SP-Programm – ein Papier ohne Bedeutung

Das neue SP-Parteiprogramm sorgte für Aufregung. Aber, und das zählt: An der durch und durch kapitalfreundlichen Politik der Partei wird es nichts ändern. 

Ein grosses Raunen oder beinahe schon ein empörter Aufschrei ging durch den Schweizer Blätterwald, als die SP ihr neues Programm vorstellte. Für den grössten Wirbel sorgte weniger das Konkrete, da blieb man im besten Fall pragmatisch. Gerade bei Konzepten wie dem „vorsorgenden Sozialstaat“ konnte sich der rechte SP-Flügel durchsetzen. Anstoss boten vielmehr die beiden Begriffe „Überwindung des Kapitalismus“ und „Sozialismus“. Beides findet sich zwar auch in älteren SP-Programmen, allerdings scheint die Presse der Meinung zu sein, solche Begriffe sollten nun wirklich Vergangenheit sein. Vielleicht hätte sie gut daran getan, nach den Phrasen noch ein wenig weiterzulesen, denn dann wäre aufgefallen, wie zahm die als „marxistisch“ bezeichneten Forderungen sind. Unter Sozialismus, respektive „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ versteht die SP in erster Linie ihr Begriff der „Wirtschaftsdemokratie“. Das Konzept wird im Parteiprogram eher oberflächlich gestreift und enthält die Forderungen nach einer Stärkung des Service Public, der Genossenschaften sowie mehr Mitbestimmung am Arbeitsplatz und bei den Sozialversicherungen. Was visionär daherkommen soll, entpuppt sich also schnell als pragmatisch-laues Lüftchen, das zur Realität wenig Bezug hat. Im Kapitalismus macht bekanntlich die Demokratie spätestens vor den Fabriktoren der Diktatur des Kapitals Platz. Denn unter kapitalistischen Verhältnissen kann eine Demokratie noch so vollkommen sein, sie muss sich in letzter Konsequenz doch immer nach den Interessen des Kapitals ausrichten. Den ArbeiterInnen in den kapitalistischen Betrieben mehr Mitspracherecht zugestehen zu wollen, ist zwar eine schöne Absicht, allerdings ist der Handlungsspielraum innerhalb der globalen kapitalistischen Profitlogik derart gering, dass sich die ArbeiterInnen zwecks Standortsicherung wohl bald einmal selbst entlassen müssten.

Am Abbau der Sozialleistungen und dem damit einhergehenden Ausbau des Repressionsapparates werkeln derbei die sozialdemokratischen PolitikerInnen wacker mit. Wie sich die Politik der SP gestaltet, hat und hatte mit ihrem Parteiprogramm bekanntlich herzlich wenig zu tun. Das Parteiprogramm der Schweizer Sozialdemokraten hat letztendlich vor allem einen Zweck: Alle Flügel der Partei einigermassen zufriedenzustellen oder zumindest möglichst wenig zu verärgern. So ist denn auch die von allen Medien festgestellte Schwammigkeit des Programms zu erklären, genauso wie die Aussagen der SP-Vertreter, die sich nach dem Parteitag sofort daran machten, das Programm zu relativieren: SP-Präsident Levrat meinte, auf die „Überwindung des Kapitalismus“ angesprochen: „Es ist ein offenes Geheimnis, dass ich unser Projekt anders bezeichnet hätte. Für den politischen Alltag sind unsere konkreten Forderungen wichtiger.“ SP-Nationalrat Daniel Jositsch meinte zum Parteiprogramm nur: „In einem Jahr weiss niemand mehr, was da drin steht“ und Ständerätin Anita Fetz äusserte sich wie folgt: „Zum Glück liest niemand das Parteiprogramm.“ Denn die namhafteren Vertreter der SP wissen wie wir auch, dass sich die Politik der Sozialdemokratie noch nie von ihren Programmen, sondern von ihrer grundsätzlichen Strategie bestimmt wurde. 

