Reden zur Frauendemo 2009

Hier folgen Reden und Kurzreden, welche an der Frauendemo vom 7. März 09 zum Internationalen Frauekampftag gehalten wurden. Themen sind unter anderem Prekäre Arbeitsverhältnisse, die Frauen der Officine in Bellinzona, Sexarbeiterinnen, Migrantinnen, Jugendarbeitslosigkeit:

Rede zu den Frauen der Officine Bellinzona
Genau vor einem Jahr, am 7.März 2008, traten die Arbeiter der SBB-Cargo-Werkstätte in Bellinzona in den Streik. Nachdem die SBB-Bosse mit ihrem Restrukturierungsplan weitere 450 Stellen abbauen und verlagern wollte, haben die Arbeiter gemeinsam und solidarisch gesagt: NEIN, jetzt reicht es!
Anstatt sich sofort an den Verhandlungstisch zu setzen, haben die Arbeiter ein Streikkomitee gegründet und eigene Forderungen aufgestellt.
Mit diesem Streik haben die SBB-Arbeiter gezeigt, dass auch im ruhigen Hinterland der Schweiz ein Arbeitskampf möglich und unbedingt notwendig ist. Denn Streik ist unsere stärkste Waffe.
Während diesem Streik hat sich auch die Frauengruppe Officina Donne Bellinzona gegründet. Die Frauen der Arbeiter haben sich aktiv am Streik beteiligt. Als Ehefrauen, Mütter, Arbeiterinnen, Sympathisantinnen oder Grossmütter haben sie sich zusammengeschlossen und wichtige Aufgaben im Streikalltag übernommen, so zum Beispiel die aktive Öffentlichkeitsarbeit. Diese hat unter anderem dazu beigetragen, dass der Streik eine unglaubliche Solidaritätswelle ausgelöste hat.
Wir haben die Frauen der Officina getroffen und sind tief beeindruckt von ihrer entschlossenen Solidarität. Wir spürten die Kraft, die sie entwickelt haben, indem sie aus der Isolation des Hausfrauendaseins ausbrachen um sich als Kollektiv aktiv und kämpferisch am Streik zu beteiligen.
Obwohl der Streik nun zu Ende ist, wollen die Frauen weiterhin politische Arbeit leisten.
Die Frauen der Officina wären heute bestimmt mit uns auf der Strasse, wenn sie nicht genau heute den Jahrestag ihres Streikes feiern würden.
So grüssen sie uns aus der Ferne und haben uns folgende Botschaft auf diesem Transpi dort mitgegeben:

Officina Donne Bellinzona
Die andere Hälfte des Widerstandes, wir sind mit euch!

Für einen kämpferischen 8.März

Rede zu Prekarisierung
Eine Frauenbeauftragte des Weltwirtschaftsforums lässt in einem Interview verlauten, dass gerade in Krisenzeiten die Frauen mit ihren unersetzlichen Fähigkeiten gebraucht werden. Auf der einen Seite sollen wir die gratis Hausarbeit erledigen auf der anderen Seite die schlechten Jobs annehmen. und dann wieder uns mit der Rolle der Mutter und Hausfrau identifizieren, wenn es in der Krise zu wenige Arbeitsplätze gibt. Genau diese Fähigkeiten braucht das Kapital, denn damit lässt sich Profit machen.
Die schlechten Jobs, die noch mehrheitlich von Frauen verrichtet werden, nehmen zu. Das heisst auch, dass je länger je mehr auch Männer diese Arbeit annehmen müssen.
Arbeiten ohne jegliche Sicherheiten, oft im Stundenlohn, befristet, auf Abruf und schlechtem Lohn. Heute arbeiten in der Schweiz mehr Personen (ca.300 000) in Temporärjobs als etwa in der gesamten Landwirtschaft.
Die Gewerkschaften reagieren hilflos. Im vergangenen Jahr haben sie über einen Gesamtarbeitsvertrag für die Temporärbranche verhandelt.
Ziel des neuen Gesamtarbeitsvertrages sollte sein, das die Temporärangestellten ähnliche Bedingungen und Sicherheiten haben wie die Festangestellten.
Von der Unia Führung wird dieser Vertrag als Erfolg verkauft.
Wir meinen jedoch, dass dieser Vertrag, die schlechten Jobs und die erhöhte Ausbeutung vertraglich festschreibt und salonfähig macht. Denn z.B nicht mal der geforderte Mindestlohn wird im Vertrag eingehalten. Die übelsten Sklaventreiber werden als Sozialpartner anerkannt.
Die Kapitalisten brauchen uns, nicht wir sie!! Nehmen wir uns MehrWert!!
Die Kapitalisten brauchen ihre Gleichberechtigung zwischen Frau und Mann, in Parlamenten und oberen Chefetagen.

