Aufbau 81: Krieg und anhaltende Krise – beim G7 gilts ernst

G7-GIPFEL Vom 7.-8. Juni findet im abgeschiedenen bayrischen Elmau der diesjährige G7-Gipfel statt. Im Fokus stehen dabei neben der erneuten Thematisierung des Ukrainekonfliktes weitere imperialistische Interventionsfelder und zentrale Wirtschaftsfragen rund um die Freihandelsabkommen.

(agkkz) Auffallend dominant sind beim diesjährigen Gipfeltreffen verschiedene Fragen der Sicherheitspolitik auf der Traktandenliste aufgelistet. Es soll einerseits erneut über die Ukraine diskutiert werden, um dabei endlich Einigkeit über mögliche Waffenlieferungen oder andere Konsequenzen zu erzielen. Andererseits soll es auch um die anhaltende Bedrohung durch den IS und andere Formen des «Terrorismus» gehen. Dass selbst die Ebola-Epidemie unter dem Titel «Aussen- und Sicherheitspolitik» thematischer Bestandteil des Treffens sein wird, deutet darauf hin, dass eine strategische Stossrichtung der G7-Staaten künftig darin liegen wird, keine weiteren Krisenherde und fragmentierte, instabile Regionen zuzulassen.

Denn unzufrieden mit dem eigenen Vermächtnis im Irak und dem Blick auf bestimmte Regionen Afrikas zeigt sich für die Herrschenden gegenwärtig, dass mit wenig staatlicher Autorität ausgestattete Regionen rasch von unliebsamen, oftmals islamistischen Gruppen vereinnahmt werden können. Und eine weitere Ausdehnung von solchen Kriegs- und Krisenregionen, beispielsweise in die Länder des Maghreb, könnte insbesondere den europäischen G7-Staaten teuer zu stehen kommen. Wie eine solche imperialistische Stabilisierungspolitik zukünftig aussehen könnte, zeigte sich anfangs April, als die amerikanische Regierung den 2013 zwischenzeitlich eingefrorenen Waffendeal mit Ägypten wieder in Kraft setzen liess. Tat man früher wenigstens noch rhetorisch so, als seien solche Deals an die Wahrung von Menschenrechte geknüpft, legitimierte Obama seinen Handel lapidar mit Gründen der nationalen Sicherheit. Will heissen, so lange Ägypten in der Region für Stabilität sorgt, dürfen sie ausgestattet mit Waffen aus dem Westen tun und lassen was sie wollen. Wie es sich aktuell auch bei der ziellosen Bombardierung des Jemens durch die arabischen Interventionsmächte zeigt.

Freihandel als Krisenbewältigung

Doch damit lösen die G7-Staaten weiterhin nicht ihr zentrales Problem. Denn wie in den letzten Jahren schon fehlt es noch immer an rentablen Investitionsmöglichkeiten. Die immer tiefere Profitrate lässt Investorenzögern und Kapital brach liegen. Vor allem Deutschland und die USA pochen hierbei auf die neuen Freihandelsabkommen TISA und TTIP als ökonomische Gegenmassnahmen. Die Aufhebung von nationalstaatlichen Protektionsmöglichkeiten und die Verminderung von Zollhürden sollen die Kapitalakkumulation langfristig erleichtern und neuen Schwung in die Weltwirtschaft bringen. Verklausuliert bedeutet dies gemäss dem offiziellen Programm, dass die G7-Staaten sich am diesjährigen Treffen besonders stark für «offene Weltmärkte» einsetzen wollen und darum ersuchen «den internationalen Handel weiter zu stärken». Was nichts anderes bedeutet, als dass auch in der Abgeschiedenheit von Elmau über die neuen menschenfeindlichen Freihandelsabkommen diskutiert werden wird.

Einigkeit nach aussen – Widersprüche nach innen

Doch die anhaltende wirtschaftliche Krise bleibt eben auch eine politische Krise. So entwickelt sich innerhalb des Staatenbundes ein zunehmendes Handlungsparadox. Einerseits findet aus Gründen der Statuswahrung ein verstärkter kollektiver Kampf gegen wirtschaftlich aufstrebende Staaten statt, was vordergründig zu einem gemeinsamen Auftreten gegen aussen führt. Andererseits aber nehmen auch nationalstaatliche Partikularinteressen zu und die Widersprüche zwischen den G7- Staaten verschärfen sich. Was beispielsweise im Konflikt um die Ukraine zu beobachten ist: So stark sich die aktuellen Mitgliedsländer rhetorisch gegen Russland positionieren mögen, so uneins sind sie doch in der Frage der zu wählenden Strategie. Die amerikanische Regierung sprach hierbei gar von «taktischen Meinungsverschiedenheiten» und meint damit die vorherrschende Uneinigkeit darüber, mit welchen Mitteln im Konflikt eingegriffen werden sollte. Während die Regierung Obamas für Waffenlieferungen plädiert, sträuben sich manche europäischen Staaten und wollen lieber auf den Verhandlungstisch setzen.

