Streik im Spital La Providence

Solidarität mit den Streikenden des Spital La Providence in Neuenburg

Auf einen ersten Warnstreik am 18. September reagierte die Geschäftsleitung mit Repression, Drohungen und Verschleppung der Verhandlungen. Auch der Staat versuchte gegen die Kampfbereitschaft vorzugehen und erklärte einen ersten Streikversuch für illegal. Die Angestellten des Spitals haben sich nicht einschüchtern lassen, am 22. November weitere Kampfmassnahmen entschieden und sind am 26. November in den Streik getreten. Sie kämpfen damit für den Erhalt des geltenden GAVs Santé 21, gegen die drohende Auslagerung und gegen aktuelle Entlassungswellen.

 

Material: Soli-Homepage der VPOD I Zusammenstellung der Hintergründe I Rede einer Streikenden I WoZ-Artikel 6.12 / 24.12 I Blog der SYNA (fr) I Facebook-Gruppe I Rap I Video 12.12 und 19.12 I Rap I Veranstaltung I Soli-Aktion in ZH am in 8.12. I Überregionale Soliaktion I Streiknews 1 I Streiknews 3 I Flugblatt Demo (26.1.13) I Demobericht (16.2.13)
 

 

Kurze Chronologie/Aktuelles

4. Feb. 2013

22 fristlose Kündigungen werden ausgesprochen, weil die Streikenden die Arbeit nicht wieder aufnehmen. Tagi-Artikel.

 

26. Jan 2013

Demonstration mit 1000 Leuten aus der gesamten Schweiz. Gewerkschaften mobilisieren aktiver. Flugblatt des RAS und Bilder. Entlassungen gegen die Streikenden ausgesprochen. Zwei Streikende haben darauf den Streik im Einvernehmen mit den restlichen Streikenden abgebrochen (Ausbildung und persönliche Gründe). Parlament hält daran fest, dass der GAV eingehalten werden muss. Genolier entscheidet in 7 bis 10 Tagen.

 

5. Jan. 2013

Streikende organisieren zusammen mit einem UnterstützerInnenkreis einen Informationsstand in der Neuchâteler Fussgängerzone, um auf ihren Kampf aufmerksam zu machen. Ein Streikzelt wurde nun in der Nähe des Spitals im englischen Garten bei der Seilbahn aufgestellt.

 

29. Dez. 2012

Die Streikenden lassen sich nicht unterkriegen. Auf die zweimalige Räumung ihres Streikzelts antworten sie mit einem mobilen Streikposten. Foto.

 

28. Dez. 2012

Nach der Räumung des Streikzeltes vor dem Spital, wurde jetzt auch das Streikzelt vor einer Kirche geräumt. Video.

 

26. Dez. 2012

Polizei räumt das Streikzelt und die Streikjurte vor dem Spital. Die Streikenden haben ihr Zelt und die Jurte nun vor der Kirche aufgestellt. Video.

 

20. Dez. 2012

Streikversammlung entscheidet, den Kampf weiterzuführen und fordert Garantien bezüglich Arbeitsbedingungen und Sanktionsmassnahmen.

 

19. Dez. 2012

Der Regierungsrat entscheidet für den Verkauf an Genolier. Der GAV Santé 21 muss bis Ende 2013 beibehalten werden, danach kann Genolier ihn künden. Weitere Bedingungen sind vage formuliert.

 

18. Dez. 2012

Das Gericht befindet das Streikzelt für illegal. Einsprach gegen das Urteil wird eingereicht.
Mit einer Demo von ca. 150 Leuten wird Druck auf den Regierungsrat Druck ausgeübt.

 

17. Dez. 2012

Es wird verkündet, dass die Stiftung „La Providence“ das Spital an Genolier verkauft hat. Dabei werden Bedingungen geltend gemacht, wie zum Beispiel die Kündung des GAV Santé 21 und das Beibehalten des Leistungsauftrags durch den Kanton. Beides Bedingungen, denen der Regierungrat früher zugestimmt hat. Die Immobilien bleiben weiterhin bei der Stiftung.
Die Verkündung des Verkaufs ist zeitlich taktisch so gewählt, dass der Regierungsrat unter Druck steht, die geforderten Bedingungen zu erfüllen. Infos.

 

12. Dez. 2012

Es wurde auf eine Demo mobilisiert, um der Motion mehr Druck zu verleihen. Video.

 

11. Dez. 2012

Streikende organisierten die Streikenden eine Kundgebung vor Spital, um die KollegInnen ein zubinden.

 

5. Dez. 2012

Demo (200). Eingabe einer Motion ins kantonale Parlament. Dieses wurde knapp angenommen. verabschiedete und fordert den Regierungsrat auf, die Subventionierung an den GAV Santé 21 zu binden, und damit eigentlich das geltende Recht umzusetzen.

