Dieser Beitrag des Aufbaus stammt aus dem Faltblatt zum Frauenkampftag in Zürich:
Weg mit TiSA und TTIP! Privatisierer enteignen!
TiSA hat Auswirkungen auf das ganze Leben
TiSA (Trade in Services Agreement) heisst so viel wie «Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen». Höchste Priorität hat die Privatisierung staatlicher Betriebe und die Verhinderung einer eventuellen Rückübernahme durch die öffentliche Hand. Das internationale Handelsabkommen beschliesst also Privatisierungen, Sparmassnahmen und Angriffe auf die Arbeitsbedingungen. Der Kapitalismus strebt nach solchen Abkommen, um noch mehr Werkzeuge für die Kapitalverwertung in die Hand zu bekommen. Um Kapital profitabel zu investieren, sind die Sektoren, die noch in öffentlicher Hand sind, ein gefundenes Fressen.
Krisenlösungsstrategie von «rot» bis grün heisst Privatisierung
Ihre «Krisenlösungstrategie» heisst also, immer aggressiver neue Anlage- und Investitionsfelder für das Kapital zu schaffen, damit die Verwertungsmaschine weiter läuft. Ihre Strategie ist es, im ersten Liberalisierungsschritt staatliche Betriebe durch Verträge in den «Sachzwang» des Wettbewerbs zu zwingen, wie bei TiSA oder TTIP (siehe Kasten). Aktuell erleben wir dies mit den Fallkostenpauschalen und mit der Strommarktliberalisierung. Dies gibt in einem zweiten Schritt den Befürwortern von mehr Autonomie und Flexibilität staatlicher Betriebe die gesetzliche Grundlage in die Hand, privatrechtliche Organisationsformen und schliesslich die Privatisierung durchzusetzen.
Diese Vermarktungsideologie konnte sich in allen Regierungsparteien tief verankern. Auch SP oder Grüne wehren sich nicht gegen kapitalistische Verwertungsgesetze. Vielmehr kommt dem sozialdemokratischen Bürgertum die spezifische Rolle zu, Privatisierungen schleichend umzusetzen und uns schmackhaft zu machen, beispielsweise in Form von Auslagerungen, Public-Private-Partnerships oder New Public Management. Während die FDP also schroff und laut die Privatisierung fordert, wird die «rot-grüne» Regierung diese leise mittels Salamitaktik einführen. Dies geschieht etwa mit der Überführung von öffentlichen Spitälern in Aktiengesellschaften.
Proletarische Frauen in die Offensive!
Was bedeutet dies für uns proletarische Frauen? In der Schweiz arbeiten rund 74 % der Erwerbstätigen im Dienstleistungssektor. Die Lohnarbeit der Frauen konzentriert sich heute noch ausgeprägter als früher auf den Dienstleistungsbereich, wo sie vor allem im Gesundheitswesen, in der Bildung und im Sozialen tätig sind. Durch den internationalen Kostenwettbewerb steigt der Druck auf die Arbeitenden: Arbeitshetze und Lohndrückerei sind an der Tagesordnung. Kapitalismus in der Krise bedeutet auch Angriffe auf die Errungenschaften der Frauenbewegung und die Stärkung der antiemanzipatorischen Kräfte! Durch Sparmassnahmen in öffentlichen Sektoren und Privatisierungen werden auf der einen Seite Betreuungsangebote abgebaut oder verteuert. Und auf der anderen Seite Löhne und Sozialleistungen gekürzt.
Denn es sind die Frauen, die viel zu verlieren, bzw. zu gewinnen haben. Viele Frauen sind an den Kämpfen und am Widerstand gegen Privatisierungen in ganz Europa beteiligt. In Irland kämpft die Bewegung Right2water mit einem Boykottaufruf gegen die Bankenrettung und die Privatisierung der Wasserversorgung. In Zürich kämpft die Gruppe «Zürich bleibt Öffentlich» gegen die Privatisierung unserer Spitäler.
