ZH: Communiqué zur Demonstration: DEFEND AFRIN!

DEFEND AFRIN!bSolidarität heisst Widerstand. Stoppt den Angriffskrieg auf Kurdistan.

Heute Donnerstag, 22.3, versammelten sich 300 Menschen vor der Universität Zürich, um gegen den türkischen Angriffskrieg auf das fortschrittliche Projekt Rojava und dessen Kanton Afrin zu protestieren. Unter lauten Parolen zog die kämpferische Demonstration erst durch die Uni Zürich und über die Polyterrasse der ETH. Hier wurde auf die mörderische Komplizenschaft der Schweizer Rüstungsindustrie und -Forschung aufmerksam gemacht. Noch immer verdient die Rüstungsindustrie, beispielsweise der staatliche Schweizer Rüstungskonzern RUAG, an Kriegen, und noch immer wird an den Schweizer Hochschulen an Rüstungsgütern geforscht. Danach zog die Demonstration vor das türkische Konsulat, das wie in den vergangenen Wochen auch schon durch die Polizei geschützt wurde. Hier gab es Reden zur aktuellen Situation in Afrin und zur Rolle des Widerstandes. Afrin steht nicht alleine. Solidarisch zu sein, heisst, das Schweigen zum türkischen Angriffskrieg zu brechen und den Widerstand auch hier praktisch werden zu lassen! Danach ging es mit einer Schlaufe über die Rämistrasse zurück zur Universität Zürich, wo mit einer Abschlussaktion nochmals unsere Solidarität bekundet wurde.
Afrin lebt! Wir solidarisieren uns mit allen progressiven Kräften, die den türkischen Staat bekämpfen. Wir grüssen den anhaltenden und vielfältigen Widerstand in Afrin und hoffen den Druck auf die Türkei und ihre Verbündeten auch hier erhöhen zu können. Beteiligt euch an den kommenden Aktionen für Afrin und Rojava!

Uni von Unten, 22. März 2018


Folgendes Flugblatt wurde dabei verteilt:

DEFEND AFRIN SOLIDARITÄT HEISST WIDERSTAND  STOPPT DEN ANGRIFFSKRIEG AUF KURDISTAN

Seit dem 20. Januar läuft der Angriffskrieg der Türkei gegen die nordsyrische Region Afrin und seit dem 18. März nun die Besatzung der Stadt Afrin. Gemeinsam mit verbündeten islamistischen Milizen wurde die Stadt angegriffen und hunderttausende Zivilist*innen zur Flucht gezwungen. Mehrere hundert Menschen sind ums Leben gekommen. Im gesamten Kanton Afrin befinden sich noch immer etwa 100’000 Zivilist*innen. Sie sind in akuter Lebensgefahr. Alle Zufahrtswege wurden von der türkischen Besatzerarmee gesperrt. Sie lassen niemanden aus der Stadt, was diese Zivilist*innen zu ihren de facto Geiseln macht. Die Selbstverteidigungseinheiten YPG/YPJ kämpfen mit veränderter Strategie weiterhin gegen die Türkei, den IS, Kräfte der früheren al-Nusra-Front und andere salafistische Gruppierungen. Sie geben Afrin nicht auf und wir schliessen uns ihnen an! Wir müssen uns mit den Kurd*innen, Jesid*innen und mit allen anderen progressiven Kräften, die den türkischen Staat bekämpfen, solidarisieren.
Die Türkei ist Teil der NATO, Partnerin der EU im Kampf gegen Menschen auf der Flucht und Käuferin von europäischen Waffen. Dies bedeutet, dass europäische Staaten und Rüstungskonzerne für die Aufrüstung der türkischen Armee und somit für diesen Krieg mitverantwortlich sind. Widerstand ist notwendiger denn je. Wir müssen hier in Europa politischen Druck ausüben, um dadurch die Kämpfer*innen vor Ort zu unterstützen. Das selbstverwaltete Gebiet in Nordsyrien (Rojava) ist eine nach den Prinzipien des demokratischen Konföderalismus, ökologischen und feministischen Ansätzen funktionierende Region. Afrin gehört zu dieser Region und muss gegen den Angriff der faschistischen, islamistischen Kräfte verteidigt werden. Solidarisch zu sein, heisst, das Schweigen zu diesem Krieg zu brechen und den Widerstand auch hier praktisch werden zu lassen!