Ein Blick zurück 

Die Sozialdemokratie sah sich einst nebst den KommunistInnen als zweite Kraft, die für die Überwindung des Kapitalismus und den Aufbau des Sozialismus eintrat. Jedoch nicht auf dem revolutionären Weg, wie er von den Theoretikern des Marxismus vorgeschlagen wurde, sondern über einen zweiten Weg, den Reformismus. Diese, nie wirklich ausgearbeitete, Strategie sieht vor, dass der Kapitalismus durch kleine Reformen nach und nach soweit verändert wird, dass er in den Sozialismus „hineinwächst“. Die Strategie wird somit auch nicht auf das sozialistische Ziel ausgerichtet, sondern auf die Reformen innerhalb des Kapitalismus, da diese ja letztendlich zum Sozialismus führen sollen. Eduard Bernstein, sozialdemokratischer Vordenker des Reformismus, formulierte das um 1900 in dem programmatischen Satz „Das, was man gemeinhin Endziel des Sozialismus nennt, ist mir nichts, die Bewegung alles.“ 

Natürlich wurde historisch eine Gesellschaftsform noch nie durch ein Hinüberwachsen abgelöst. Sondern eben durch revolutionäre gesellschaftliche Umwälzungen. Oder um es mit Marx zu sagen „Die Revolutionen sind die Lokomotiven der Geschichte.“ Und während es in der Geschichte doch erfolgreiche sozialistische Revolutionen gab, ist bisher noch kein Beispiel bekannt, in dem durch sozialdemokratische Reformen der Kapitalismus ganz unversehens in den Sozialismus hineingewachsen wäre. Und das ist auch kein Zufall. Denn wie die konkrete Praxis des Reformismus aussieht, wissen wir alle. Um nämlich die angestrebten Reformen umsetzten zu können, müssen die Sozialdemokratischen Parteien erst einmal in die entsprechenden staatlichen Machtpositionen in den bürgerlichen Parlamenten kommen. Wer dahin will, schraubt zuerst einmal seine Forderungen so weit zurück, bis sie mehrheitsfähig werden. So musste auch die SPS, um von den anderen Parteien als regierungsfähig angesehen zu werden, in den 1930er-Jahren erst einmal beweisen, dass auch sie staatstragende Kraft ist. Die revolutionären Forderungen im Parteiprogramm wurden gestrichen und die Realpolitik entsprechend angepasst. Die SPS schloss „Burgfrieden” mit den Parteien und dem Kapital. Angesichts der faschistischen Bedrohung rund herum war das auch einfach zu verkaufen: Ab da trat die SPS für die Erhaltung der Schweizer Demokratie ein. Das Schweizer Volk als positiver Bezug löste die Klasse ab.

Die deutsche Sozialdemokratie hatte schon früher bewiesen, wie sehr sie sich bereits in die bürgerliche Politik integriert hatte. Sie beschloss 1914 den Kriegskrediten zur Finanzierung des 1. Weltkrieges zuzustimmen, was die revolutionären Kräfte innerhalb der SPD zur Abspaltung nötigte. Eindrücklich bestätigte sie die neue Rolle der Sozialdemokratie als sie sich am Ende des Kriegs bereit erklärte die Regierung zu übernehmen, um die Revolution zu verhindern. Der sozialdemokratische Heeresbeauftragte liess z.B. 1919 den „Spartakusaufstand“ der deutschen Arbeiter blutig niederschlagen und befahl die Ermordung der kommunistischen Arbeiterführer Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht.

Dass auch KommunstInnen wie gerade Rosa Luxemburg das bürgerliche Parlament durchaus auch als Werkzeug der Politik angesehen hatten, soll hier nicht verschwiegen werden. Allerdings stets als Bühne für den Klassenkampf, der abseits dieser Institutionen stattfinden musste, und nie als Ort für eigentliche Veränderungen. (Siehe dazu auch unseren Artikel „Wir haben keine Wahl“ im aufbau Nr. 51)

