McKinsey und Krise bei Clariant

McKinsey und Krise bei Clariant (aufbau 57)

MASSENENTLASSUNG
4000 – 2200 – 1300 – das sind die Zahlen, die die Clariant Konzern-Bosse in den letzten Jahren als unumgängliche Abbaumassnahme präsentierten. Ein Beispiel dafür, dass nicht nur in der grössten Krise des Kapitalismus kräftig entlassen wird. 

(rabs)Gleich fünf Mannschaftswagen der basellandschaftlichen Polizei fuhren mit Blaulicht vor. Der Grund: Eine überhaupt nicht radikale Unterschriftensammlung mit der Forderung „Kurzarbeit statt Entlassungen“. Für diese Aktion sind SekretärInnen der Gewerkschaft UNIA Ende Februar in die Muttenzer Clariant-Mensa „eingedrungen“. Für den Werksleiter Armin Meile ist das allerdings schon zuviel. Er spricht von Rechtsmissbrauch und Hausfriedensbruch. Meile hat überhaupt kein Verständnis dafür, dass sich die Gewerkschaft nicht mit den monatlichen Gesprächen hinter verschlossenen Türen zufrieden gibt. Bei diesen informiere er die Betriebskommission immer bestens, also gebe es überhaupt keinen Grund für Proteste. Mit der Unterschrift haben übrigens über 500 Beschäftigte für eine öffentliche Betriebsversammlung aufgerufen. Dies, weil ein weiterer Abbau von weltweit 1300 Stellen, in Muttenz über 130, angekündigt worden war. Clariant kaufte bis im Jahr 2000 Firmen in ganz Europa ein, um dann bis heute über 10000 ArbeiterInnen auf die Strasse zu stellen. Die beschönigende Begründung für den neuerlichen Kahlschlag: „Unser Unternehmen kann (…) eine verbesserte operative Marge und einen soliden Cashflow vorweisen. Wir werden uns aber an die rückläufige Nachfrage (…) anpassen müssen. Gleichzeitig müssen wir unsere Restrukturierungsmassnahmen beschleunigen, um mit unseren Konkurrenten Schritt zu halten“. Man könnte also meinen, eine überaus gesunde Firma, die ihre Kapitalrendite von 7,8 % auf 9 % gesteigert hat. Nicht so in diesem kapitalistischen Lehrstück, „muss“ das Unternehmen doch die Kapitalrendite „über den Branchendurchschnitt von zur Zeit 10,5 %“ heben, um für das Kapital interessant zu sein.„Clariant Excellence“
Als Kottmann als Konzernchef antrat, war eine seiner ersten Amtshandlungen, das „Projekt Clariant“ anzustossen. Für diese Aufgabe beauftragte er die berüchtigte Beratungsfirma McKinsey. Wenn diese moderne Sklaventreiberagentur auftaucht, haben die Arbeitenden nichts zu lachen. Schon unzählige Belegschaften kennen die perfiden Methoden zur sogenannten „Kostenreduzierung“. Das Ziel ist jedesmal eine Senkung der Kosten zwecks Profitsteigerung. Durchgesetzt wird dies mit einer Verbesserung der Arbeitsabläufe, was in der Praxis meist schlichter Arbeitshetze entspricht. Kurze erholsame, „unproduktive“ Pausen werden so eliminiert. „Clariant Excellence“ heisst der Name für die von McKinsey eingeführte „permanente Restrukturierung“. Auch die neue Prozessoptimierungs-Methode hat einen Namen, nämlich LeanSigma. Lean Sigma setzt sich zusammen aus Lean Production, eine ursprünglich aus Japan stammende, auf maximal reduzierte Durchlaufzeiten orientierte Unternehmensführung und Six Sigma, eine mathematische Methode zur Fehlerreduzierung. Auf seiner Homepage preist IBM LeanSigma mit Referenzen zu in diesen Tagen nicht mehr sehr gut klingenden Firmen wie Credit Suisse, Caterpillar und American Express.

Gewerkschaften: Nicht auf der Höhe der Zeit
Inzwischen hat laut der Gewerkschaft UNIA die Belegschaft einen Teilerfolg erzielt. Wie es in einer Mitteilung heisst, soll auf den 1. Mai (!) im Werk Muttenz Kurzarbeit eingeführt werden. Die Kündigung mindestens eines gewählten Unia-Vertrauensmannes wird zurückgenommen und die weitere Unternehmensentwicklung werde ab Herbst an einem Runden Tisch diskutiert. Trotzdem wird laut Clariant am Entlassungsplan festgehalten. Protest hat also etwas bewirkt, aber genug? Sind das die Ziele, für die 500 Beschäftigte ihre Unterschrift gegeben und an der anschliessenden Betriebsversammlung für Kampfmassnahmen gestimmt haben? War das Schütteln der Kottmann-Puppe an einer UNIA-Aktion einfach nur Dampfablassen? Sollen also die ArbeiterInnen gleich mehrmals die Krise bezahlen? Als SteuerzahlerInnen den Banken, als KurzarbeiterInnen mit nur 80% Lohn und als stille Entlassene? Fest steht, dass mit solchen auf einer längst verstaubten Sozialpartnerschaft aufbauenden Kompromissen die Gewerkschaft und damit die Belegschaft weiter in die Defensive geraten. Nicht Scheinkämpfe sind es nämlich, die den Widerstand von unten entwickeln, sondern solidarisches Handeln. Dass dies im Sinn von vielen ist, hat die Betriebsversammlung gezeigt, an der Kampfmassnahmen beschlossen worden sind. Höchste Zeit also für die Clariant-Belegschaft, sich am besten mit den ebenfalls betroffenen Beschäftigten an über 130 Produktionsstandorten in über 30 Ländern zusammenzutun.