 

26. Nov. 2012

Streikbeginn mit ca. 36 Angestellten.

 

7. Nov. 2012

Regierung beendet Verhandlungen, da eine ganze Sache eine Angelegenheit einer privaten Institution sei.

 

18. Sept. 2012

Warnstreik des Pflegepersonals, der Reinigungskräfte und des technischen Dienstes Regierung und Direktion sind zu Verhandlungen bereit. Dafür garantieren die Gewerkschaften einen Informationsstopp.

 

Entwicklung vor dem 17. September: hier

 

Hintergrund:

Das Spital „La Providence“ ist privat, aber in der kantonalen Spitalliste von Neuchatel. Es bietet 56 Betten und hat 400 Angestellte. Die Spitalfinanzierung ist wegen des Systemwechsels nicht einheitlich. Zwar ist der Spital in der kantonalen Spitalliste. So werden die Bereiche Augenkunde, Orthopädie und Dialyse werden über Leistungsverträge mit dem Kanton finanziert, die Allgemeinmedizin jedoch nicht. Laut Spitaldirektion würden deshalb CHFr. 3.7 Millionen fehlen.

 

Die Direktion steht mit der Privatspital-Kette GSMN (Genolier Swiss Medical Network) in Verkaufsverhandlungen. Genolier würde bei einer Übernahme den geltenden GAV Santé 21 nicht anerkennen und hat angekündigt, die Löhne zu senken, Dienste auszulagern (v. a. Reiniung), Ferien für über 50jährige von 6 auf 5 Wochen zu kürzen, die Arbeitszeit zu erhöhen und Zulagen zu kürzen.

 

Um das Spital für den Verkauf vorzubereiten, sollen 1.7 Millionen eingespart werden. Deshalb hat die Direktion den GAV Santé 21 auf Ende 2012 gekündigt. Der neue GAV soll Verschlechterungen bei Dienstplänen, Löhnen, Entschädigungen, Ferien, Pensionierung, Mutterschaftsurlaub, Kündigungsschutz und Sozialplan haben und sich auf dem gesetzlichen Minimum bewegen. Weiter wurden 50 bis 80 Kündigungen angekündigt.

 

Obwohl die kantonalen Leistungsaufträge und damit die Subventionierung gesetzlich an die Einhaltung des GAV Santé 21 gebunden sind, gehen die Direktion und Genolier davon aus, dass der Kanton die Subventionen bei einem Verkauf an Genolier nicht streichen würde. Die Direktion geht so weit, dass sie sich auch weigert, dem Kanton Informationen zur Beurteilung der Subventionsberechtigung zu geben. Das gehe den Kanton nichts an. Das selbstbewusste Auftreten der Direktion ist durchaus berechtigt. So unterstützt die kantonale Regierung offensichtlich die Verkaufsbestrebungen an die Genolier-Gruppe und spannt in diesem Arbeitskampf mit der Direktion zusammen. Noch während den Schlichtungsverhandlungen – die erst auf Druck des Warnstreiks begonnen wurden – sicherte die Regierung der Direktion hinter dem Rücken der Gewerkschaften eine Leistungsgarantie zu, ohne sie an die Übernahme des GAV Santé 21 (also die Forderungen der Belegschaft) zu knüpfen.

 

Auch in der Repression und Einschüchterung der Belegschaft arbeiten Regierung und Direktion Hand in Hand. Die Direktion drohte vor dem Warnstreik (17. Sept.) mit sofortiger Kündigung. Und nachdem die Belegschaft nach zwei ergebnislosen Verhandlungen über fast drei Monate Streiktage für den 15., 20. und 22. November beschlossen, erklärten die Schlichtungsbehörde des Kantons diese angekündigten Streiks für illegal. Weiter versuchte die Regierung die Gewerkschaften vom Streikbeschluss abzubringen.

 

Neben Einschüchterungsversuchen lässt die Direktion aber auch Abstimmungen durchführen. Am 6. Oktober bot sie der Belegschaft an, zwischen der Übernahme durch Genolier (ohne GAV Santé 21) und der Übernahme durch die Neuenburger Spitalgruppe (HNE) (mit Beibehaltung des GAV Santé 21) auszuwählen. Das Personal stimmte der Übernahme durch die HNE zu. Schon am 31. Oktober erfährt die Gewerkschaft von der Regierung, dass die Direktion den Verkauf an HNE nun doch verweigert und an Genolier verkaufen will. Vor dem aktuellen Streik liess sie die Belegschaft zwischen der Entlassung oder der Übernahme durch Genolier abstimmen. So stellt sich ökonomische Demokratie im Kapitalismus dar.

 

Weiter Informationen über die InvestorInnen-Gruppe Genolier werden in einem WoZ-Artikel berichtet.