„Uniti, siamo forti!“, Erfahrungsbericht vom Streiktag der Bauarbeiter in Zürich

Am Morgen sind es wenige Hundert Bauarbeiter neben dem Helvetiaplatz, die sich zu seichtem Pop und wenig enthusiastischen Unia-Reden versammelt haben. Ist das Kalkül der Baumeister aufgegangen? Aus der Absicht, der Unia keine Konfrontationsfläche zu bieten, haben die Baumeister für den Protesttag die meisten grösseren Baustellen in der Stadt Zürich schliessen lassen. Ab und an werden einige Bauarbeiter aufgefordert, mit einem Unia-Funktionär eine kleinere, noch nicht streikende Baustelle zu besuchen, um die Kollegen dort zum Streik zu bewegen. Kurz vor 10 Uhr fahren mehrere Reisecars vor und eine grössere Menge von Bauarbeitern und solidarischen UnterstützerInnen steigt ein. Nächster Halt: Die Baustelle des Gubristtunnels. Erinnerungen an die Blockade des Bareggtunnels 2002 werden wach. Kommt es wieder zu einer Blockade?

Obwohl die Baustelle beim Gubrist eigentlich seit Morgens um 4 Uhr bestreikt wird, sind einige Bauarbeiter immer noch bei der Arbeit. Bei ihren streikenden Kollegen kommt das verständlicherweise schlecht an. Auf portugiesisch werden die Arbeiter dazu bewegt, die Arbeit ebenfalls niederzulegen. Sie tun es breitwillig und werden unter Applaus in die Gruppe aufgenommen. Ein paar hundert Meter weiter stehen die Bauarbeiter vor einem verschlossenen Gittertor. Dank praktischen Fähigkeiten hält das Schloss nur kurz. Auch hier: Kurze Diskussion, die obligaten „caralho “(1) und schon geht’s ab in die Umkleidekabine. Weiter hinten sind ein Bagger und ein LKW weiter in Betrieb. Sie werden kurzerhand blockiert. Dabei kommt es zu hitzigen Wortgefechten mit den Schweizer Streikbrechern, die von der wütenden Menge Einiges zu hören bekommen. Was auffällt ist, das die Initiative vor Ort von den streikenden Arbeitern aus kommt. Die Unia-Funktionäre fühlen sich gezwungen, öfters einzugreifen. Für die mitgereisten AktivistInnen ein eindrückliches Zeugnis des kämpferischen Bewusstseins der Bauarbeiter.

Zurück in Zürich: Nach einer Demo bis zum Hauptbahnhof, essen die Bauarbeiter mitten auf der Bahnhofbrücke zu Mittag. Die Menge ist auf einige Tausend Personen angewachsen. Am Verkehrsknotenpunkt Central geht nichts mehr. Langsam bewegt sich die Menge Richtung Baumeisterverband. Der Lärm der Trillerpfeifen ist ohrenbetäubend. Weiter oben wird von revolutionären Kräften ein riesiges Solitransparent ausgerollt, die Botschaft von den Arbeitern mit tosendem Applaus aufgenommen. Bei der Abschlusskundgebung vor dem Baumeisterverband versinkt die Menge in rotem Rauch.

Der Protesttag der Bauarbeiter zeigt einerseits, dass kämpferische (Gewerkschafts-) Politik ankommt, bei den Bauarbeitern Resonanz erzeugt und von ihnen in praktischen Initiativen aufgenommen wird. Das kämpferische Bewusstsein der Arbeiter ist auch der Anknüpfungspunkt für revolutionäre Kräfte. Der Tag zeigt auch, dass solidarische Unterstützung sehr geschätzt und bereitwillig integriert wird.

Ob sich die Bauarbeiter mit ihren Forderungen durchsetzen, wird sich am in wenigen Tagen an der nächsten Verhandlungsrunde zeigen. Sie haben heute ihre Entschlossenheit gezeigt und damit die Voraussetzungen dafür geschaffen. Die Erfahrung zeigt aber auch, dass kämpferisches Bewusstsein auf der Strasse und die Kalküle am Verhandlungstisch zwei verschiedene Welten sind.

(1) Portugiesisches Fluchwort

Bau Streik ZH1 Bau Streik ZH2

Bau Streik ZH3