Sonderzeitung: Sparmassnahmen und Privatisierungen

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Inhalt: Gegen den kapitalistischen Raubzug | Wie ist die Situation in den verschiedenen Bereichen? Wie können wir uns heute und morgen gegen Sparmassnahmen wehren? Wir haben aktive ArbeiterInnen und Angestellte gefragt, wie es in ihrem Bereich aussieht: mit Mario vom VBZ, Peter vom EWZ und Noemi vom Spital | Fight TiSA

Gegen den kapitalistischen Raubzug – Die Zukunft in die eigenen Hände nehmen

Angriffe auf unsere Lebensbedingungen

Das Kaputtsparen und die verschärfte Profitlogik betreffen uns in ganz verschiedenen Lebensbereichen:  als PendlerInnen in Zug, Tram und Bus durch teurere Abos; als Angestellte im öffentlichen Dienst durch Zunahme an Stress im Betrieb; als Arbeitslose durch Kürzungen und mehr stupide Kontrollen auf den Ämtern; als Leute mit einem andern Pass durch drohende Wegweisung auf öffentlichen Plätzen; als Leute, die krank werden durch die Fallkostenpauschale im Spital; als SchülerInnen, Lehrlinge und Studis durch Punktesammeln in der Ausbildung; als Leute, die älter werden durch gekürzte Renten.

Das sind Einschnitte in ganz verschiedenen Lebenslagen. Deshalb lassen sie sich nicht einfach auf einen einzelnen Nenner bringen. Das macht es schwierig, das Gemeinsame darin zu erkennen. Und genau das war auch der Plan des Regierungsrates. Es soll vereinzelt und an allen Ecken und Enden gerade so viel eingespart werden, dass sich kein kollektiver Widerstand entwickelt.

Und deshalb ist es um so wichtiger, zu sehen, was all die einzelnen Verschärfungen und Abbaumassnahmen miteinander verbindet – und dies im weltweiten Massstab. Privatisierungsabkommen wie TiSA, Austeritätspolitik wie die Auflagen der Troika in Griechenland oder die Deregulierung der Arbeitsmärkte weltweit – das sind lauter verschiedene Fronten, aber allesamt Angriffe auf die Lebensbedingungen von all jenen, die auf Lohn oder auf sozialstaatliche Leistungen angewiesen sind. Es ist eine Umverteilung von unten nach oben.
Sparen gehört zur Krise

Diese Angriffe sind nicht neu, aber sie erfahren in der ökonomischen Krise eine Verschärfung. Es ist eine Krise, die immer wieder und immer stärker kommt, solange unsere Gesellschaft nach kapitalistischen Grundsätzen funktioniert. Die Arbeitenden erwirtschaften einen Reichtum, den sich die Unternehmer aneignen. Und wenn sie als Investoren dieses Kapital nicht mehr genügend rentabel investieren können, erscheint der gesellschaftliche Reichtum als zerstörerische Kraft. Die Krise soll auf dem Rücken der Arbeitenden abgewälzt werden. Und dies ist eine ganz bewusste Strategie des Bürgertums. Zum einen sollen die Verluste vergesellschaftet werden: Die Massen – und nicht die Banken und ihre Aktionäre – bezahlen für die Krise, das ist die Umverteiltung von unten nach oben. Zum anderen stösst die Profitlogik durch Privatisierung in neue Bereiche. Die Investoren eignen sich auch die letzten privaten und öffentlichen Bereiche der Gesellschaft an.

Selbstorganisierung statt hoffen auf den Staat

Diesen Krisenangriff – Abwälzung und Offensive zugleich – kann man nicht stoppen, indem man auf den Staat baut. Klar, der Sozialstaat selbst wurde damals vor gut hundert Jahren von einer starken ArbeiterInnenbewegung erkämpft. Er war ein Kompromiss, mit dem das Bürgertum ihren Kapitalismus retten konnte. Er funktionierte aber nur, indem ein Teil der aufbegehrenden Massen integriert wurde und sich der Sozial- und Nationalstaat gleichzeitig von anderen Teilen des Proletariats abschottete. Heute – in den globalen Kampflagen – funktioniert ein solcher schottendichter Sozialstaats nicht mehr. Und darüber dürfen wir uns keine Illusionen machen, denn wenn wir nur ein „Zurück“ zu alten Verhältnissen fordern, werden diese Verhältnisse reaktionär. Gerade unter den aktuellen Bedingungen einer objektiven ökonomischen Krise – nicht nur einer vom Bürgertum politisch gewollten Sparpolitik – führt die Forderung nach einem Sozialstaat alten Schlags eine Spaltung innerhalb der lohnabhängigen Bevölkerung herbei.

