Der afroamerikanischen Kommunistin, Feministin und Bürgerrechtlerin zum 65
Anfang der 70er Jahre wurde die junge schwarze Professorin Angela Davis wegen eines Mordes angeklagt, den sie nachweislich nicht beging. Das konstruierte Verfahren hätte sie beinahe auf den elektrischen Stuhl gebracht – wenn nicht eine beispiellose weltweite Solidaritätskampagne sie gerettet hätte. Damals wurde sie zum Symbol für den Kampf gegen Unterdrückung, Krieg, Rassismus und die Todesstrafe. Ein Kampf, den sie bis heute fortführt.
Festival der Jugend 1983 in Dortmund: Tausende warteten in der Westfalenhalle auf Angela Davis, die zierliche Frau mit ihrem unverkennbaren Markenzeichen, der riesigen Afro-Mähne. Die schwarze Powerfrau war damals so berühmt wie Mahatma Gandhi oder Martin Luther King. »Eine Ikone wie sonst vielleicht nur Che Guevara oder Ho Chi Minh« (Berliner Zeitung, Januar 2005). Mehr als 20 Jahre später, am 8. Januar 2005 auf der Luxemburg-Konferenz in Berlin, war der Raum nicht mehr ganz so groß, aber ebenfalls rappelvoll. Leidenschaftlich sprach sie dort von der Notwendigkeit des Kampfes gegen Krieg und Unterdrückung und über Mumia Abu-Jamal, den afro-amerikanischen Journalisten in der Todeszelle, für dessen Freilassung sie seit Jahren eintritt.
Pastor William Howard Melish, der damalige Vorsitzende der Gesellschaft für Amerikanisch-Sowjetische Freundschaft, in dessen Haus Angela 1959 im Alter von 15 Jahren kam, beschrieb sie einmal als »schüchtern und zurückhaltend«. Als sie 1968 der Kommunistischen Partei der USA (CPUSA) beitrat, war aus ihr längst eine selbstbewußte Frau geworden. Ihre feministischen Ideen standen allerdings im Gegensatz zu den patriarchalen Strukturen, mit denen sie zunächst bei der Black Panther Party und später bei der KP konfrontiert wurde. Eines der von ihr verfaßten Bücher trägt den Titel »Women, Race and Class«.
Ihr offenes Bekenntnis zum Kommunismus, auch nachdem sie Professorin in Los Angeles wurde, war eine Provokation für den damaligen kalifornischen Gouverneur Ronald Reagan. 1970 konstruierte er eine Anklage wegen Mordes, Entführung und Verschwörung. Das FBI setzte ihren Namen auf die Liste der zehn meistgesuchten Verbrecher der USA. Das gab jedem US-Bürger das Recht, sie zu töten. Davis tauchte unter, wurde aber nach einigen Monaten gefaßt. 1972 mußte sie jedoch in allen Punkten der Anklage freigesprochen werden. Noch heute erinnert sie sich an die vielen Solidaritätsschreiben aus der DDR und der Sowjetunion, die sie während ihrer 16monatigen Haft gebracht bekam.
Die Rede, die die Bürgerrechtlerin nach ihrer Freilassung am 29. Juni 1972 im Madison Square Garden in New York hielt, verblüfft durch ihre Aktualität: »Und so, Schwestern und Brüder, laßt uns ihnen mit donnernder, laut widerhallender, vereinten Stimme zurufen, daß wir den Kampf führen werden, bis jeder Rest von Rassismus in diesem Land ausgemerzt ist, bis es uns gelungen ist, den Krieg und den Neokolonialismus in Afrika zu beenden. Wir werden in unserem Kampf nicht nachlassen, ehe nicht jeder politische Gefangene frei ist und die ungeheuerlichen Kerker hierzulande nur noch Erinnerungen an einen Alptraum sind.«
Seit 1979 unterrichtete Angela Davis an der San Francisco State University Philosophie, seit 1992 ist sie Professorin an der University of California in Santa Cruz. 1991 trat sie aus der CP aus, bezeichnet sich aber auch in ihrem aktuellen Werk »Abolition Democracy« (2005) weiter als Kommunistin. Am Montag feierte sie ihren 65. Geburtstag.
Birgit Gärtner / Junge Welt vom 30. Januar 2009