Dieses Interview führten wir mit dem peruanischen Genossen E. aus Cusco, der die laufenden Kämpfe gegen die Bergbauprojekte in Peru miterlebt hat. Wir sprachen mit ihm am Freitag 29.6., dem Tag an dem auch die Solidaritätskundgebung vor dem peruanischen Generalkonsulat stattfand.
RAS: Wie ist die aktuelle Situation in Espinar und Cusco?
E: Die aktuelle Situation ist ruhig und trotzdem brodelt es, weil nämlich die Regierung, als der Konflikt ausbrauch, sofort den Ausnahmezustand über die Region verhing. Das impliziert eine absolute Einschränkung aller zivilen Rechte. Dazu kommt, dass die Regierung einige der Anführer der Proteste ins Gefängnis warf. Den Bürgermeister hielten sie am längsten gefangen und sie verletzten damit ihre eigene Rechtsgrundlage und es gab keinen rechtmässigen Prozess, wie man ihn eigentlich in einem Rechtsstaat erwarten könnte. Letzten Samstag hat sich nun der peruanische Präsident Ollanta Humala an die Bevölkerung gewendet und hat einmal mehr bestätigt, dass die Minen-Konzernen seine volle Unterstützung haben. Danach hat er den Ausnahmezustand aufgehoben. Die Bevölkerung ist wütend und wartet auf den Moment um den Kampf wieder aufzunehmen gegen die Schweizer Mine, welche heuchlerisch verbreitet, dass sie die angeblich weltweit besten Umweltvorschriften haben. Nur: die Situation in Espinar zeigt da eine andere Realität. Auch wenn der Bürgermeister Oscar Mollohuanca wieder in Freiheit ist so gehen die Drohungen weiter gegen diejenigen die sich gegen die Mine wehren.
RAS: Gibt es eine Solidaritätsbewegung?
E:Ja es existiert eine Solidaritätsbewegung mit den Protesten in Espinar und zwar sind es die ArbeiterInnen der Xstrata-Mine selber, die, kurz nachdem der Konflikt in Espinar begann, auch auf die Strasse gingen gegen ihre schlechten Arbeitsbedingungen und gegen Überstunden. Sie arbeiten von 5 Uhr morgens bis 10 Uhr abends und das auf 4000 Meter über Meer. Die ArbeiterInnen stellten verschiedene Forderungen, einerseits forderten sie von Xstrata, dass ihnen die Tage, an denen durch die Proteste nicht gearbeitet wurde, nicht abgezogen werden, denn die Produktion stand in keinem Moment still. Weiter forderten sie, dass sie ihre Gewerkschaft wechseln dürfen, weil die jetzige klar auf der Seite der KapitalistInnen steht. Dieser Arbeitskampf wurde von über 2500 ArbeiterInnen geführt (zurzeit arbeiten 7000 in diesen Minen). Und er wurde von ArbeiterInnen geführt, die mehrheitlich prekarisiert arbeiten, outgesourced, angestellt von Subunternehmen und praktisch ohne jegliche Rechte.
RAS: Diese Proteste vereinen zwei wichtige Themen im Kampf gegen den Kapitalismus: die Umweltzerstörung und die Ausbeutung der menschlichen Arbeitskraft. Kannst du zu dieser Situation noch etwas sagen?
E: Also im Zentrum steht der Kampf gegen die Verschmutzung, welche durch den Abbau in der Mine entsteht, doch natürlich gibt es noch andere Themen. Beispielsweise zahlen die Minen-Unternehmen praktisch keine Steuern. Und dies dank einem Vertrag der noch zur Zeit der Diktatur unter Fujimori abgeschlossen wurde, der sogenannte „Steuer-Stabilitäts-Vertrag“, von welchem auch Xstrata profitiert. Diejenigen die den Kampf anführen, sind aber vor allem UmweltaktivistInnen die mit Nachdruck das Problem der Verschmutzung thematisieren, während sie den Forderungen und Problemen der MinenarbeiterInnen leider etwas weniger Gewicht geben. Obwohl die Probleme gravierend sind, mittlerweile ist die Arbeit in praktisch allen Minen in Peru prekär, die ArbeiterInnen arbeiten zum Teil mehr als 12 Stunden pro Tag und die gewerkschaftliche Organisierung ist sehr schwierig. Auf jeden Fall thematisiert dieser Kampf die Ausbeutung unserer natürlichen Ressourcen und zeigt die Kontinuität des neoliberalen Modelles auf, welches seit 1990 in Peru durchgesetzt wird. Bis jetzt hat sich in der Bewegung noch keine Perspektive entwickelt, die in Richtung geht, die Souveränität des Landes und die Verstaatlichung der natürlichen Ressourcen zu erkämpfen. Doch wir arbeiten daran.
RAS: Die Regierung antwortet mit starker Repression, welches ist ihre Rolle?
E: Die Rolle der Regierung ist klar, sie ist die Wächterin der Minen-Unternehmen. Versprechungen von Veränderungen, die sie während dem Wahlkampf gemacht haben, sind verflogen und ihre Politik reiht sich ein in die Kontinuität der Repression. Damit haben sie natürlich die Unterstützung der grossen Unternehmen und der US-Regierung.
RAS: Welche Rolle spielt die internationale Solidarität?
E: Internationale Solidarität ist immer wichtig, vor allem in dieser globalisierten Welt, wo die herrschende Ideologie so dominant von KapitalistInnen und Regierungen verbreitet wird. Die Solidarität hilft uns nicht nur die Informationen über Kämpfe zu verbreiten, sondern sie hilft uns auch die Rolle der europäischen und nordamerikanischen Unternehmen zu entlarven.