BS/WaR (15.11.15): Erlebnisbericht zum zweiten Aufmarsch des Friedlichen Widerstand Dreiländereck

Übersicht zu den rechtsradikalen Mobilisierungen in Weil am Rhein.

Wie die Rechten bereits im ersten Aufruftext androhten (Siehe Erlebnisbericht zum ersten Aufmarsch des Friedlichen Widerstand Dreiländereck), mobilisierten sie auch eine Woche später nach Weil am Rhein. Auf diesen zweiten Aufmarsch versuchten sie ihr Mobilisierungspotential zu vergrössern, indem sie die Anschläge in Paris am Freitag ausnutzten. Als Organisator treten erneut Sven Diesslin und Andy Weigand auf. Auffallend ist, dass sich offenbar mehr Mühe gemacht wurde, ein rechtsradikales Image zu vermeiden. Sowohl Zeit als auch Ort der Mobilisierung hat sich geändert: So war die Besammlung auf dem Marktplatz – trotz dem wohlklingenden Namen eher Hinterhof einer Wohnsiedlung als zentraler Platz in der Stadt, und der Beginn wurde auf 17:00 vorverlegt. Auf die allzu auffällige Aufforderung, auf Alkohol und Waffen zu verzichten, haben sie verzichtet.

Rund 70 Menschen folgten dem rechten Aufruf, zu einem grossen Teil vom Äusseren her der „klassischen“ Nazi / Hooligan-Szene zuordenbar. Geschützt hinter einem grossen Polizeiaufgebot, das das Quartier rund um den Marktplatz bereits am Nachmittag besetzte, konnten die rechtsradikalen eine Kundgebung abhalten. Auffallend war, dass – neben Sven Diesslin und Andy Weigand – Tobias Steiger von Pegida Schweiz prominent auftrat. Nach einer Schweigeminute für die Terroropfer in Paris wurde von den „alten“ Organisatoren verkündet, dass sich der „friedliche Widerstand“ der Vereinigung „Pegida Dreiländereck“ anschliesst. Damit wurde das Wort an Tobias Steiger übergeben, eine zentrale Person bei Pegida Schweiz sowie Sprecher auf verschiedenen internationalen Pegida-Kundgebungen (Portrait). Nach eigenen Angaben wurde Pegida Schweiz vom „Friedlichen Widerstand Dreiländereck“ (die den vorhergehenden versuchten Aufmarsch vom 8. November organisiert hat) um Unterstützung angefragt, und hat den „Friedlichen Widerstand“ bei dieser Gelegenheit direkt in Pegida Dreiländereck integriert. Pegida Dreiländreck war ursprünglich zur Koordination zwischen Pegida Österreich und Pegida Schweiz gegründet worden.

Punkt 1: Versammlungspunkt Antifa. Punkt 2: Antifa direkt bei Pegida-Versammlung rückseite Marktplatz. Punkt 3: Pegida-Versammlungspunkt. Punkt 4: Berlinerplatz, Beginn der grösseren linken Demo. Punkt 5: Geplanter Endkundgebungspunkt Pegida, reeller Endpunkt linke Demo.

Die antifaschistische Mobilisierung gegen die Pegida-Versammlung lief aufgrund der zeitlichen Verschiebung eher chaotisch ab: Verschiedene Treff- und Zeitpunkte vor der Pegida-Mobilisierung wurden kommuniziert und Die Linke hielt (trotz Fascho-Treffpunkt um 17 Uhr) an der ursprünglichen Kundgebung um 18 Uhr 30 auf dem Rathausplatz fest. So gelang es den Rechten ihre fremdenfeindliche Versammlung abzuhalten. Erst etwa eine halbe Stunde nach deren Beginn konnten sich rund 100 AntifaschistInnen in der Nähe sammeln und durch einige Rennerei und Umlaufen von Polizeisperren an der Rückseite des Marktplatzes in Rufweite an die Pegida-Kundgebung heranzukommen. So konnte der antifaschistische Widerstand immerhin akustisch direkt an die Pegida-Anhänger getragen werden, und der Druck auf die Polizei so weit gesteigert werden, dass der geplante rechte Marsch duch die Stadt zum Bahnhof von dieser unterbunden wurde. Nachdem die Pegida-Leute tropfenweise aus dem Polizeischutz entlassen wurde, formierte sich eine antifaschistische Demonstration über Quartierstrassen richtung Hauptstrasse, die nach einigen hundert Metern von der Polizei gestoppt wurde. Nachdem die Polizei meldete, dass die Rechten aus der Stadt verschwunden seien, wurde eine Spontanbewilligung zuerst auf den Berliner Platz ausgestellt, wo sich weitere Leute der Demonstration anschlossen, die danach mit rund 300 TeilnehmerInnen bis zur bewilligten Kundgebung auf den Rathausplatz führte.

Die Polizei und auch die Rechten war bei diesem zweiten Aufmarsch in Weil am Rhein deutlich besser auf Auseinandersetzungen auf der Strasse vorbereitet als in der Woche davor. Unseres Wissens kam es nicht zu direkten Auseinandersetzungen zwischen faschistischen und antifaschistischen DemonstrantInnen. Es waren in der Stadt immer wieder kleine Gruppen von FaschistInnen unterwegs, die als KundschafterInnen und FotografInnen agierten – vorsicht ist also auch in Zukunft angebracht, z.B. durch ein Verändern des Aussehen durch Kleidung oder Mützen. Von Seiten der Polizei waren mehrere Hundertschaften aktiv, darunter mindestens eine Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE, Polizeieinheiten mit spezieller Ausbildung und Ausrüstung zum „rausgreifen“ von einzelnen Menschen aus Demonstrationen). Schon an der Grenze zwischen der Schweiz und Deutschland wurden „verdächtige“ Menschen durch Polizei und Grenzwache kontrolliert. Während dem Kessel auf dem Weg zwischen Pegida-Kundgebung und Hauptstrasse, sowie während dem bewilligten Stück der Demonstration auf der Hauptstrasse auf dem Weg zum Berlinerplatz kam es zu kleineren Übergriffen der Polizei gegenüber AntifaschistInnen. Laut Pressemitteilung der Polizei kam es zu fünf Festnahmen aufgrund von Verstössen gegen das Waffen-, Versammlungs- und Betäubungsmittelgesetz, allerdings ist anhand der Pressemitteilung nicht erkennbar, ob es sich um FaschistInnen oder AntifaschistInnen handelt.