Dies festzustellen heisst natürlich nicht, dass uns Sozialabbau egal sein soll, im Gegenteil. Es geht vielmehr darum, in jedem einzelnen Kampf das Gemeinsame von unten herauszuarbeiten und zu zeigen, wo die Trennlinie gegen die Profitlogik und gegen das Verwalten und gegeneinander Ausspielen von Forderungen liegt. Dazu gehört, gesellschaftliche und soziale Kämpfe als das zu benennen, was sie sind, nämlich Klassenkämpfe – Kämpfe der lohnabhängigen Klasse gegen eine kleine Minderheit von Kapitalbesitzenden. So können Kämpfe um Staatsbetriebe erst kraftvoll werden, wenn sie nicht primär von vereinzelten „KundInnen“, sondern von einem kollektiven Interesse von ArbeiterInnen geführt werden. Uns vereint, dass wir von diesem System nicht profitieren, aber zum Mitspielen gezwungen sind. Lohnabhängige erwirtschaften gemeinsam den ganzen Reichtum dieser Gesellschaft, die Kapitalbesitzenden sahnen den Profit ab, die arbeitslose Reservearmee und die nicht Verwertbaren erhalten die Brosamen. Und das Wissen darüber, dass wir ein schönes Leben führen könnten, wenn eine Gesellschaft nicht nur dem Profit unterjocht wäre, kann die Verteidigung des Sozialstaats mit dem Kampf um eine fundamental andere Gesellschaft verbinden.

Mario, VBZ: «Der Streik hat uns geholfen»

RAS: Ihr seid die Sektion des VPOD, die mit einem Streik 2011 aufgefallen ist. Das war ein mutiger Entscheid. Wie hat sich die Situation nach dem Streik entwickelt? Konntet ihr euch mit euren Forderungen durchsetzen? Und werdet ihr seither anders respektiert im Betrieb? Hat sich das Kräfteverhältnis verändert?

Mario: Es war ein mutiger Entscheid damals, aber er war richtig. Nur so konnten wir Druck für unsere Forderungen machen und danach konnte dann auch einiges tatsächlich verändert werden. Ein zentrales Problem war ja damals, dass wir Fahrer enorme Konflikte mit den Gruppenleitern hatten. Diese Gruppenleiter setzten uns enorm unter Druck, die Leute wurden gemobbt, wurden depressiv. Und mit den Zielbeurteilungs-Gesprächen haben die Gruppenleiter ein Mittel in der Hand richtig Druck auf die Fahrer aufzusetzen. Mit dem Streik sagten wir auch, dass damit endlich Schluss sein muss. Und das kam oben auch an. Wir konnten uns direkt nach dem Streik einigen und haben uns gefunden. Man konnte sich im Betrieb endlich wieder die Hand geben und es gab ein gutes Klima. Es brauchte diesen Streik, damit die Leitungen verstanden, was für eine Macht wir eigentlich haben.

Aber diese gute Stimmung hielt auch nicht so lange an. Nach ein paar Monaten begann die tolle schöne Fassade zu bröckeln und wir sind wieder daran, in das alte Fahrwasser zu geraten. Die Stimmung wird leider wieder schlechter durch verschiedene Situationen. Es gibt Null Kommunikation vom Betrieb und die Situation mit den Gruppenleitern hat sich auch nicht verbessert. Sie halten sich schon wieder für Götter. Der Respekt vor uns ist leider nicht mehr von allen da, oder besser gesagt, noch immer nicht da. Das Kräfteverhältnis im Betrieb hat sich auch wieder verändert. Wenn wir uns mit der Geschäftsleitung nicht einigen können, beginnt diese im Betrieb hinten rum Stimmung gegen uns Fahrer zu machen. Sie fördern dann bewusst Kollegen, die nicht gewerkschaftlich organisiert sind, um uns Gewerkschaftern zu entgegentreten zu können. Auch hier kommen wir also bald wieder in die Wild-West-Stimmung wie vor dem Streik zurück. Die Gruppenleiter misstrauen uns Fahrern völlig und können wieder willkürlich mit uns umgehen. Die Geschäftsleitung macht sich die Finger natürlich nicht dreckig und hat nichts aus den Fehlern gelernt. Wenn ein Gruppenleiter wieder mal über die Stränge geschlagen hat, ist das aus Sicht der Geschäftsleitung dann ein einmaliger Ausrutscher. Es gibt eine Rüge, aber das generelle Problem bleibt, nämlich, dass die Gruppenleiter freie Hand haben. Die Reaktion der Kollegen ist die gleiche wie vor dem Streik. Sie melden sich krank. Das ist schade, wir waren auf einem guten Weg, doch wenn es so weiter geht, sind wir bald wieder da, wo alles begann: einem Betrieb mit viel Wut, wenig Hoffnung und null Verständnis für Kolleginnen und Kollegen im Fahrdienst.

