Manifest zum 1. Mai 2010

Dieses Manifest zum 1. Mai 2010 (PDF) in Zürich hat der Revolutionäre Aufbau Zürich im April 2010 herausgegeben, auch als Wandzeitung in gekürzter Version (PDF):

Manifest zum 1. Mai 2010

Raum aneignen
Wir gehen auf eine Demo, weil wir gemeinsam ein politisches Anliegen auf der Strasse sichtbar machen wollen. Eine Demo hat zum Zweck, kollektiv und in der Öffentlichkeit etwas mitzuteilen. Das geschieht auf verschiedene Weise: mit Reden, Transparenten, Parolen. Aber die wohl wichtigste Botschaft einer Demo ist die Demonstration selbst: die praktische Aneignung von öffentlichem Raum, eine Aneignung, welche die Strasse zum Ort der Politik macht. Raum ist dabei nie neutral. Deshalb ist die Route etwas vom wichtigsten an einer Demo. Heute, in der Krise, gibt es in Zürich einen Ort, der am meisten mit politischer Bedeutung aufgeladen ist, und das ist der Paradeplatz. Er ist Sinnbild und durchaus realer Knotenpunkt des Finanzkapitals. Der Paradeplatz symbolisiert die Arroganz der Macht, er steht für die Arroganz der Banken, die diese Krise verschärft haben, deren Folgen nun auf die Schultern der ArbeiterInnen abgewälzt werden.
Aber genau seit letztem Jahr, seit sich die Krise verschärft hat, seit der UBS die Milliarden hinterher geworfen wurden – seither steht der Paradeplatz nicht mehr auf der Route der 1. Mai-Demonstration. Man kann das erstaunlich finden oder auch nicht. Aber auf jeden Fall wird von den OrganisatorInnen der Demo, dem 1.Mai-Komitee und dem Gewerkschaftsbund, hier eine Möglichkeit zur Politik verschenkt (oder verkauft?), die allen Linken einleuchten müsste.

Kämpfe verbinden
Nun ist der Paradeplatz gerade auch in letzter Zeit immer wieder das logische Ziel zahlreicher Demos gewesen, wie etwa der StudentInnen oder verschiedener Gewerkschaftsdemos. Und die Bedeutung des Paradeplatzes gilt ganz besonders am 1. Mai. Der 1. Mai ist der Tag, an dem auf der ganzen Welt ArbeiterInnen und Angestellte, Hausarbeiterinnen und Jugendliche, Arbeitslose und KleinbäuerInnen, auf die Strasse gehen. Der 1. Mai ist der internationale Kampf- und Festtag des globalen Proletariats. Um sich bewusst zu machen, wie all diese Kampfsituationen gemeinsame Ziele haben, ist der Paradeplatz ein Knotenpunkt erster Güte. Das Finanzkapital verdichtet Ausbeutungsformen der ganzen Welt: im Zeitalter so genannter imperialistischer Globalisierung gibt es keinen Bereich, wo das Finanzkapital nicht die Finger im Spiel hätte.

Perspektiven entwickeln
Gerade am 1. Mai ist es wichtig, an genau einen solchen Ort zu ziehen. Denn der 1. Mai ist der Tag, an dem wir nicht nur Missstände anprangern, sondern Stärke demonstrieren. Am 1. Mai wird selbstbewusst zum Ausdruck gebracht, dass es auch anders geht, als die Kapitalisten wollen. Da demonstrieren wir für eine andere Gesellschaft, eine Gesellschaft, die frei ist von Ausbeutung und Unterdrückung.
An der letztjährigen Schlusskundgebung nannte Paul Rechsteiner, der Präsident des Gewerkschaftsbunds, mit vielen Worten die Verhätschelung der UBS einen «Skandal». Aber offensichtlich finden die OrganisatorInnen der 1.Mai-Demo es nicht nötig, solchen Worten auch nur schon symbolisch Taten folgen zu lassen. Wenn wir Perspektiven entwickeln wollen, die über reine Abwehrkämpfe hinausgehen, dann bedeutet es genau das: nicht nur zu reden, sondern Forderungen mit einer konkreten Praxis zu verbinden. Einer Praxis, die ganz viele verschiedene Schauplätze hat, aber zuvorderst auf der Strasse stattfindet. Die Auslassung des Paradeplatzes am 1. Mai ist ein Skandal.

Hissen wir die Rote Fahne auf dem Paradeplatz!
 

April 2010, Revolutionärer Aufbau Zürich