Kurzbericht und Prozesserklärung zum nt-Prozess

Die Basler Justiz begab sich in gar unsicheres Gebiet. Die geladenen Zeugen konnten unseren Genossen nicht identifizieren. Der Hauptbelastungszeuge musste gar nicht mehr erst vorsprechen. 50 Personen begleiteten lautstark den Prozess des Gefangenen vom NT-Areal, der bereits 5 ½ Monate in U-Haft gesessen hatte. Offensichtlich war auch in dieser Zeit nicht viel aus der Anklage zu machen – wurde er doch nur einmal einvernommen und die Untersuchung nach 2 Wochen abgeschlossen. Seine Vorstrafen, die man als politisch aktiver Mensch zu gewärtigten hat, veranlassen die Richter auf Beweise zu verzichten und den Antrag der Staatsanwaltschaft in vollem Umfang zu entsprechen. 14 Monate Haft. Selbst wir, die von der Klassenjustiz gar nichts erwarten waren überrascht von der Dreistigkeit des Urteils. Vorstrafen können ein Einfluss auf die Höhe einer Strafe haben aber nicht ob ein Angeklagter schuldig oder nicht schuldig ist. Doch von Anfang bis Ende dieses Justizprozesses wurden eigene Regeln und Gesetze nicht befolgt. Schlussendlich wird aber nur einer im Knast sitzen für die gesamte Linke.

Prozesserklärung des Ex-Gefangenen vom nt-Areal:

Die fünfmonatige U-Haft war für mich ganz klar politisch motiviert. Zu der mir vorgeworfenen Tat möchte ich mich nicht äussern, da die eigentliche Tat gar nie im Vordergrund stand sondern meine politische Ausrichtung und die damit verbundenen Vorstrafen, die man als politisch engagierter Mensch im Kampf gegen den Staat und das Kapital in Kauf nimmt. Dass bei einer Party ein Zivilpolizist und ein Staatsanwalt in privater Mission unterwegs sind, zeigt wie sich die Herrschenden fürchten wenn sich Menschen Raum aneignen. Ob Fussball- oder Eishockeyfans in den Stadien und auf der Strasse, Hausbesetzer oder politische Aktivisten, erlaubt ist eigentlich nur was sich verkaufen lässt.

Revolutionäre oder andere fortschrittliche Menschen, die sich gegen das kapitalistische System zur Wehr setzen und eine neue Gesellschaft anstreben werden zunehmend kriminalisiert. Mit meiner langen U-Haft und vielleicht auch mit der zu erwartenden Strafe will der Staat ein Exempel statuieren, um andere Menschen abzuschrecken.

Jedoch macht der Staat genau das Gegenteil. In der Schweiz haben schon einige Menschen gezeigt, dass die Repression und vor allem der Knast die Menschen nicht schwächt sondern stärkt. Sei es nun bei mir oder anderen Gefangenen, die nur wegen Ihrer politischen Gesinnung sitzen. Durch die Haft wurden sowohl die Gefangenen wie auch Ihr Umfeld gestärkt. Die Solidarität verbindet drinnen und draussen und auch verschiedene politische Positionen. Der Knast setzt zwar Grenzen, aber die Solidarität sprengt die Mauern und bildet Brücken zwischen drinnen und draussen.

Dass der Staat gegen uns immer härter vorgeht, zeigt dass wir auf dem richtigen Weg sind. Ob wir nun als Kommunisten oder Anarchisten im Knast landen, zum Schweigen kann uns niemand bringen. Ich möchte diese Stellungnahme von mir allen politischen Gefangenen widmen.

Eigentlich sollte dem Kapital und seinen Handlangern der Prozess gemacht werden. Gerade in Zeiten der Krise zeigen die Staaten ihr wahres Gesicht. Die Repression greift immer stärker durch, um abschreckend zu wirken. Wenn die Menschen ihren Unmut auf der Strasse zum Ausdruck bringen wie zum Beispiel in Griechenland und Spanien und wohl bald auch in anderen europäischen Ländern fühlen sich die kapitalistischen Staaten bedroht.