RAS: Die Unia hat damals den Streik nicht unterstützt. Das war auch kontrovers, weil sie sich als Konkurrenzgewerkschaft aufgestellt hat. Haben sich die Wogen heute geglättet? Konnte die Spaltung überwunden werden?

Mario: Nein, bis heute konnte man das nie richtig bereinigen, obschon es viele Sitzungen gab. Diese Geschichte ging sogar bis ganz nach oben im Gewerkschaftsapparat. Aber ohne Erfolg. Leider ist die Spaltung ein Stück weit bis heute so geblieben. Den Kollegen wurde bei der UNIA viel versprochen, so wechselten viele zur UNIA. Doch was übrig bleibt ist, dass die UNIA heute das Mandat wieder an uns abgegeben und sich aus der VBZ zurückgezogen hat. Wir halten unsere Versprechen, so sind einige Kollegen – auch aktive – wieder zur VPOD-Betriebsgruppe gekommen, andere aber nicht. Alles in allem gab diese Spaltung viel Stress und böses Blut. Und das damit am Schluss alles wieder so ist wie es früher war. Eventuell würden neue Gespräche diese Missstimmung mit einigen Kollegen bereinigen, gerade jetzt, wo Roman Burger nicht mehr bei der UNIA ist. Aber wir haben müssen vorwärts schauen und sollten nicht in den alten Geschichten rumbohren.

RAS: Kannst du dennoch verstehen, weshalb die Kollegen der UNIA mehr zutrauten? War die Geschichte damals nicht trotzdem auch ein Ausdruck für eine kämpferischere Linie von Kollegen, die vielleicht auch den VPOD dazu gebracht hat, kämpferischer in die Verhandlungen einzutreten?

Mario: Klar hat das auch einen positiven Einfluss auf uns gehabt. Die Kollegen waren mit der Politik der Gewerkschaften in der VBZ unzufrieden, auch mit uns. Sie wollten, dass wir nicht nur immer reden, sondern endlich handeln. Die UNIA war da ansprechend, weil sie in Bereichen wie dem Bau sehr kämpferisch auftritt und auch mal einen Betrieb von aussen bestreiken kann. Sie hat dieses kämpferische Image. Sie sagten dann bei der VBZ, wenn mindestens 100 Kollegen organisiert werden können, steigt sie ein. Aber bei der VBZ ist die ganze Sache nicht so einfach. Da kannst du nicht so auftreten. Aber klar, diese Episode hat uns auch kämpferischer gemacht.

RAS: Ein Nachgang auf den Streik war ja die Zukunftsplattform. War das je ein ernstgemeintes Angebot der Mitbestimmung? Was waren die Diskussionen, die euch wichtig waren dort? Und wurdet ihr dort ernst genommen?

Mario: Ja, als Antwort auf den Streik führte die Geschäftsleitung die so genannte Zukunftsplattform ein. Damit wollte sie gegen aussen zeigen, dass sie auf unsere Anliegen eingehen. Es wurden dann in allen VBZ-Abteilungen Delegierte gewählt, die die Interessen der Kollegen in der Abteilung vertreten sollten. Da waren 15 Angestellte und 6 Leute von der Geschäftsleitung. Wir Fahrer hatten am Anfang natürlich sehr viele Fragen. Wir waren ja auch die, die den Streik geführt haben. Aber die anderen Delegierten nahmen unsere Probleme dort in der Zukunftsplattform nicht genügend ernst, sie haben wieder nicht begriffen, wie brisant es bei uns im Fahrdienst ist.

Man muss sagen, die Zukunftsplattform war letztlich ein reines Debakel und eine peinliche Aktion der Geschäftsleitung. Es hiess, dass wir alle auf Augenhöhe über die Zukunft des Betriebs sprechen können und dass wir sagen dürfen, was wir wollen. Aber dem war nie so. Das Ganze war eine Beschwichtigungsmethode und für das soziale Image gegen aussen. Wir hatten gerade mal alle 2 Monate eine Sitzung und die Geschäftsleitung gab uns im Ernst vor, um was gesprochen wird und um was nicht. Sogar die Vorbereitungszeit für diese Sitzungen wollte die Geschäftsleitung uns nicht vergüten. Man muss sich das mal vorstellen. Wir sollten ihre Projekte und Vorschläge mit unseren Kolleginnen und Kollegen besprechen. Das hätten wir ausserhalb der Arbeitszeit machen müssen. Wir verlangten natürlich, dass so etwas auch vergütet wird. Aber wir mussten um jedes Stündchen Bitti-Bätti machen und die Geschäftsleitung sagte dann immer, sie könnten so etwas – es geht hier um drei zusätzliche Stunden – nicht einfach so entscheiden. Gleichzeitig kam die Geschäftsleitung schon bald damit, dass sie keine Zeit hätten sich um die Zukunftsplattform zu kümmern, und stellte tatsächlich einen Direktor an. Dieser Hochbezahlte hockte ab da dann ebenfalls in der Zukunftsplattform, zusammen mit der Geschäftsleitung. Das ist nur noch frech, für so jemanden wir dann Geld locker gemacht.