Diese Gleichberechtigung hat nichts mit unserem Alltag zu tun und ist bestimmt nicht unsere, die interessiert uns einen Scheissdreck.

Wir schmieden Pläne von einem schönen Leben, in dem wir für unsere Bedürfnisse arbeiten und nicht für den Profit der Reichen. Und da wird auch ein wirklich gleichberechtigtes Zusammenleben möglich.

Lasst uns unsere Forderungen und unsere Wut auf die Strasse tragen! Nur da ist sie wirksam, auch wenn wir am Anfang nicht viele sind.

Wir haben schon lange die Nase gestrichen voll!
deshalb sind wir heute hier
deshalb organisieren wir uns, denn nur gemeinsam können wir etwas bewirken.
Weg mit den Verhältnissen die uns erdrücken.
weg mit den prekären Jobs
her mit dem schönen leben.
Frauenkampf bleibt Klassenkampf!

 

Rede zu Sexarbeiterinnen
Die Stigmatisierung, die Migrantinnen in der Prostitution erleben, wirkt sich auf ihr Leben aus. Für eine Frau, von der bekannt ist, dass sie als Prostituierte arbeitet, ist es z.b. kaum möglich, eine Wohnung zu finden. Ein weiteres Problem sind die Strichpläne. So zum Beispiel in Zürich, wo gemäss Strichplan Sexarbeiterinnen nur auf kleinen Strassenabschnitten arbeiten dürfen. Diese Strassen sind meist sehr abgelegen, was die Sicherheit der Prostituierten gefährdet. Für Migrantinnen und illegalisierte Frauen sind die Verhältnisse verschärft, sie befinden sich in einem völlig ungeschützten Ausbeutungsverhältnis.
Wir meinen, Die Menschen die im Sexgewerbe arbeiten, müssen die gleichen Rechte geniessen wie andere, das heisst gleicher Zugang zum Recht, zur Gesundheit und zur Sicherheit.
Das Sexgewerbe ist ein Teil des Systems und dieser Gesellschaft. Es ist inzwischen zu einer globalen Industrie geworden, welche die Nachfrage nach Dienstleistungen und Produkten möglichst effizient zu befriedigen versucht und Frauen auf massivste Weise ausbeutet. Damit werden Profite optimiert.
Schluss mit der Profitmacherei mit Menschenleben und auf Kosten unserer Menschenwürde.

Keine Frau ist illegal!
Weg mit dem menschenverachtenden Asyl- und Ausländergesetz.
Keine Frau ist illegal
Feuer und Flamme den Ausländerbehörden!

Rede zu Migrantinnen
Für Migrantinnen, die nicht aus dem EU-Raum stammen, gibt es de facto nur als Cabaret-Tänzerinnen, Ehefrauen und Touristinnen die Möglichkeit, legal in die Schweiz einzureisen. Im Haushalts- und Pflegebereich, im Sexgewerbe, im Gastgewerbe, aber auch in der Landwirtschaft existiert jedoch eine grosse Nachfrage nach weiblichen Arbeitskräften. Aufgrund fehlender Zulassungsmöglichkeiten werden die Frauen in die Illegalität getrieben, in der sie sich in grosser Abhängigkeit von Zuhältern, Ehemännern, HausbesitzerInnen und ArbeitgeberInnen befinden und ständig von der Ausschaffung bedroht sind. Sie können sich kaum gegen ausbeuterische Arbeits- und Mietverhältnisse oder gegen Gewalt wehren, da sie durch ihren prekären Status sehr verletzbar sind.

Illegalisierte Frauen haben zudem kaum Zugang zu Schul- und Berufsausbildung sowie den Leistungen der Sozialversicherungen, der Krankenversicherung und der beruflichen Vorsorge, was ihre Situation zusätzlich prekär macht.

Weg mit dem menschenverachtenden Asyl- und Ausländergesetz.
Keine Frau ist illegal
Hier , jetzt und überall!!

Kurzrede I
Der 8. März feiert fast seinen 100. Geburtstag, als Tag an dem weltweit gefeiert und gekämpft wird. Für ein selbstbestimmtes Leben. Gegen Ungleichheit und Ausbeutung. Gegen die Profite der Bonzen gehen wir heute gemeinsam auf die Strasse!
Wir bezahlen ihre Krise ganz bestimmt nicht!