Verändern heisst aktiv für eine andere Gesellschaft einstehen
Umso wichtiger sind unsere kleinen, aber offensiven Schritte, die wir als kämpferische Angestellte und ArbeiterInnen heute machen. Der Widerstand gegen kapitalistische Ausbeutung hat aber nur dann eine Chance, wenn wir ihn auch inhaltlich offensiv führen. Es muss gerade heute in der Krise um mehr gehen als die Verteidigung des Bestehenden. Es kann nicht darum gehen, nur den Kampf gegen Privatisierung zu führen – sondern wir Alternative zu entwickeln. Wenn klar ist, dass die Profitlogik den öffentlichen Dienst zerstört, warum sollen dann andere lebenswichtige Produktionsbereiche, wie etwa die Lebensmittelproduktion, in privater Hand bleiben? Deshalb wollen wir alle Produktionsbereiche den kapitalistischen Profit-Gesetzen entreissen. Gesellschaftliche Produktion muss so organisiert werden, dass sie uns Menschen dient – und nicht dem Kapital. Das nennen wir Kommunismus: Eine Gesellschaft, in der die Bevölkerung entscheiden kann, was wie produziert und was wie verteilt wird.
Privatisierer enteignen!
Vergesellschaftung aller Produktions- und Dienstleistungsbereiche!
Reaktionäre zurückschlagen!
Solidarität mit dem Befreiungskampf in Rojava!
Für den Kommunismus!
TiSA
Seit 2012 wird das Abkommen über Handel mit Dienstleistungen (TiSA) im kleinen Kreis der «Really Good Friends of Services» unter Federführung der USA und EU, von Japan, Australien und Kanada verhandelt. Die Verhandlungen finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit in der australischen Botschaft in Genf statt.
Mit TiSA soll eine Weichenstellung erfolgen, welche nur noch weitere Marktöffnungen, jedoch keinerlei neue Regulatorien mehr erlaubt. Es bezweckt einen Zwang zur permanenten Liberalisierung. Im Kern umfasst das Abkommen folgende Punkte:
– Gleichstellung privater und öffentlicher Dienstleistungsanbieter – werden öffentliche Schulen staatlich subventioniert, muss zukünftig auch eine Privatschule in den Genuss derselben Förderung gelangen.
– Stillhalteklausel bzgl. bereits erfolgter Liberalisierungsschritte: Bereits privatisierte Wirtschaftsbereiche können nicht mehr reguliert werden.
– Ratchet-Klausel: Auch zukünftige Liberalisierungsmassnahmen sind nicht umkehrbar.
Mit TiSA werden grundsätzlich alle Lebensbereiche automatischw der kapitalistischen Verwertung preisgegeben. Lediglich explizit benannte Ausnahmen sollen ausgeklammert werden.
Damit knüpft TiSA direkt an das 1999 in Seattle dem Druck der Strasse unterlegene multilaterale Investitionsabkommen MAI an.
TTIP
Die transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) wird seit 2013 zwischen der EU und den USA verhandelt.
Die Details des Abkommens sind weitgehend unbekannt, auch diese Verhandlungen finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. An der Oberfläche dreht sich TTIP um folgende Kernpunkte:
– Deregulierung des Finanzsektors
– Vereinheitlichung von Zulassungsverfahren, beispielweise sollen in den USA zugelassene Medikamente automatisch auch in der EU verkauft werden dürfen
– Angleichung der Lebensmittel-Richtlinien, die USA möchte beispielweise die Zulassung gentechnisch veränderter Organismen erwirken
– Einführung einer supranationalen Gerichtsbarkeit, welche es (nur) Unternehmen erlaubt, einzelne Staaten unter dem Vorwand der «indirekten Enteignung» einzuklagen
Im Wesen zielt TTIP darauf ab, die Kampfmittel des imperialistischen Kapitals weiter auszubauen. Das neu geplante «Schiedsgericht» – das Investor State Dispute Settlement ISDS – dient der Disziplinierung der Werktätigen. Nicht zu Unrecht wird TTIP deshalb auch als «Wirtschafts-NATO» bezeichnet.