Die Zukunftsplattform hat schliesslich absolut nichts gebracht. Man wollte weder etwas ändern, noch uns verstehen. Darum haben wir dann auch die Verhandlungsgruppe aufgelöst. Nicht mit uns! Es hat für uns keinen Sinn gemacht, bei dieser Farce weiter mit zu machen. Jetzt ist die Zukunftsplattform deshalb auch gestorben. Das war nur eine Lösung für die Geschäftsleitung, um nichts verändern zu müssen.

Und pikantes Detail. Der Verhandlungsdirektor hat nun sein Pöstchen und arbeitet auch nach der Zukunftsplattform noch bei der VBZ. Er ist nun damit beauftragt tolle Auszeichnungen zu vergeben und so zu tun, als sei alles gut hier. Aber die Probleme der Fahrerinnen und der Fahrer sind weder gelöst, noch wurden sie je ernst genommen. Es zeigt sich klar, dass diese Direktorenstelle von Anfang als Imagepolierstelle gedacht war.

RAS: Der Streik war also nötig, um genügend Druck aufzubauen, damit sie euch hören. Danach haben sie mit der Zukunftsplattform versucht, euch wieder still zu kriegen. Das zeigt doch, dass nur der Kampf euch mehr Respekt verschafft. Das ist natürlich nicht so einfach. Aber arbeitet ihr daran, den Druck wieder aufzubauen?

Mario: Ja, so würde ich das auch sehen. Wir müssen in Zukunft wieder den Druck vor allem auf die Gruppenleiter aufbauen. Sie sind das Hauptproblem. Und wir versuchen das auch, in dem wir Übergriffe immer direkt bei der Geschäftsleitung melden, damit diese von oben Druck machen. Aber wie gesagt, die oben halten sich zurück und machen wenig. Das heisst, dass wir wieder auf unsere Stärke bauen müssen. Wenn sie uns nicht entgegen kommen, tun wir das umgekehrt auch nicht. Solange, bis endlich wieder auf Augenhöhe gesprochen wird. Und das kann heissen, dass wir wieder mehr in die Öffentlichkeit gehen müssen und Kampfmassnahmen wie einen Streik planen müssen. Auch haben wir uns schon überlegt, dass wir eventuell bereit sein müssen, den GAV zu künden, um zu zeigen, dass uns die Situation ernst ist. So, wie es jetzt wird, kann es nicht weiter gehen. Wenn wir nicht respektiert werden, müssen wir uns halt wieder Respekt verschaffen. Und das können wir.

Peter, EWZ: «Den Schritt nach vorne machen»

Beim EWZ ist die Umverteilung von unten nach oben im vollen Gang. Während unten in der Produktion das Personal ausgedünnt wird, werden oben Stellen ausgebaut. Und weil die Personalausgaben (sprich Stellenprozente) gleich bleiben, werden Kollegen über Temporärfirmen bei uns angestellt. Allerdings läuft dies dann über den Posten Materialkosten, was völlig absurd ist. Schliesslich ist allen klar, dass man unten im Graben einfach gewisse Arbeit zu leisten hat und dafür braucht es entsprechend Leute. Deshalb kommen im EWZ auf heute 1200 Mitarbeiter, die fix angestellt sind, noch 400 dazu, die temporär mit uns arbeiten. Was an Personalkosten in tieferen Chargen nicht da ausgegeben wird, kann in höheren Chargen für Neueinstellungen mit höheren Löhnen oder für Lohnanpassungen nach oben für Kader Verwendung finden. Im Betrieb ist das damit eine Umverteilung des Geldes von unten nach oben bzw. eine Privatisierung auf Produktionsebene.