Auch die Schweiz hat Angst von ihrer eigenen Bevölkerung. Ich muss mich aber auch beim Staat bedanken. Mit der immer stärkeren Repression gegen Menschen, die sich gegen den Kapitalismus zur Wehr setzen, zeigt der Staat wenigstens sein wahres Gesicht. Durch die fünfmonatige U-Haft entstand eine grosse Solidaritätsbewegung. Während der ganzen Haftzeit fand am ersten Tag ein einziges Verhör statt, danach keins mehr. Die Staatsanwaltschaft argumentierte immer, dass ich noch sitzen muss weil noch nicht alle Untersuchungshandlungen abgeschlossen seien und ich nochmals verhört werden müsse. Nach ca. 2 Wochen war die Untersuchung abgeschlossen und es ist nicht ersichtlich, wieso ich noch so lange sitzen musste. In einem Interview mit der BAZ hiess es, dass die ganze U-Haft ein „Warnschuss“ gewesen sei. Somit hat die Basler Justiz bestätigt, dass ich nur im Knast war, damit ein Exempel statuiert werden konnte. Meine U-Haft sollte also abschreckend für alle Menschen wirken, die sich in irgendeiner Form gegen die herrschende Klasse wehren.

Dieser Warnschuss ging aber in die falsche Richtung. Menschen, die noch nicht politisch interessiert waren, wurden politisiert dadurch, verschiedenen Positionen, Menschen und Gruppen kamen zusammen, diskutierten und setzen Ihre Solidarität um.

Der Knast schwächt Menschen nicht sondern stärkt sie, sofern sie auf die grosse Solidarität von aussen zählen können. Die Solidarität verbindet drinnen und draussen, was auch sehr wichtig ist, da zwar einzelne von uns in Haft sind, aber alle damit gemeint sind.

Wie wichtig die Solidarität ist, hat auch die Staatsanwaltschaft bemerkt. Zahlreiche Briefe wurden wegen politischem Inhalt oder anderen fadenscheinigen Begründungen nicht an mich weitergeleitet. Politische Bücher wurden zurückgehalten. Sogar beim heutigen Prozess wird die Öffentichkeit ausgeschlossen. Das Appelationsgericht hat zwar beschlossen, dass fünf Personen meiner Wahl zugelassen sind. Bei dieser Farce mache ich jedoch nicht mit, deshalb bleiben die fünf Stühle heute leer. Selbst meine Eltern bleiben draussen um die solidarischen Menschen zu unterstützen und weil sie begriffen haben, dass dies ein politischer Prozess ist.

Als in Basel ca. 1000 Menschen auf dem NT-Areal waren und sich Raum angeeignet haben, waren in Bern über 10‘000 Menschen für ähnliche Anliegen auf der Strasse. Mit meiner U-Haft sollte ein Zeichen gegen die Aneignung des öffentlichen Raumes gesetzt werden. Es gibt jedoch genügend Menschen die sich durch die Repression nicht beeindrucken lassen. Im Gegenteil, es haben sich sogar eher unpolitische Menschen mit mir solidarisiert und sind über die unverhältnismässige U-Haft empört.

In den Städten wird der öffentliche Raum immer mehr überwacht. Argumentiert wird dabei oft, dass es um die Sicherheit der Menschen geht. In Wahrheit geht es nur darum, den öffentlichen Raum zu kontrollieren. Erlaubt ist nur, was nach der kapitalistischen Logik Profit einbringt. Ganze Stadtteile werden aufgewertet indem bezahlbare Wohnungen renoviert werden und somit für die normale Bevölkerung unbezahlbar sind. Das spielt sich sowohl in Zürich wie auch in Basel und vielen anderen Städten genau gleich ab. Sei es nun der öffentliche Raum oder sogar billiger Wohnraum, die Menschen werden überall vertrieben. Dass sich Widerstand dagegen lohnt zeigen verschieden Beispiele, wie zum Beispiel in Spanien wo sich Bewohner erfolgreich gegen die Räumung Ihrer Wohnungen zur Wehr setzen.

Wir lassen uns jedoch die Strasse und den öffentlichen Raum nicht nehmen. Die Repression schwächt uns nicht sondern stärkt uns, dank der grossen Solidarität. Drehen wir den Spiess um – unsere Solidarität gegen eure Repression.