Kriegstreiberei und Sozialabbau 

Sowohl in der Schweiz wie auch international musste sich also die Sozialdemokratie, ihre Teilnahme an der bürgerlichen Politik mit dem Verrat an der Arbeiterklasse erkaufen. Doch  endete der Verrat natürlich nicht mit der Aufnahme in die bürgerliche Regierung. Die SP muss täglich von neuem beweisen, dass sie anständig und vernünftig ist, um von den anderen Parteien akzeptiert, und damit an der Regierung, bleiben zu dürfen. So wurde in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg bis heute aus der einstigen reformistischen Arbeiterpartei eine bürgerliche Volkspartei. Wo auch immer in Europa in den letzten Jahren Sozialabbau und Krieg vorangetrieben wurden, brauchte man nach sozialdemokratischer Beteiligung nicht lange zu suchen: Unter dem Sozialdemokraten Schröder führte Deutschland mit der Bombardierung Jugoslawiens zum ersten Mal seit Ende des Faschismus wieder Krieg. Unterstützt von sozialdemokratischen Regierungen in Grossbritannien, Frankreich, Italien oder Österreich, Skandinavien und den Niederlanden. Und begeistert applaudiert von der SPS, deren damalige Parteipräsidentin Ursula Koch gar die Entsendung von Bodentruppen gegen die Bundesrepublik Jugoslawien forderte. Die britische Sozialdemokratie war massgeblich für den Beginn des Zweiten Irakkriegs verantwortlich und ebenso, zusammen mit einem grossen Teil der übrigen europäischen Sozialdemokratie, für den Afghanistankrieg. Aktuell setzt die Griechische Sozialdemokratie ein Sparprogramm durch, welches die Lebensbedingungen der griechischen Bevölkerung massiv verschlechtert.

Die Privatisierungen der britischen Sozialdemokratie setzten fort, was die Konservativen unter Thatcher begonnen haben und die Hartz-4-Reform der deutschen Sozialdemokraten war ein Dammbruch für eine neue Qualität der Massenverarmung in Deutschland. Eine Reform die übrigens von einer SPD durchgesetzt wurde, die in ihrem Programm die gleichen Floskeln wie die SPS auflistet:  „Überwindung des Kapitalismus“ und „demokratischer Sozialismus“ wie die SP in ihrem Programm auflistet.

In den umliegenden europäischen Ländern tritt die Politik der sozialdemokratischen Parteien greifbarer auf, da sie jeweils die Regierung stellen. In der Schweiz, in welcher verschiedene Parteien die Regierung bilden und den Konsens suchen müssen, kann “die Schuld” nicht so klar zugewiesen werden. Dennoch sind die Tendenzen hier gleich wie im übrigen Europa. 

Diese sozialdemokratische Politik ist die logische Konsequenz der Strategie, die für die Sozialdemokratie grundlegend ist. Indem die Sozialdemokratie ihre Reformen, die zu ihrer Anfangszeit den Weg zum Sozialismus weisen sollten, im bürgerlich-kapitalistischen Parlament verwirklichen will, macht sie sich selbst zu einem Teil des Kapitalismus, den sie ursprünglich überwinden wollte. Die Vorstellung, man könne als linke Partei innerhalb des Parlaments des kapitalistischen Staates seine eigene Politik durchziehen ist gänzlich falsch und wurde nicht nur der Sozialdemokratie zum Verhängnis. Das bürgerlich-kapitalistische Parlament ist keineswegs ein neutraler politischer Ort, sondern es steht letztendlich im Dienste des Kapitals. Das liegt daran, dass die Spielräume der Politik innerhalb des Kapitalismus sehr begrenzt sind.

Der kapitalistische Staat ist letztendlich nur dann handlungsfähig, wenn der Profit der kapitalistischen Unternehmen fliesst. SP-Nationalrätin Evi Allemann weiss, wovon sie spricht, wenn sie sich, angesprochen auf das Parteiprogramm, folgendermassen äussert: „Eigentlich wissen auch wir ganz genau, dass die Sicherung der Arbeitsplätze von einer gesunden Wirtschaft abhängt.“ Denn ohne die „gesunde Wirtschaft“ und deren Profite bleiben eben auch keine Mittel, um die angestrebtem Reformen jemals durchzuführen. Das Wundermittel der SP heisst Keynesianismus, grob gesagt geht sie davon aus, dass wir – das Volk – genügend Geld verdienen sollen, um es auch reichlich ausgeben zu können, so dass die Produktion in Schwung gehalten wird. Sofern wir das gerade nicht tun sollten, so müsste der Staat intervenieren und Geld ins System pumpen. Dieses Kapital für die Intervention muss der Staat aber haben, und genau das hat er möglicherweise nicht im Falle einer Wirtschaftskrise.