Aber auch sonst wird umverteilt. Mit Strom machst du eigentlich kein Geld. Der Strompreis liegt aktuell unter dem Aufwand, der nötig ist, um Strom zu produzieren. Trotzdem versuchen Investoren über Hintertüren die Privatisierung des EWZ voranzutreiben. Denn über Stromhandelsbörsen lässt sich mit Strom spekulieren. Da wird also eine Finanzblase aufgebaut, die dann auch kurzfristig Profite für einige abwirft. Geld lässt sich dann eben zum Beispiel machen, indem man von unten nach oben umverteilt. Die Strommarktliberalisierung hat zu einer Teilprivatisierung geführt. Mit dieser ist es den Stromlieferanten möglich, Grossverbraucher mit über 100 000 kWh pro Jahr mit tiefen Strompreisen anzulocken. Mittlerweile hat das auch die «Schlaumeier» auf den Plan gerufen, die absurder Weise Verbraucher  im Dauerbetrieb laufen lassen, nur damit sie genug Strom verbrauchen um an die günstigeren Tarife zu kommen. Nicht gerade ein Anreiz Strom zu sparen. Folge ist, mit diesen «am Markt» ausgewiesenen  Strompreisen kann auch nicht kostendeckend produziert werden. Klar ist ja auch, wo gegeben wird, wird auch irgendwo auch wieder genommen. Passieren tut das  bei uns, den kleinen Normalverbrauchern. Für unseren Strom zahlen wir mehr, womit wir sozusagen gleich die Wirtschaft mit subventionieren.

Dahin führt also die Privatisierung. Wenn du den Profitheinis eine Infrastruktur oder Ware freigibst, dann führst du gleich eine völlig neue Logik ein. Da gibt es dann keine rationellen Diskussionen mehr. Und genau darum geht es, wenn der Stadtrat darüber nachdenkt, die Rechtsform des EWZ zu ändern. Er beschwert sich ja, dass man nicht schnell genug entscheiden könne, um auf dem Markt mithalten zu können. Was er damit allerdings bezweckt, ist die Aushebelung der parlamentarischen Mitsprache. Somit wird dann eben nicht mehr gesellschaftliche entschieden, für welchen Sinn oder Unsinn man Strom produziert. Was das bedeuten kann ist an der Energiegesellschaft Repower zu sehen, wo in Italien in Kohlekraftwerke investiert werden sollte, obwohl die Bevölkerung vehement dagegen war, in solche Dreckschleudern Geld hineinstecken zu wollen.  Mit der Vorstellung das EWZ in eine öffentlich-rechtlich Anstalt zu überführen, heisst einfach, sie ihre Profitlogik einführen zu lassen, welche im nächsten Schritt, ohne dass wir dabei mit zu bestimmen hätten, die vollständige Privatisierung der Energieversorgung einzuläuten.

Und wenn es ums Geld geht, dann werden die Wasserköpfe plötzlich enorm kreativ und erfinden ständig irgendwelche neuen Geschäftsmodelle, um andere abzuzocken. Wir kleinen Privatverbraucher zum Beispiel, sollen ja künftig für Stromsparen auch noch bestraft werden. Je weniger Strom wir verbrauchen, umso mehr Netz-Nutzungsgebühren für den Anschluss müssen bezahlt werden. Das ist negativ gekoppelt mit dem Stromverbrauch. Hier wird Geld, was sie den Grossen als Rabatte geben umgehend wieder zurückgeholt. Wer also spart – zahlt doppelt. Ausserdem gibt es da auch noch die ganze Subventionsindustrie für ökologische Produkte. Einerseits sind die einiges teurer, du sparst ja Strom, andererseits wird dir dann mit den höheren Netz-Nutzungsgebühren gleich nochmal in die Tasche gelangt . Das ist natürlich ein grosser Anreiz für die Investoren. Die gleichen übrigens, welche dann in ihren eigenen Geschäftsmodellen einen Dreck auf Stromsparen oder wirklich nachhaltige Infrastruktur geben.
Es ist einfach eine Verarschung der Bürger, wenn Politiker und Manager beim EWZ so tun, wie wenn der Dampfer nicht in Richtung Privatisierung gehen würde. Das EWZ selber hat ja schon Firmen im Ausland gegründet oder ist an Joint Ventures beteiligt, welche im Ausland investieren. Dort sind sie Akteure auf einem privatisierten Markt. Und faktisch jede Umstrukturierung, die bei der EWZ versucht wird, hat zum Ziel Marktkonform zu werden. Angeglichen an das offizielle Ziel der Strommarktliberalisierung.

Das Problem ist aber, dass unsere Kolleginnen und Kollegen das nicht mehr so wahrnehmen wie früher. Damals im 2000 wurden wir frontal angegriffen. Viele im Betrieb haben das klar verstanden. Somit gab uns das die Kraft zu mobilisieren. Wir haben den VSAZ gegründet und eine intensive Kampagne geführt. An der Urne hat die Bevölkerung uns klar Recht gegeben. Sie will keine Privatisierung.

