Rede zur Finanzkrise

Rede zur Finanzkrise, gehalten am 23. 10. 08 an der Kundgebung gegen das UBS-Rettungspaket auf dem Paradeplatz:

 

He Leute, schaut um euch: Anscheinend befinden wir uns hier auf dem Paradeplatz in der krassesten Sozialsiedlungen der Welt. Vergangenen März haben in Deutschland gestandene Kapitalisten wie Joe Ackermann nach dem Staat gerufen. Nun ist es auch in der Schweiz so weit. Der Kapitalismus ist in Bedrängnis, der Staat übernimmt – zumindest die Kosten. In Bedrängnis ist der Kapitalismus aus seiner eigenen Dynamik und seiner eigenen Krise heraus. Die immer neuen Finanzprodukte dienten dazu, überschüssiges Kapital profitabel zu investieren. In anderen Sektoren ist das trotz Lohnsenkungen und verschärfter Ausbeutung immer weniger möglich geworden. Und nun ist in das ganze Finanz-Karussell eine ganz reale Immobilienkrise eingebrochen. Der Trümmerhaufen ist immens, das wissen alle.

Weniger klar ist aber, was für Schlüsse wir als Lohnabhängige, als Arbeiterinnen, Angestellte und als Linke daraus ziehen sollen. Die Chefs des Gewerkschaftsbunds verbreiten nach wie vor Optimismus und setzen auf Wirtschaftswachstum. Sie begründen die geforderte Lohnerhöhung von diesem Herbst mit dem Aufschwung und sonst mit nichts. Sie sagen: wenn der Kuchen für die Kapitalisten wächst, dann dürfen – schön anteilmässig – auch die Arbeiterinnen und Arbeiter ein paar Brocken mehr bekommen. Das Problem dabei ist: Der Kuchen ist weg, der Aufschwung ist vorbei. Alles andere ist Illusion. Was jetzt gefragt ist, ist unsere Kraft zu kämpfen – in den Betrieben und auf der Strasse. Es nützt auch nichts, auf den Staat zu hoffen. Natürlich sind die Manager-Boni eine Frechheit, niemand bezweifelt das, ausser den Bonzen selbst. Aber wir müssen klar sehen: die Krise übernimmt ganz von alleine das Geschäft der Sozialabbauer – sie wird mehr vom Service Public wegfressen, als die Steuersenkungen für Reiche der letzten Jahre! Und wenn der Staat eingreift, dann löst er die Krise allein für die Kapitalisten, nicht für uns. Die Führung der SP und der Gewerkschaften sind derselben Logik verhaftet wie die Nationalbank, die Bankiervereinigung oder die Bankenkommission, die mit Peter Siegenthaler von einem Sozialdemokraten geführt wird. Diese Einrichtungen waren immerhin direkt mitbeteiligt am Debakel.

Bis jetzt hat die Krise gezeigt, dass Kapitalismus nicht funktionieren kann. Das ist viel und das ist wichtig, aber es ist nur ein erster Schritt. Der Kapitalismus ist in Bedrängnis und er wankt, das stimmt. Stürzen wird er aber auf keinen Fall von allein. Das hängt ab von unseren Kämpfen, und den Klassenkämpfen weltweit.