ZH: Ein klebriger Kreislauf

Gestern Nacht haben wir bei rund 20 Läden, die am Kreislauf 3-4-5 teilnehmen, das Schlüsselloch mit Leim verklebt, um ihnen den Start in ihren Aufwertungsevent zu versauen. Der Kreislauf 3-4-5 ist 2007 entstanden und ist für Läden und Gastronomiebetrieben in den besagten Kreisen ein Anlass, um sich zu bewerben.

Das wirkt auf den ersten Blick unscheinbarer als es ist. Doch ein Blick auf die Sponsorenliste des Projekts offenbart das wahre Kalkül dahinter. Darauf zu finden ist die Europaallee, die Stiftung PWG, die ZKB, Zürich Tourismus oder die Standortförderung des Amts für Wirtschaft und Arbeit des Kanton Zürich. Es ist klar, dass deren Ziel mit der Unterstützung des Kreislaufs nicht bloss darin besteht, das Kleingewerbe zu fördern, sondern dieses florierende Gewerbe als Teil einer allgemeinen Aufwertungsstrategie zu nutzen.

Seitdem der Kreislauf 2007 initiiert wurde haben sich die Kreise 3, 4 und 5 markant verändert. Damals war der Kreislauf ein Instrument, um das Image dieser Quartiere neu zu definieren (weg von Prostitution und Drogen, hin zu schicken Kleidern und Kunst). Schliesslich musste man für zahlungkräftigeres Klientel den Gang in diesen Teil der Stadt schmackhaft machen, denn ein Angebot ohne Nachfrage klappt nicht wirklich.

Heute hat sich die Bedeutung des Kreislaufs parallel zur Entwicklung des Quartier verändert. Der Kreislauf ist von einem Erfüllungsgehilfen der Aufwertung zu einem Teil der Festigung des aufgewerteten Quartiers geworden. Die Europaallee mit Kosmos und 25hours Hotel hat endgültig den Anschluss an die Langstrasse hergestellt und bietet damit eine durchgehende Verbindung des Kapitals vom Kreis 1 in die Hauptader des Kreis 4. Rund um die Strasse gibt’s immer mehr Neubauten mit (logisch!) höheren Mieten als zuvor, Migros und Coop pflanzen ihre Pseudo-Kleinläden überall hin und wo mal die Perlamode stand, versucht sich Hiltl anzubiedern.

Weil die Läden, die am Kreislauf teilnehmen, dieser Dimension der Aufwertung als Feigenblatt dienen, haben wir sie besucht, damit sie den Schlosser kommen lassen müssen. Natürlich sind sie insgesamt als untergeordnete Akteure im Prozess der Aufwertung zu verstehen. Aber auch solche können sich positionieren: Auf Seiten der BewohnerInnen oder eben auf Seiten der VertreiberInnen.

Aufwertung heisst Vertreibung! Greifen wir sie an!

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