Flugblatt zu den Kreisläufen 4+5 am 14. und 15. Mai in Zürich:
Whose Streets?
Die Quartiere Zürichs, in denen vor nicht allzu langer Zeit die Arbeiter und Arbeiterinnen die Mehrheit der Bevölkerung darstellten, befinden sich im rasanten Umbruch. Ein Spaziergang vom Escher-Wyss-Platz über Limmat- und Helvetiaplatz bis in den Kreis 3 genügt, um diesen Wandel eindrücklich fassbar zu machen. Überall wird saniert, um dann die Wohnungen zu überhöhten Preisen denjenigen zu vermieten, die sich die Preise überhaupt leisten können. Es dürfte nicht erstaunen, dass dies für die bisherige Quartierbevölkerung oftmals ein Ding der Unmöglichkeit ist. Begleitet werden bauliche Massnahmen durch eine Vertreibung derjenigen Aspekte, welche in dem neuen Quartierbild nichts mehr zu suchen haben sollen. Sei es durch eine andauernde Polizeipräsenz, die durch aggressive Kontrollen auf sich aufmerksam machen, durch eine zunehmende Videoüberwachung (der Limmatplatz mit seinen unzähligen Kameras ist hierfür bestes Beispiel) oder durch das Abmontieren von Bänken oder gar Tischtennis-Tischen (so geschehen auf der Bäckeranlage), so dass die nicht mehr willkommenen Personengruppen keine Treffpunkte vorfinden können.
Von Kreisläufen zu Bonzenkäufen
Das Aufkommen von neuen Läden, Bars oder Restaurants in den Kreisen 3, 4 und 5 ist nicht an sich problematisch. Doch im Rahmen der Entwicklung der Kreise 3, 4 oder 5 von Lebensraum der Vielen zu demjenigen weniger Reicher funktioniert diese Entwicklung als eine Art Bindeglied. Lebens- und Wohnraum, der aufgrund von negativen Faktoren im Umfeld (also beispielsweise Prostitution und Drogenhandel, aber auch stark befahrene Strassen wie die Weststrasse) günstig genutzt werden kann, kann ein Anziehungspunkt werden für kleinere Läden, KünstlerInnen oder Bars. Fallen die negativen Faktoren weg heisst dies aber nicht, dass die dort Lebenden und Arbeitenden davon profitieren. Vielmehr beginnt ein Aufwertungsprozess, der auch vomvorher geschaffenen Klima im Quartier profitiert, welches oft erst hart erkämpft werden musste. In Zürich sind hierfür die Aufwertung der Langstrasse über das von den Sozialdemokraten unterstützte“Langstrasse-Plus”-Projekt oder die beginnende Aufwertung des Gebietes rund um die Weststrasse exemplarisch. Diejenigen, welche jahrelang die negativen Faktoren mangels zahlbarer Alternative erduldeten, werden aus den Wohnungen geworfen und gezwungen sich in einem anderen Quartier niederzulassen (da das bisherige nur selten finanzierbar ist). Die nun leer-gewordenen Räume werden saniert und zu hohen Preisen denjenigen weitergegeben, die einerseits genug Kohle haben und andererseits von der “lässigen Atmosphäre” zehren wollen.
Our Streets!
Diese Entwicklung ist nicht nur in Zürich zu beobachten, ähnliche Prozesse lassen sich international wieder und wieder beobachten. In der Logik des kapitalistischen Systems dient Aufwertung nicht der Lösung von sozialen Problemen oder dem Schutz der Bevölkerung, sondern einzig der Verbesserung von Standortvorteilen, damit die Ware “Raum” teuer verkauft werden kann.
Wir wollen Quartiere, die von unten her belebt werden statt von oben her aufgewertet, in denen die Räume zugänglich bleiben und ohne Überwachung und Militarisierung! Kämpfen wir gemeinsam gegen Polizeischikanen, Abzockerei im Wohnungsmarkt und die kapitalistische Profitlogik und werten wir die Quartiere von unten links auf!