Daraus haben die Manager natürlich gelernt. Heute gehen sie entsprechend vorsichtiger vor. Salamitaktik ist angesagt. Dies lässt viel Spielraum um ihre wahren Ziele zu verschleiern. Aber wir müssen uns bewusst sein, die Gegner führen hier einen Krieg. Dazu gehört auch die Benutzung der ganzen Juristensprache. Da sagen sie das eine und meinen etwas komplett anderes. Sie sagen «öffentlich-rechtlich» und meinen «privat». Hier müssen wir unbedingt übersetzen. Das ganze Gelaber ist auf den Punkt zu bringen. In einfachen Sätzen sagen, was am Ende übrig bleibt. Wir sollten keinesfalls diese Sprache übernehmen. Selber auch nicht um den heissen Brei reden. Sie wollen privatisieren. Punkt! Danach können wir kurz und knapp aufzeigen, weshalb jede Änderung das eine Ziel, nämlich Privatisierung hat.

Auch auf betrieblicher Ebene müssen wir verstehen, dass alle Änderungen auf die Privatisierung durch marktkonforme Arbeitsbedingungen abzielen. Marktkonform meint: Produktionsbedingungen wie zu Zeiten des Beginns der Industrialisierung. Personalabteilungen, unsere und andere,  versuchen ständig neue Tricks an allen Ecken und Enden. Einst wurde Stempeln zur Kontrolle der Arbeitnehmer eingeführt. Blöd, dass das die Firmen mehr gekostet als gebracht hat. Heute wollen alle wieder schnell weg von der direkten Zeitkontrolle. Allerdings nur so, dass Anpassungen und Veränderungen zu Gunsten der Firmen jederzeit getätigt werden können. Was wir uns erkämpft haben, soll so nach und nach wieder verschwinden. Aber da lassen wir uns nicht verarschen, sondern fahren immer sofort ein. Als versucht wurde über die Hintertür einfach so mal GPS-Daten in Echtzeit über das Bewegungsmuster der Ingenieure zu sammeln, haben wir sofort reagiert. Mit Erkundigungen beim Datenschutzbeauftragten, haben wir den rechtlichen Rahmen gleich wieder mal bei den Verantwortlichen bekannt gemacht. Selbstredend nicht zu deren Freude. Sowas in einer Abteilung zu zulassen, ist der Freibrief das gleich über die ganze Firma zu tun. Aber so wissen sie dann auch ganz genau, dass sie keine Chance haben.  Manager versuchen im Kleinen Grenzen zu verschieben, um zu schauen wie weit sie kommen. Da müssen wir eine ganz klar offensive Sprache sprechen. Und übrigens, wenn die beginnen Tablets mit GPS-Daten einzuführen, kann auch jeder einzelne Kollege was dagegen machen. Es passiert ja schnell, dass einem so ein Ding runterfällt und kaputt geht. Nach dem zehnten Mal ist das zwar Sabotage. Aber die HR-Leute verstehen diese Signale schon. Sie wissen, dass sie einen Kampf gegen uns führen.

Ein grösserer Kampf ist gerade die Definition von der Jahresarbeitszeit. Vor 2 Jahren wollten sie ein Arbeitszeitmodell namens CHRONOS einführen. Ebenfalls über die Hintertür. Einfach mal so. Wir haben das sofort abgeblockt. Womit das vordergründig kein Thema mehr war. Jetzt allerding wollte das HR der Stadt Zürich uns mit der Einführung von Jahresarbeitszeit (Als hätten wir keine Jahresarbeitszeit, schliesslich ist festgelegt wieviel du pro Jahr zu arbeiten hast!) neu eine 6-Tagewoche aufdrücken. Unsere «normale» Geschäftsarbeitszeit wäre von Montag bis Samstag 6 Uhr bis 22 Uhr gewesen. Aber auch da waren wir völlig prinzipiell und haben das abgewürgt. Anfang 2017 wird das neue Arbeitszeitmodell wie gehabt 5 Tage pro Woche haben und am Freitagabend spätestens um 20 Uhr bist du aus der Bude raus. Alles was darüber geht wird somit weiterhin als Überzeit mit einem Zuschlag verrechnet. Eben das zeigt, wie längerfristig über verschiedene Taktiken versucht wird, die Arbeitszeitflexibilisierung durchzubekommen. Wir werden nicht darum herum kommen einfach immer und überall auf der Hut zu sein. Immer haben wir zu hinterfragen, was mit der jeweiligen Formulierung gemeint ist, bzw. was das für den Einzelnen bedeutet. Wenn wir nicht organisiert und informiert jeden Schritt von ihnen verfolgen, haben wir ein Problem.