Solche Widersprüche gibt es aber auch zunehmend in wirtschaftlichen Fragen. Während Merkel beispielsweise fordert, dass das TTIP-Abkommen 2015 abzuschliessen sei, wehrt sich vor allem Frankreich gegen das darin von den USA geforderte «Investor-Staat-Streitschlichtungsverfahren». Damit wäre die Möglichkeit vorgesehen, dass gerichtlich gegen ein Staat vorgegangen werden kann, dessen Gesetzgebung sich negativ auf die Geschäfte eines Unternehmens auswirken. Durch den Widerstand Frankreichs und anderer europäischer Vertreter verzögert sich aktuell die Umsetzung des Abkommens weiterhin. Ein anderer Streitpunkt ist der wirtschaftliche Umgang mit China. So liess die amerikanische Regierung unlängst verlauten, dass sie unzufrieden mit der Entscheidung Londons sei, die neue chinesische «Investment Bank für Infrastruktur» zu unterstützen. Denn so fürchtet sich das Weisse Haus davor, dass die Weltbank im asiatischen Raum an Einfluss verlieren könnte. Grossbritannien und andere europäische Staaten hingegen sehnen sich nach den möglichen Renditen und spekulieren darauf, dass die Aufträge für die aus der neuen Entwicklungsbank finanzierten Infrastrukturprojekte wohl an Firmen aus den Mitgliedsstaaten vergeben werden.

Es herrscht eine innere Zerstrittenheit, die jedoch gerade angesichts des Konfliktes mit Russland oder der anhaltenden möglichen Verwundbarkeit durch Terroranschläge nicht nach aussen getragen werden darf. Davon zeugen auch die erweiterten Themenbereiche des kommenden Gipfeltreffens. So mag es einerseits eine bekannte PR-Strategie sein, dass neben den erwähnten Themen auch der «Meeresumweltschutz» oder die weltweite Gesundheitspolitik auf der publizierten Traktandenliste stehen. Andererseits aber geht es dabei auch darum, gemeinsame Positionen erarbeiten und veröffentlichen zu können. Denn während zur Ukraine oder zur wirtschaftlichen Entwicklung käumlichst eine verbindliche Strategie gefasst werden wird, werden sich die sieben Staaten problemlos dazu einigen können, die Meere besser schützen oder Massnahmen gegen Infektionskrankheiten ergreifen zu wollen. Freilich am liebsten dort, wo die eigene Hemisphäre nicht tangiert wird und sich die daraus folgenden Taten als humanitäre oder umweltbewusste Interventionen verkaufen lassen.

Auf zum Schloss Elmau!

WIDERSTAND Das Treffen in Elmau werden wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Ein breites Bündnis und verschiedene revolutionäre Zusammenhänge rufen schon jetzt dazu auf, rund um das Gipfeltreffen vielfältigen Widerstand zu leisten.

(agkkz) Nachdem am 3. und 4. Juni in München ein Alternativgipfel über die Bühne gehen soll, beginnen ab dem 4. Juni die eigentlichen Aktionen vor Ort. Mit Camps, einem Sternmarsch zum Tagungsort, Blockaden und der angekündigten Grossdemo am 6. Juni in Garmisch-Partenkirchen soll der Ablauf des Gipfeltreffens aktiv gestört werden. Dabei werden die unterschiedlichen Kritikthemen, vom Freihandel über die Zerstörung der Umwelt bis hin zu den aktuellen Kriegstendenzen, jeweils ihren angemessenen Raum erhalten. Die bergige Region, der angrenzende Wald und das offene Feld bieten zudem ungeahnte Möglichkeiten für kreativen Protest. Die Anzahl möglicher und zu blockierender Zufahrtswege zum Tagungsort lässt sich an einer Hand abzählen und schon jetzt liess der Landespolizeipräsident verlauten, dass wer sich im dichten Wald verstecke nur schwerlich festgenommen werden könne. Das soll freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass die angekündigten 15’000 Polizisten, samt zwischenzeitlich wieder eingeführter Grenzkontrolle einem das Leben schwer machen werden.

Aus der Schweiz nach Elmau!

Doch der vergangene internationale Protesttag in Frankfurt gegen die Eröffnung der EZB hat gezeigt, dass auch bei angeblicher Übermacht der Polizei einiges an kraftvollen Aktionen möglich sein kann. Und so werden wir uns auch wieder an den Protesten gegen den G7-Treffen beteiligen. Denn in Elmau ergibt sich die reale Chance, das Gipfeltreffen in seinem Ablauf stören und die Herrschenden an ihren Gesprächen hindern zu können. Es lohnt sich also, sich schon frühzeitig Gedanken über mögliche Anreisewege und Protestformen zu machen. Hierzu bieten wir allen Interessierten an, mit uns in Kontakt zu treten oder sich über unsere Homepage mit den neusten Infos einzudecken.