Die Verhandlungen auf den Philippinen zwischen der Regierung und den kommunistischen Guerillas sind gescheitert. Was waren Gründe, Erwartungen und der Charakter der laufenden Verhandlungen aus der Sicht der philippinischen KommunistInnen?
Kurz vor Redaktionsschluss dieser Ausgabe geschah, was sich in den letzten Wochen schon angekündigt hatte. Der Waffenstillstand zwischen der Armee unter Duterte und den Guerillas der New Peoples Army (NPA) wurde aufgekündigt. Allerdings nicht durch die NPA, die mit diesem Schritt aufgrund von sich häufenden Verletzungen des Waffenstillstandes durch die Armee schon länger gedroht hatte, sondern durch Duterte. Dieser erklärte neben dem Waffenstillstand auch die Verhandlungen zwischen dem philippinischen Staat und der Kommunistischen Partei der Philippinen (CPP), welche die Führung über die NPA hat, für beendet. Es scheint damit obsolet, sich nochmals zu den geführten Verhandlungen zu äussern. Allerdings liessen die Verhandlungen viele Beobachter aus der revolutionären Linken etwas ratlos zurück. Daher denken wir, dass es durchaus sinnvoll ist, die strategischen Überlegungen der CPP und die Konzepte die dahinter stehen zu thematisieren.
Die Neudemokratische Revolution
Die CPP und mit ihr die NPA stehen in der Tradition des Maoismus. Dieser lehrt, dass es darauf ankommt, in jeder historischen Etappe den Hauptwiderspruch zu bestimmen, an dem sich die revolutionäre Bewegung ausrichtet. Mao bezeichnete das vorrevolutionäre China als ein halbkoloniales und halbfeudales Land und richtete die Strategie in dieser Etappe entsprechend nach dieser Analyse aus. Die CPP sieht die Philippinen heute ebenfalls als ein solches halbkoloniales und halbfeudales Land. Grund dafür ist, dass das Land keine eigenständige wirtschaftliche Entwicklung machen konnte, sondern weitestgehend von ausländischem Kapital, insbesondere aus den USA, abhängig ist und kontrolliert wird. Eine solche Abhängigkeit zementiert die Unterentwicklung der Philippinen, während die Profite, die durch die billige Arbeitskraft erzielt werden, häufig ins Ausland abfliessen. Während sich in den Städten ein Kapitalismus unter imperialistischer Kontrolle etabliert hat, finden sich in den ländlichen Gebieten jedoch immer noch Strukturen, die Mao als halbfeudal bezeichnet hat.
Das Land ist in den Händen von Grossgrundbesitzern konzentriert, während viele Bauern gezwungen sind, für ebendiese zu arbeiten, weil sie kein eigenes Land besitzen oder sich bei den Grossgrundbesitzern verschuldet haben. Entsprechend dieser Analyse ist der Hauptwiderspruch derjenige, zwischen den Volksmassen und der halbkolonialen, halbfeudalen Gesellschaft. Konkret bedeutet dies, dass der Hauptfeind die Grossgrundbesitzer, die imperialistische Bourgeoisie und der Teil der lokalen Bourgeoisie ist, der mit ihr Zusammenarbeitet und von ihr profitiert. Die Revolution stützt sich in dieser Phase zur Hauptsache auf das Proletariat in den Städten und die armen Bauern auf dem Lande. Allerdings kann auch ein Teil der nationalen Bourgeoisie ein Verbündeter der Revolution werden, wenn auch ein per Definition unsicherer. Nämlich insoweit, als sie ebenfalls ein Interesse daran hat, sich von der Abhängigkeit der imperialistischen Bourgeoisie zu lösen.
Ein unsicherer Verbündeter
Für die CPP stellte sich nun mit dem Amtsantritt von Duterte die Frage, ob dieser ein potentieller Verbündeter aus dem Lager der nationalen Bourgeoisie für die aktuelle Etappe sein könnte. Dafür gab es durchaus Anzeichen. Duterte bezeichnete sich selbst stets als Linker und stellte sich von Beginn weg dem US-Imperialismus mit markigen Worten entgegen. Zu der kommunistischen Partei unterhielt er freundschaftliche Beziehungen, insbesondere zum exilierten Autoren und Literaturprofessor José María Sison, eine wichtige Figur der CPP bei dem Duterte in seiner Jugend studierte. Zwischenzeitlich rief Duterte dazu auf, die revolutionäre Regierung in den befreiten Gebieten der Guerilla anzuerkennen und prahlte damit, dass „die Roten“ ihn im Falle eines Putschversuches verteidigen würden. Illusionen machte sich die CPP im Bezug zu Duterte jedoch nie. Sie wies vielmehr darauf hin, dass Duterte von Teilen der Bourgeoisie und des Militärs unterstützt wurde, sowie gute Beziehungen zu Teilen der Grossgrundbesitzer pflegt. Ob er sich gegen diesen Einfluss wirklich behaupten könne, war für die CPP eine offene Frage. Entsprechend umfangreich war der Forderungskatalog, welche die Partei dem Präsidenten in den Verhandlungen um einen Friedensschluss vorlegte. Freilassung der politischen Gefangenen, eine Landreform zur Verteilung des Landbesitzes, Verstaatlichungen in den Schlüsselindustrien, eine Abkehr vom US-Imperialismus, generelle Lohnerhöhungen oder Zugang zu kostenlosen Gesundheits- und Bildungseinrichtungen waren nur einige der Forderungen, mit denen die CPP die linke Rhetorik Dutertes auf den Prüfstand stellte. Nun zeigt sich offenbar, dass er dieser Prüfung nicht standhält.
Welche Verhandlungen?
Mindestens so wichtig wie der Inhalt der Verhandlungen selbst ist jedoch die Position aus der die CPP sie führte. So begann sie die Verhandlungen nicht notgedrungen aus einer Position der Schwäche. Die NPA stärkte ihre Reihen und ihre militärische Macht in den vergangenen Jahren stetig. Sie besteht heute laut eigenen Angaben aus tausenden von bewaffneten Kämpfern die sich in 80 Prozent des Landes frei bewegen können. Dazu kommen zehntausende von Volksmilizen in den von ihr kontrollierten Gebieten, sowie Massenorganisationen im ganzen Land und in der Emigration mit hunderttausenden von Mitgliedern. Die NPA betonte dazu immer, dass es für sie unabhängig vom Ausgang der Verhandlungen keine Option sei, ihre Waffen abzugeben. Dementsprechend bedauerte die Partei in ihrem jüngsten Statement zwar den Abbruch der Verhandlungen, zeigte sich allerdings auch nicht allzu überrascht über die Schwierigkeiten mit einem «doppelzüngigen Gangster der nur seine eigenen Regeln anerkennt und sich als eine Art Scharlatan präsentiert ernsthafte Verhandlungen zu führen». Die Philippinischen Militärs zeigten sich dagegen jüngst besorgt, dass die NPA die Verhandlungen und den Waffenstillstand offenbar nicht ungenützt vorübergehen liess, sondern in der Zeit über tausend neue Kämpfer rekrutiert habe. Entsprechend selbstbewusst schrieben die Genossen kürzlich: «Dutertes Erklärung eines offenen Krieges gegen uns ist leeres Gerede. Alle reaktionären Regime träumten in der Vergangenheit davon die NPA und den Volkskrieg zu besiegen. Alle sind gescheitert.»
Alle offiziellen Bekanntmachungen der Kommunistischen Partei der Philipinen können unter folgender Adresse nachgelesen werden: www.ndfp.org
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