Also muss zuerst einmal Politik im Sinne der Wirtschaft gemacht werden, weil ohne die nichts läuft. Dass die Reformen, die damit einmal finanziert werden sollten, dann nach und nach in den Schubladen verschwinden, ist die logische Folge. Denn trotz aller Mühen bleibt die kapitalistische Wirtschaft in ihrem Wesen krisenhaft und will einfach nicht „gesund“ bleiben. Also muss seitens der Politik mit noch stärkerer Wirtschaftsfreundlichkeit nachgeholfen werden. Gerade auch der Sozialstaat, der lange Zeit das Vorzeigeprojekt der Sozialdemokratie war, wird von der kapitalistischen Realität eingeholt. Er sollte, unter dem Begriff „soziale Marktwirtschaft“, sozusagen das soziale Gegenstück zum Kapital bilden. Bloss ist im Kapitalismus auch der Sozialstaat von seinem Gegenüber, dem Kapital, abhängig.

Nur mit dessen Profiten lässt sich der Sozialstaat überhaupt finanzieren. Die Möglichkeit dieses Sozialstaates eröffnete sich dann auch erst im Zuge des Wirtschaftswunders der 50er und 60er Jahre, das Resultat des Automobilbooms aber vor allem auch der ungeheuren Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs war. Nach dem Ende dieser speziellen historischen Konstellation, als der Kapitalismus nach den 70er Jahren wieder von Krise zu Krise rutschte und die Profite zusammenschrumpften, wurde auch der Sozialstaat europaweit wieder Stück für Stück abgebaut. Wie bereits ausgeführt unter tatkräftiger Mithilfe der Sozialdemokratie, die immer auf Sachzwänge verweisen konnten. Gerade daran, dass sich vor allem diejenigen SP-Vertreter die parlamentarische Funktionen inne haben, sehr schnell vom neuen Parteiprogramm distanzierten, lässt sich erkennen, wie schnell die kapitalistischen Sachzwänge für diejenigen deutlich werden, die an den Schalthebeln der Macht sitzen. So wurde das neue, „marxistisch“ geschrumpfte Parteiprogramm offenbar vor allem von der Juso durchgesetzt, die noch weitaus weniger in den bürgerlich-kapitalistischen Staat und sein Parlament integriert ist. Das Vorhaben der Juso, die Sozialdemokratie zu verändern, mag zwar durchaus sympathisch sein, ist aber auf Grund von deren Charakter von vornerein zum Scheitern verurteilt.

Historischer Zeuge dafür sind die zahlreichen KommunistInnen welche im Zuge des „Marsch durch die Institutionen“ schon in der SP verschwunden sind. Würde nachgeforscht werden, wie viele Mitglieder der heutigen SP-Führungsspitze sich den Sozialdemokraten einmal aus dem Wunsch die Partei von innen zu verändern angeschlossen haben, würde sich wohl manch einer wundern. 

Die JuSo geniessen bei vielen einen Ruf als sehr fortschrittliche, sozialistische Organisation. Diesen versucht sie auch immer wieder durch Aktionen wie das Blockieren des Eingangs der UBS oder die 1:12 Initiative aufrecht zu erhalten. 

Die Juso ist aber vorallem die Jungpartei der SP und damit für einige wohl auch Karriereleiterchen für die „grosse“ Politik. So hört es sich denn auch an, wenn die SP in ihrem Nachwuchsprogramm „junge Perspektiven“ den direkten Kontakt zu „erfahrenen PolitikerInnen“ und „Zugang zur SP-Fraktion in Bundesbern“ anpreisst. Und welche Politik da umgesetzt wird ist weithin bekannt. 

„Das Gegenteil von Blocher: weiblich und jung“ so der Titel des Artikels auf der Homepage der Juso Basel. „Es macht Freude, im Bundesrat eine neue Frau begrüssen zu können […]” . Damit wird nicht etwa die Wahl von Simonetta Sommaruga gefeiert, was schon fragwürdig genug wäre, schliesslich gehört auch sie zum rechtesten Flügel der SP. Nein, gefeiert wird hier die Wahl von Eveline Widmer-Schlumpf in den Bundesrat. Dass die Juso die Ablösung eines lauten reaktionären Hetzers gegen eine leisere, aber ebenfalls erzreaktionäre Politikerin so würdigt und praktisch schon feiert, zeigt das parteipolitische Kalkül in dem sich die Juso befindet.

