien.

Mit zunehmendem Druck der Streikenden wurden die Fronten zwischen ihnen und Funktionären immer härter. Vor allem junge Bauarbeiter, welche wahrscheinlich zum ersten Mal streikten, liessen sich schliesslich nicht mehr halten. Aus der Demo flog Baumaterial und ein paar entschlossene Leute preschten hervor und zogen so auch den Rest der Leute mit sich. Die Funktionäre blockierten die Streikenden nun sehr unsanft im Eingang und drückten sie zurück. Es stellte sich heraus, dass auch Funktionäre in zivil in der Demo waren, diese reagierten ebenfalls schnell und zogen die Streikenden vom Eingang weg. Nach längerem Gerangel und roten Köpfen gelang es einigen Funktionären schliesslich den Eingang mit einem Gitter zu schliessen.

Das Bild sagte alles, denn diese Funktionäre schlossen sich zusammen mit dem Polier selber in der Baustelle ein. Diese Opferbereitschaft zeigte Wirkung. Ab und zu preschten zwar wieder einige Arbeiter vor, aber langsam hatten die Funktionäre die Demo wieder im Griff. Schliesslich setzte sich der Zug in Bewegung und lief über die Quai-Brücke.

Hier waren massenweise rote Ballone vorbereitet worden, welche dann gegen den Himmel freigelassen wurden. Dies nach dem Motto „Nur mit dem LMV geht es aufwärts auf dem Bau“. Weil der Tag wirklich Sonnig war, wurde aus diesem feierlichen Akt eine Sitzblockade. Die Stimmung war fröhlich, gemütlich und zufrieden, und erinnerte an die Sitzblockaden während den SchülerInnen-Streiks gegen den Irak-Krieg. Nach ca. zehn Minuten war geplant, dass die Demo noch 100 Meter zum Bürkliplatz läuft und sich dort auflöst.

Aufgestanden ist sie zwar, doch die geplante Auflösung wurde schlicht ignoriert. Während die OrganisatorInnen das Fronttransparent einrollten und die Auflösung bekanntgaben, lief die ganze Demo ohne Unterbruch einfach langsam und eher spazierend weiter. Die über 2000 Bauarbeiter liefen auf der Bahnhofstrasse zum Paradeplatz und schliesslich über den Bleicherweg zurück zum Helvetiaplatz. Es ist anzunehmen, dass die OrganisatorInnen nicht sonderlich überrascht davon waren, denn beim grossen Streikzelt wurde anschliessend das Streikgeld ausbezahlt und standen die Busse zur Heimfahrt.

Der Streiktag hat gezeigt, dass die Gewerkschaften tatsächlich vor dem Problem stehen, eine wütende Basis zu „vertreten“. Diese lässt sich nicht mobilisieren ohne das Risiko, die Kontrolle teilweise über sie zu verlieren. Die beinahe Stürmung der Baustelle am Bellevue entspringt einer Dynamik, welche nicht vorauszusagen ist. Sie hätte wohl auch gut an irgendeiner anderen Baustelle entfacht werden können und erst recht, wenn sich die Gewerkschaften getraut hätten, vor den Baumeisterverband zu gehen. In diesen Situationen ist dann auch klar ersichtlich, dass die Gewerkschaftsführung nicht die geringste Möglichkeit einer Konfrontation oder eigenständige Agitation der Basis wünscht und dies auch auf der Strasse durchzusetzen gewillt ist.

Der Überforderung und Streikunerfahrenheit der Gewerkschaften steht aber auch eine unorganisierte Arbeiterschaft gegenüber. Zwar sind sicherlich kämpferische und erfahrene Kerne oder Gruppen auszumachen, diese scheinen sich aber noch stark an der gewerkschaftlichen Obrigkeit zu orientieren. Damit bringen sich diese kämpferischen Arbeiter aber selber zum schweigen, denn UNIA-intern wird die fehlende interne Demokratie und der fehlende Einbezug der Basis schon lange bemängelt und geduldet.

Des weiteren scheinen die Gewerkschaften auch personell überfordert mich grösseren Streiks. Die Baustellen wurden in Zürich schlecht vorbereitet, so wurden gewisse Baustellen im Vorfeld einfach nicht besucht und die Bauarbeiter wussten nichts vom Streik. Die Folge davon ist, dass die Bauarbeiter am Streiktag vor gemachte Tatsachen gestellt werden und sich dann unter Druck entscheiden. Es lässt sich vermuten, dass die Streikbrecher am Bellevue vielleicht einfach nichts vom Streik wussten und dann in dieser Situation überfordert waren. Auf der anderen Seite wurden peinlicherweise gewisse Baustellen mit streikwilligen Arbeitern schlicht vergessen, sodass diese nicht abgeholt wurden.

Alle diese Mängel wären natürlich behebbar und haben ihren Grund in einer falschen Gewerkschaftspolitik. Die Funktionäre werden gedrängt möglichst viele Mitglieder zu werben. Der Aufbau von Vertrauensleuten wird dabei zurückgesteckt. Wäre die Prioritätensetzung umgekehrt, würden die Vertrauensleute bei Streiks vielleicht selber ihre Baustellen vorbereiten und selbständig mit ihren Kollegen zum Streikzelt kommen. Damit hätte die Gewerkschaftsführung aber eine aktive Basis, was sie auch der Kritik von unten aussetzen würde.