Prozesserklärung zum Antifa-Prozess in Rheineck

 

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Genossinnen und Genossen

 

Nicht sonderlich bewegt nehmen wir einen weiteren Schlag der staatlichen Repression hin.

Die Repressionsorgane tauchten in der Vergangenheit schnell und entschieden auf. Ihr Absicht und Haltung ist klar. Sie sind die Handlanger und die Verteidigungslinie des Staates der Kapitalisten. Somit beschützen sie die Ordnung, die den Herrschenden – und nur ihnen – dient.

 

Wer sich konsequent gegen die bestehenden Verhältnisse wehrt, den oder die erwarten hohe Bussen, oftmals sogar Gefängnisstrafen.

Es liegt uns fern, von der Justiz Gerechtigkeit zu fordern. Entsprechend ihrer Aufgabe sind Richter Verteidiger der Klasse, der sie angehören. Genauso wie die Polizei Verteidiger der bestehenden Verhältnisse ist.

Als in Diepoldsau 44 Antifaschistinnen und Antifaschisten verhaftet wurden, zeigte sich wieder die Repression in ihrer unmittelbaren Form. Offensichtlich vermag die Staatsanwaltschaft nicht die Dimension der auftretenden Faschisten zu begreifen, denn ihre Argumente waren lächerlich.

Verkehrstechnisch wird die Verhaftung der Antifaschisten begründet. Da sich die Nazis zu diesem Zeitpunkt keiner verkehrstechnischen Übertretung schuldig gemacht hatten, durften sie sich unbehelligt vernetzen. Ein Treffen derer, die den Holocaust für jüdische Propaganda halten und die Waffen-SS für „glorreich“.

 

Die Doppelmoral der kapitalistischen Gesellschaft im Umgang mit Antifaschismus zeigt sich in einer kleinen Begebenheit, die ich an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen will. Illegalerweise handelte vor geraumer Zeit Paul Grüninger gegen die herrschende Ideologie der stillen Duldung der Faschisten. Seine antifaschistische Haltung zeitigte nur 40 Jahre nach seinem Tod gesellschaftliche Anerkennung. Dadurch, dass eine Brücke in Diepoldsau nun nach ihm benannt wird. Das ist bürgerlicher Antifaschismus. Das ist Heuchelei.

 

Die Krise bringt die Verschärfung der gesellschaftlichen Widersprüche mit sich und daher auch verstärkte Repression. Die Krise, sie bewährt sich für den Abbau erkämpfter Errungenschaften der ArbeiterInnenbewegung, für das lauter werdende Geschrei gegen die Schwächsten. Für Angriffe aller Art, für die Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums von Unten gegen Oben. Das ist das Klima, in dem rechte und nazistische Organisationen gedeihen und mitschreien. Das ist aber auch der Moment des Widerstandes, der selbständig emanzipatorisch und revolutionär organisierten Menschen.

Im Moment der Verschärfung der Krise nehmen auch deren Begleiterscheinungen zu und die Gesellschaft rückt gegen rechts. Seien dies pop-faschistische Fackelmärsche in Hombrechtikon oder Treffen wie dasjenige in Diepoldsau der Europäischen Aktion. Seien es die Mörder des Nationalsozialistischen Untergrundes oder das Marschieren der Schwarzhemden in Ungarn. Dies sind jedoch nur die offen und einfach greifbaren Faschisten. Sie sind der offensichtlichste Teil der Rechtsentwicklung. Und nur schon sie bewegen sich auf unterschiedlichen Ebenen. Die einzelnen Ereignisse sind nicht in unserem Fokus, sondern der Nährboden, der diese Erscheinungen hervorbringt. Der Rassismus hat längst die Mitte der Gesellschaft erreicht und zeigt sich nicht mehr nur bei der braunen Peripherie der SVP. Alle parlamentarischen Kräfte mit nur wenigen Ausnahmen hetzen gegen Ausländer und arbeiten an der Trennung zwischen verwertbaren und nicht verwertbaren Ausländern. Das Beispiel Bettwil zeigt, dass ein ganzes Dorf sich in rassistischen Ausfällen ergehen und sich obendrein nicht selber für rassistisch halten kann.

Der Kapitalismus ist wirklich tief in der Krise, wenn sich Rassismen derart offen artikulieren lassen und sich tief in der Gesellschaft verwurzeln können. Denn er war schon immer und ist noch heute eine nützliche Waffe gegen das Proletariat. So werden wir bewusst gespalten und viele der Kräfte gehen verloren, anstatt sich im gemeinsamen Klassenkampf wiederzufinden.

Wir sind heute hier wegen dem schnellen und entschiedenen Auftauchen der Repression. Jede Form von Bewegung ausserhalb der bürgerlichen Legalität und besonders ausserhalb der bürgerlichen Kontrolle wird damit konfrontiert. Dies gilt im Arbeitskampf, bei Fussballspielen oder auch für die organisierte revolutionäre Linke. Der öffentliche Raum wird zunehmend kommerzialisiert und mit reaktionären Inhalten besetzt. Gerade diese Hegemonie gilt es aufzubrechen. Die Politik der Möglichkeiten, eine revolutionäre Perspektive zu erkämpfen und zu verteidigen. Diese Perspektive sichtbar und greifbar zu machen, das ist unsere Aufgabe! Lassen wir uns nicht beeindrucken und kämpfen wir weiter für eine solidarische, klassenlose Gesellschaft. Nehmen wir uns weiterhin den Raum für unsere Mobilisierungen und tragen unsere Inhalte auf die Strasse.

 

Antifaschismus lässt sich nicht verhandeln!