VSAZ hat sich mit dem VPOD zusammengeschlossen bzw. ist nun da drin organisiert. Daher sind wir jetzt mit der VPOD-Betriebsgruppe zwar gut aufgestellt, aber die KollegInnen im EWZ nehmen die aktuellen Umwandlungen immer noch zu wenig als Angriff wahr. Hinzu kommt noch, dass jüngere Kollegen teilweise die Lügen der Neoliberalen fressen. Viele meinen, sie könnten alles selber und individuell richten. Sie wissen nicht mal, wie ihre Löhne zustande kommen. Die Personalabteilung erzählt denen, sie hätten individuell einen sehr guten Lohn ausgehandelt. Dabei ist das Sache der Personalreglements und damit Sache der Kampfstärke der Gewerkschaft. Dieses Unwissen ist ein Produkt, der Leistungslohn-Debatten, die pure neoliberale Ideologie ist. Ähnlich ist es mit den Ziel und Beurteilungsgesprächen (ZBG). Die zielen genau auf solche Individualisierung ab. Gegen Ende des Jahres werden Scheindiskussionen über individuelle Ziele und individuelle Leistung besprochen. Aber schon ab Ende August ist oben klar und entschieden, wer welche Beurteilung bekommt. Verhandelbar ist da gar nichts. Grundsätzlich geht es aber darum, die Kollegen glauben, sie könnten individuell finanziell eine bessere Position erlangen. Was für ein Irrtum!

Für die Zukunft müssen wir auf jeden Fall offensiver werden. Der VPOD verhält sich oft zurückhaltend und defensiv. Ob das jedes Mal die Strategie der Stunde ist? Erfahrungsgemäss organisieren sich die Leute nur dann, wenn sie angegriffen werden und das auch merken. Gerade deshalb verteidigen wir unsere Positionen prinzipiell und beantworten jeden Schritt gegen uns mit einem Gegenschritt. Wir sind Kompromissen nicht rundweg abgeneigt. Wenn du allerdings Krieg willst, kannst du Krieg haben. Das ist unsere Devise. Es ist wie früher. Ich bin im Arbeiterquartier in Ausser Sihl aufgewachsen. Das haben wir schon damals als Kinder gelernt. Wenn dir ein Grosser dumm will, dann darfst du nicht kuschen, sondern musst sofort antworten. Sonst macht er das immer wieder mit dir. Heute sind die Leute defensiv, dabei ist Angriff die immer noch die beste Verteidigung. Wir müssen aus unserer Verteidigungshaltung raus. Die Manager selber haben ja auch immer ihre Kriegsrethorik (da gehen wir auf den los), das müssen wir unbedingt ernst nehmen. Um die Erhaltung ihrer Macht zu zementieren oder auszubauen, haben sie ihren Machiavelli längst gelesen. Recht und Moral kümmert dort niemanden. Wir müssen da dringend dazulernen, wie wir dem begegnen. Es ist wie im Boxring. Wenn dein Gegner übermächtig ist – und das ist im Moment so – dann darfst du dich doch nicht in die Ecke drängen lassen. Mach unbedingt den Schritt nach vorne, um eine neue Situation und damit für dich neue Chancen zu schaffen, sonst macht dich dein Gegner fertig. Sich nur auf die Verteidigung zu beschränken löst keine Probleme. Wenn wir jedoch neue Gegebenheiten schaffen, mit Forderungen, Vorstössen und anderem, womit wir den Gegner in Bewegung halten und selbst in eine Verteidigungshaltung zwingen, wenn er damit dauernd beschäftigt wird, nur dann werden wir weiter das Ernten was wir oder unsere Altvorderen gesät haben. Wenn wir aufgeben wofür unsere Eltern und Grosseltern gekämpft haben, können wir all die Errungenschaften wie Altersvorsorge und anderes grad «spülen».

Noemi, Spital: «Klammheimlich wird gespart»

Bei uns am Spital versuchen sie gerade klammheimlich die Physiotherapie auszulagern. Nicht allzu lange ist es her, da haben sie schon die Wäsche ausgelagert, was für uns einerseits bedeutet, dass wir nun nicht mehr unsere persönliche Wäsche automatisch frisch gewaschen im Garderoben-Kästchen liegen haben, sondern selber die Wäsche in in einem zentralen Lager holen müssen. Und andererseits bedeutet es für die Angestellten der Wäscherei schlechtere Arbeitsbedingungen.