Der türkische Staat gegen Rojava

Das selbstverwaltete Gebiet Rojava befindet sich im Norden Syriens. Bekannt wurde 2014 die Stadt Kobane, welche von der YPG/YPJ erfolgreich gegen die Schergen des IS verteidigt wurde. Die YPG/YPJ, welche entscheidende militärische Siege gegen den IS errungen haben und damit die Ausbreitung des IS gestoppt haben, wurden dafür auch im Westen gefeiert. Die USA und die YPG/YPJ gingen gar ein taktisches Bündnis ein, um die islamistische Offensive zurückzudrängen. Weil die USA, wie die Türkei, Mitglied der NATO ist, unternimmt sie jedoch aus diplomatischen Gründen nichts gegen den Krieg in Afrin und das drohende Massaker. Allgemein bleiben Appelle von Regierungen an den türkischen Präsidenten Erdogan aus oder werden so formuliert, dass sie nicht ernst zu nehmen sind. Wo die türkische Armee angreift, bringt sie Vertreibung und Tod. Schon über 500 Zivilist*innen sind seit dem 20. Januar von der türkischen Armee umgebracht worden. Wie der türkische Staat mit Kurd*innen in besetzten Gebieten umgeht, ist wohl bekannt. Die jüngsten Beispiele liefern Cizre und Amed (Diyarbakir), wo die türkische Armee Zerstörung und Massaker herbeiführte. Dasselbe gilt für die Islamisten, die unter dem Label der „Freien Syrischen Armee“ die Offensive mittragen. Sie sind bekannt dafür, „Ungläubige“ zu köpfen und Frauen zu verstümmeln, zu vergewaltigen und zu Sexsklavinnen zu machen.
Rojava ist aus linker Perspektive und für viele Kurd*innen, aber auch für andere Minderheiten in der Türkei und in Syrien, eine grosse Hoffnung. Das selbstverwaltete Gebiet funktioniert nach den Ansätzen des demokratischen Konföderalismus, der sozialistische Elemente enthält. In der Türkei stehen die Kurd*innen schon lange in einem Konflikt mit dem türkischen Staat. Letzterer begegnet der kurdischen Minderheit mit Diskriminierung und Krieg. Der Angriff auf und die Einnahme von Afrin ist politisch zu verstehen. Erdogan mobilisiert mit dem Krieg einerseits die türkische Bevölkerung und stärkt damit seine faschistische Regierung. Andererseits bekämpft er damit seine politischen, progressiven Gegner*innen, die Arbeiter*innenpartei Kurdistans (PKK) und die YPG/YPJ. Eine Nachbarsregion, die sich gegen den Islamismus, patriarchale Strukturen und den Faschismus wehrt, ist für Erdogan ein Dorn im Auge.

NATO, EU und Schweiz sind mitverantwortlich

Die Türkei konnte dank ihrer NATO-Mitgliedschaft ihre Armee aufrüsten. Die aufgebaute Kriegsmaschine hat nun einen völkerrechtswidrigen Krieg gestartet. Aber auch die EU macht mit Erdogan Geschäfte, wie beim „Flüchtlings Deal“ vor knapp zwei Jahren. 2016 beschloss die EU der türkischen Regierung 6 Milliarden Euro zu bezahlen, damit sie die Flüchtlinge, die Europa nicht aufnehmen will, in der Türkei unterbringt. Die europäischen Staaten kuschen schon lange vor Erdogan, weil sie die Interessen der Reichen und Mächtigen vertreten. Und so hat auch das Schweigen zu Afrin seinen Grund: Rüstungsfirmen wie die deutsche Rheinmetall verkaufen beispielsweise Waffen an die türkische Armee und profitieren so von diesem Krieg. Die Schweiz hofiert im Übrigen ebendiesen Rüstungskonzern in Zürich Oerlikon und hat einmal mehr als Dienstleisterin für Grosskonzerne Blut an den Händen. Die EU finanziert, die Türkei bombardiert, die Rüstungsindustrie profitiert!

Repression gegen Student*innen und Forschende in der Türkei

Seit dem gescheiterten Putschversuch im Juli 2016 erlebt die Türkei eine Repressionswelle unglaublichen Ausmasses. Die Repression in der Bildung ist nur eines von vielen Beispielen einer politischen Hetzjagd auf alle politischen Gegner*innen Erdogans. Mindestens 2000 Schulen und Universitäten wurden geschlossen. Es wurden über 40’000 Lehrer*innen, mindestens 1500 Universitätsdekan*innen und alle Universitätsrektor*innen entlassen. Wir solidarisieren uns auch mit den Student*innen und Forschenden, die in der Türkei täglich Widerstand leisten und zu Tausenden in Gefängnissen sitzen. Insgesamt wurden seit Juli 2016 über 100’000 Personen entlassen oder suspendiert, 50’000 Personen sitzen unter dem Vorwurf der „Kooperation mit den Putschisten“ in Untersuchungshaft. Der Krieg des türkischen Staates gegen die Kurd*innen hat sich in Afrin zugespitzt. Der türkische Botschafter in der Schweiz hat im Zusammenhang mit dem Angriffskrieg in einer Sendung im Schweizer Fernsehen mehrfach von „säubern“ und „Säuberungen“ gesprochen. Dass damit nicht nur Afrin gemeint ist und Angriffe auf weitere Regionen Rojavas drohen, ist klar. Wie in Afrin die Fronten zwischen der YPG/YPJ und den faschistischen türkischen Truppen klar sind, so gibt es auch hier nur zwei Seiten einer Barrikade! Brechen wir das Schweigen und kämpfen wir auch hier gegen alle Kriegstreiber*innen und Profiteure!

Überall ist Afrin, überall ist Widerstand!