Von: http://ch.indymedia.org/de/2014/01/91265.shtml
Wir haben in den Wochen vor dem WEF (Januar 2014) Verantwortliche des Baus und der Verwaltung der Europaalee in Zürich mit Farbe und Steinen angegriffen. Getroffen wurden: KCAP Architects and Planners, Hochbaudepartement Zürich, Amt für Städtebau Zürich und das Architekturbüro Gigon – Guyer. Wir setzen ein Zeichen gegen die Stadtaufwertung im Interesse des Kapitals – so, wie es am World Economic Forum diskutiert wird.
Es ist hinlänglich bekannt: Immer mehr Menschen wohnen in Städten. Über 50% der Weltbevölkerung wohnt in urbanen Räumen und nicht mehr in ländlichen Gebieten. Die Tendenz ist steigend. Diese Entwicklung eröffnet ein lukratives Feld für internationales und nationales Kapital. Auf der Suche nach Möglichkeiten des Profits nach dem jüngsten systemimmanenten Crash von 2008 wittert man hier das grosse Geld. Die Logik ist einfach: Der Raum ist beschränkt und die Anzahl BenutzerInnen nimmt zu – beste Umstände, um eine hohe Kapitalrendite zu erwirtschaften.
Die Konsequenzen sind klar. Mit wem sich kein Geld machen lässt, der oder die soll aus den aufzuwertenden Zentren vertrieben werden. Dabei wird auf verschiedene Mechanismen zurückgegriffen. Auf der einen Seite steht die Aufwertung mittels stets steigender Mieten. Neue Gebäude oder frisch sanierte Häuser werden teurer verkauft und vermietet als zuvor. So vollzieht sich die Aufwertung gewissermassen im privaten Raum. Es ist klar, dass diese Aufwertung auch im öffentlichen Raum geschehen muss. Neue, reichere BewohnerInnen sollen auf sauberen, sicheren Strassen flanieren können. Wo zuvor über Jahrzehnte nichts für die bisherigen AnwohnerInnen getan wurde, wird jetzt auf einmal alles blankgefegt von Graffitis und unwillkommenen Gästen. In jeder Stadt lassen sich solche Beispiele finden, in Zürich exemplarisch die Gegend rund um die Weststrasse oder die Langstrasse.
Damit verschärfen sich die Spannungen in den Städten, die Widersprüche zwischen verschiedenen Interessensgruppen nehmen zu. Verständlich: Wer lässt sich schon gerne aus seinem oder ihrem Quartier vertreiben. Die Antwort von oben: Ausbau der Sicherheitskräfte (Richard Wolff und seine „Night Police“ lassen grüssen), Verbesserung der Überwachung (man schaue nur, wie viele Kameras jeweils an stadtzürcher Schulhäusern platziert werden) und Mittel der räumlichen Kontrolle (Einführung von Rayonsverboten für unliebsame Gäste, permanente Polizeikontrollen in aufzuwertenden Quartieren).
Nun, in Zürich ist die Europaallee aktuellstes und bestes Beispiel für die Aufwertung. Als Einfallstor des Kapitals in Richtung Langstrasse gedacht, werden Gebäude aus dem Boden gestampft, die nur den gut zahlenden Firmen (UBS, CS, Clariden Leu) und reichen künftigen BewohnerInnen dienen (Einstiegspreis für eine Wohnung im Baufeld G bei ca. 1.5 Millionen CHF). Die Europaallee ist dabei auch ein Beispiel für den zunehmenden internationalen Wettbewerb zwischen den globalen Grossstädten (wie auch London, New York, Hamburg, Hong-Kong). Gigantische Prestigeobjekte sollen ausschlaggebende Faktoren für die Wahl von Firmensitzen darstellen. Nur wer mitzieht, kann sich über den Zuzug von Topfirmen „freuen“.
Am nächste Woche stattfindenden World Economic Forum in Davos gehört das Thema „Die wachsende Bedeutung globaler Megacities“ mit auf die Liste der zehn globalen Top Trends. Konfrontiert mit den Widersprüchen, die sich bei der Durchsetzung von Stadtaufwertung wie oben skizziert auftun, scheint es nur logisch, dass die „Elite“ von internationalem und nationalem Kapital sich über Lösungsvorschläge austauschen will. Im „Outlook on the Global Agenda 2014“ werden Städte als „beste Hoffnung zur Bewältigung riesiger Herausforderungen“ bezeichnet, da sie „[Orte] von Innovation, Ideen und Vermögensproduktion sind“. Die genannten Herausforderungen sind die, für die der Kapitalismus seit Jahrhunderten grade steht: Ungleichheit und Ausbeutung. Sieben der Veranstaltungen in Davos widmen sich explizit urbanen Themen. Angesichts der Zusammenstellung der OrganisatorInnen und der Teilnehmenden ist klar, welche Perspektive eingenommen wird – diejenige des Kapitals.
Um gegen den Bau der Europaallee als konkretes Beispiel der Stadtaufwertung im Sinne des Kapitals zu demonstrieren, haben wir folgerichtig KCAP Architects and Planners (Wasserwerkstrasse 129, Zürich, Masterplanung des Baus), das Hochbaudepartement und Amt für Städtebau (Lindenhofstrasse 19, Zürich, städtische Baubeteiligte), sowie Gigon – Guyer (Carmenstrasse, Planung und Architektur) angegriffen.
Vertreter der Stadtaufwertung sind angreifbar – verschärfen wir die Auseinandersetzung!