Dass nun aber auch ein medizinischer Bereich wie die Physiotherapie von der Auslagerung betroffen ist, ist eine neue Dimension. Das passt aber leider zur aktuellen Entwicklung, wo wir immer wieder von Privatisierungsversuchen lesen. Und meistens – so auch bei uns – gehen sie es schlau an: Im Rahmen eines Neubau-Projektes versuchen sie unter der Fahne Innovation und Qualitätssteigerung zu sparen, indem die Physiotherapie nicht mehr Teil des Spitals ist, sondern bei einer privaten Firma eingekauft wird – klassisch ausgelagert halt. Für die PhysiotherapeutInnen bedeutet das weniger Lohn und schlechtere Arbeitsbedingungen. Doch zum Glück sind die Angestellten der Physiotherapie nicht blöd und haben gemeinsam ihren Unmut kundgetan und mehr Informationen gefordert (der ganze Prozess lief faktisch geheim und ohne Einbezug der Mitarbeitenden ab). Da hat die Direktion sofort reagiert und versucht die Wogen zu glätten, denn Aufruhr im Betrieb will sie um jeden Preis verhindern. Dazu kommt noch, dass die Physiotherapie einerseits eine wichtig Rolle spielt, wenn es um die Optimierung der Fallpauschale geht und dass es andererseits eher zu wenig PhysiotherapeutInnen am Spital hat.

Die Privatisierungs- und Sparprogramme kommen, so glaube ich, oft in ganz harmlosen Mäntelchen unter dem Schlagwort „Optimierung“ daher. Denn in der Tat bedeuten diese Schritte immer eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und somit auch eine Verschlechterung der Betreuung der PatientInnen. Und das nicht nur im betroffenen Spital, das hat Auswirkungen auf das gesamte Gesundheitssystem! Denn kann ein Spital Personalkosten sparen, so müssen die anderen mitziehen, wenn sie nicht rote Zahlen schreiben wolle. Aber genauso hat auch der Kampf oder der Widerstand gegen solche Angriffe eine Wirkung auf das ganze Gesundheitssystem: Darum hoffe ich, dass sich die KollegInnen der Physiotherapie erfolgreich gegen die geplante Auslagerung wehren.    So, wie es jetzt ist, kann es nicht weiter gehen, wir müssen uns Respekt verschaffen!

 Gegen TISA und den Staat des Kapitals

Gegenwärtig erleben wir Verschärfungen auf Verschärfungen. Mit Privatisierungen und Kürzungen im Sozialen und in der Bildung gelingt es der herrschenden Klasse, die Krise auf die werktätige Bevölkerung abzuwälzen. Zudem schafft sie es damit, neue Profitmöglichkeiten für sich zu eröffnen. Und die Angriffe folgen auf unterschiedlichen Ebenen: Das Freihandelsabkommen TISA (Trade in Services Agreement) soll etwa auf der Ebene einer Übereinkunft zwischen Staaten bewirken, dass ehemals öffentliche Dienstleistungen in Zukunft von Privaten gewinnbringend angeboten werden können.

Die Gründe, weshalb diese Privatisierungen und Verschärfungen auf allen Ebenen forciert werden, liegen nicht im Wohl der Bevölkerung, sondern in der Profit­logik des Kapitalismus. Durch die kapitalistische Krise ist der Spielraum für neue Investitionen kleiner geworden. Deshalb ist das Kapital noch rastloser als sonst auf der Suche nach neuen Investitionsmöglichkeiten.

Die Krise zeigt sich ökonomisch, aber auch politisch: Der Spielraum für Zugeständnisse gegenüber der werktätigen Bevölkerung scheint immer kleiner zu werden, nicht einmal mehr die AHV soll uns sicher sein. Gleichzeitig sinken die Unternehmenssteuern. Doch auch Linksbürgerliche wie die SP setzen in den Regierungen Steuererhöhungen für Unternehmen nicht um.

Das hat eine Logik. So ist es in der Schweiz (wie auch in den anderen Ländern) mit dem SECO der Staat selber, der die Privatisierungen wie einen Sachzwang vorantreibt: Dieser Staat ist seit jeher nicht neutral, sondern ein Staat des Kapitals. Es sind trügerische Behauptungen, dass der Staat vor bösen Raubtieren geschützt werden muss oder dass eine andere Steuerpolitik “einfach so” umsetzbar sei.

Wollen wir unsere eigenen Interessen durchsetzen, dann geht das nur mit stetem Druck gegen Staat und Kapital. Ihre Angriffe kennen verschiedene Ebenen, vom kantonalen Sparpaket bis zu den transnationalen TISA Verhandlungen. Es ist also notwendig, die konkreten und heute anstehenden Angriffe (etwa eine Spitalprivatisierung) zu bekämpfen und dabei die internationalen Verträge nicht aus den Augen zu lassen. Die verschiedenen Angriffe erfordern verschiedene Kampfformen unserseits, ob auf der Strasse oder im Betrieb.