 Partei der Beamten und upper middleclass

Was wir in diesem Text theoretisch und geschichtlich herzuleiten versuchen, ist vielen durch die konkrete Praxis der Sozialdemokraten schon längst klargeworden: Die SP beteiligt sich, entgegen ihrer Wahlparolen, massiv am Sozialabbau.

Die Befürwortung der Personenfreizügigkeit, welche massives Lohndumping nach sich zog, der Wunsch von Calmy-Rey, Soldaten nach Somalia zu entsenden, um die dort ansässigen Piraten zu bekämpfen, oder Leuenberger, der die Privatisierung der SBB vorbereitete und damit den erbitterten Kampf der Officine von Bellinzona auslöste. Indessen wurde die UBS mit Milliarden gerettet, sogar ohne dass die SP die Finanzierung der AHV als zwingende Bedingung dafür verlangt hätte. Das sind Beispiele auf Bundesebene. 

Gerade in Zürich, das sog. rot-grün regiert wird, stünden zahlreiche Beispiele antiproletarischer sozialdemokratischer Politik zur Verfügung– schlicht überall, wo es die Klasse schmerzt ist die SP dabei. Wo sie regiert, scheut sie sich nicht Sozialabbau voranzutreiben und dabei den Repressionsapparat zu stärken. Dabei lamentiert sie und beklagt, dass sie das tun müsse, leider sei der Sachzwang nun halt mal so. Also wird z.B. in den Schulen gespart – die Schulklassen vergrössert und auch noch die Behinderten und Problemfälle in die Regelklassen „integriert”, im Gesundheitswesen werden Arbeitsplätze gestrichen, in den Altersheimen am Essen gespart, im öffentlichen Verkehr Preise erhöht, an der Uni sollen die Studiengebühren teurer werden und gegen „kriminelle Jugendliche“ sollen schärfere Gesetze her. Im Moment braut sich gerade der Widerstand des gesamten städtischen Personals zusammen, weil weitere massive Einsparungen geplant sind. Oder die Aufwertung ganzer Stadtquartiere (das macht die SP jeweils gern, um zahlungskräftige SteuerzahlerInnen einer anderen Gemeinde abzuluchsen).  Wobei einen gerade letzteres überhaupt nicht verwundern sollte. Als die SP z.B. die Komplettsanierung der Weststrasse in Zürich ermöglichte, wusste sie wohl, dass die Yuppies, welche in die neuen teuren Wohnungen einziehen werden, ihr Klientel sind, ganz im Gegensatz zu den ArbeiterInnen, die damit aus dem Quartier vertrieben werden. Diese haben der Partei, die hauptsächlich noch aus Beamten und gehobenem Kleinbürgertum besteht, nämlich schon längst den Rücken gekehrt oder sind ohnehin AusländerInnen, nicht wahlberechtigt und damit der SP nicht von Nutzen. Der Kern des Problems ist gerade das: Die SPS schwafelt heutzutage von Heimat, Volk und Sicherheit und macht jene Politik, von der sie sich  Wahlerfolge verspricht. Die ArbeiterInnenklasse existiert in dieser Welt nicht mehr und schon gar nicht als positiver Bezug, deren Interessen zu vertreten wäre – der letzte gemeinsame Nenner bleibt nur, dass wir alle, arm und reich, ein Volk von KonsumentInnen sind, die ausgiebig konsumieren sollen, damit der Kapitalismus in Schwung bleibt. Simonetta Sommaruga, die höchste Konsumentenschützerin, verkörpert die heutige SP idealtypisch.

Eine linke Politik können wir, wie der grösste Teil der Klasse, welcher der SP in den letzten Jahren davongelaufen ist, schon lange nicht mehr erkennen. Mangels Alternativen ist die Konsequenz des Scheiterns der Sozialdemokratischen Politik heute allerdings oft der Rechtsrutsch hin zur SVP oder aber die Resignation und völlige Abkehr von der Politik. Es liegt an der revolutionären Bewegung, diese Alternative zu schaffen. Aber nicht indem wir, wie es beispielsweise in Deutschland Die Linke versucht, die bessere Sozialdemokratie sein wollen, sondern inndem wir jenseits von Parlamentarismus und Reformismus am Aufbau von revolutionärer Gegenmacht arbeiten und eine revolutionäre Perspektive wieder fassbar und möglich machen.