Kurzrede II
unregelmäßige Arbeitseinsätze, Anstellung im Stundenlohn, Arbeit auf Abruf, unsicherer Monatslohn, Stress und Druck auf der Arbeit, teure Kinderkrippen, und am Schluss die kleinen Renten…Frauen sind am meisten von schlechten Arbeits- und Lebensverhältnissen betroffen. Wir haben die Nase voll von diesem Leben. Wir kämpfen gemeinsam für eine revolutionäre Perspektive!

Kurzrede III
Für Haus- und Familienarbeit wenden Frauen gesamthaft gesehen fast doppelt soviel Zeit auf wie Männer. Und wo außerfamiliäre Betreuungsangebote nicht ausreichend vorhanden sind, steigt auch die Belastung in den Familien. Im Kanton Zürich z.B., ist nur ein Drittel des Bedarfs abgedeckt.
Für Frauen bedeutet das noch mehr, kaum soziale Absicherungen zu haben, kleine Renten, höhere Krankenkassenprämien und mehr Stress.
Wir wollen MEHR UND KOSTENLOSE KINDERBETREUUNG!
Wir wollen das die HAUS- UND FAMILIENARBEIT VON ALLEN in der Gesellschaft GELEISTET wird!

Kurzrede IV
Mehr als die Hälfte aller erwerbstätigen Frauen gehen einer schlechtbezahlten Teilzeitarbeit nach.  Frauenberufe werden schlechter entlöhnt. Frauen arbeiten zum grossen Teil in schlecht bezahlten Jobs. Frauen bekommen weniger Lohn für die gleiche Arbeit.
Frau Soll hat die Nase voll!
Wir wollen gleichen Lohn für gleiche Arbeit.
Wir wollen sichere Arbeitsverhältnisse und soziale Absicherungen ohne Arbeitshetze!
Wir wollen MEHR Freizeit und mehr Zeit für die schönen Dinge im Leben.
Lasst uns aus der Rolle fallen!

Lasst uns gemeinsam kämpfen! Für ein schönes Leben!
Weg mit dem Kapitalismus!
Nehmen wir uns mehr Wert!

Kurzrede V
Chancengleichheit kann es im Kapitalismus nicht geben, in einem System das nur an Profit interessiert ist. Insbesondere in Zeiten von Arbeitslosigkeit und Sozialabbau wird das Leben immer schwieriger. Die Belastung und das Gefühl alleine mit allem klar zukommen steigt. Soziale Absicherungen gibt es kaum noch und die Zukunft ist sehr unsicher. Die hohen Lebenskosten bedeuten für viele Familien Armut. Wir wollen ein Leben ohne Armut und Arbeitslosigkeit! Wir wollen ein Leben, wo Kinder keine Armutsfalle sind. Wir wollen eine Gesellschaft ohne Ungleichheiten.
Wir wollen gleiche Möglichkeiten und Bedingungen für alle Menschen, egal welchen Geschlechts, welcher Herkunft, Hautfarbe und Sexualität– darum kämpfen wir organisiert und kollektiv.
Für die Revolution!!

Kurzrede zu Männerbeteiligung an der Demo
Heute sind nur Frauen auf der Strasse. Dies ist nicht ein Zeichen dafür, dass wir Männer hassen, sondern ein Zeichen dafür, dass wir als Frauen immer noch in vielen Bereichen benachteiligt werden. Diese Benachteiligungen müssen wir zusammen öffentlich machen und auf die Strasse tragen. Wir kämpfen gegen den Kapitalismus, gegen die Unterdrückung der Frau. Für ein selbstbestimmtes Leben.

Kurzrede zu Jugendarbeitslosigkeit
Die Jugendarbeitslosigkeit ist mal wieder auf dem Höchststand. Junge Frauen und ausländische Jugendliche sind davon am meisten betroffen. Der Kapitalismus schafft es nicht mal mehr für die junge Generation angemessene Ausbildungsplätze zu schaffen und hat keine Arbeitsplätze für jene, die ihre Berufslehre abgeschlossen haben.
Durch die schlechte Ausbildungssituation und die wenigen Lehrstellen, steigt der Leistungsdruck auf Kinder und Jugendliche. Für proletarische Familien heisst das: Armut, Mehrfachbelastung und zunehmende Gewalt in der Familie.
Wir brauchen Ausbildungsplätze für alle, ohne Profitinteressen!