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In Zürich haben wir heute anlässlich des Besuchs von Erdogan zum „Flüchtlingsforum“ der UNO in Genf (16.-18. Dezember) zwei Luxuskarren vor einer Mercedes-Garage abgefackelt. Die Rolle, die Mercedes im türkischen Angriffskrieg spielt ist hinlänglich bekannt: Mercedes beliefert die türkische Armee, mit ihren Lastwagen werden Waffen und Dschihadisten nach Rojava verfrachtet. Über diese direkte Komplizenschaft hinaus, liefert Mercedes der türkischen Diktatur wichtige Devisen, indem sie wie die gesamte deutsche Auto-Industrie in grossem Masse in der Türkei produzieren lässt.
Wenn Erdogan, Anführer des türkischen Faschismus, hierhinkommt, dann gilt es ganz grundsätzlich, ihm und all dem, was er politisch repräsentiert, entgegenzutreten. Auf allen Ebenen, mit allen Mitteln. Seit Jahren verschärft sich sein reaktionäres Programm im Bündnis mit der faschistischen MHP, islamistische Perspektiven mischen sich mit neo-osmanischen Grossmachtsvisionen, es herrscht Nationalismus pur. In der Türkei wird dieser Prozess angetrieben durch eine gravierende ökonomische Krise und inner-bourgeoise Widersprüche. In dieser Situation verlangsamt sich nicht etwa der gesellschaftliche Faschisierungsprozess, sondern er wird rasant weiter beschleunigt. Jede politische Regung der unteren Klassen wird mit harter Repression überzogen, Frauen, die die patriarchalen Strukturen in der Türkei anprangern, werden verhaftet und zu mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt und der Befreiungskampf in Bakur (Nordkurdistan, Südosttürkei) wird militärisch bekämpft.
Im Ausland wütet die Türkei militärisch, es ist ein faschistischer Krieg, weil er den Machterhalt eines faschistischen Blocks in der Türkei zum Ziel hat. Rojava, dieses hoffnungsvolle revolutionäre Projekt, wird angegriffen, seit Jahren ist Krieg, wobei die jeweils konkrete Form der Kriegsführung gegen Rojava variiert. Blockaden, verdeckte Terroroperationen, offene militärische Angriffe, permanente Drohnenüberflüge, Einschränkungen der Bewegungsmöglichkeiten politischer oder militärischer Kräfte – das Repertoire der Konterrevolution und des Kriegs ist vielfältig. Es ist die Türkei, die den Angriff hauptsächlich ausführt, aber hinter oder Seite an Seite mit ihr stehen die imperialistischen und sonstigen Grossmächte in der Region. Sie mögen ab und an propagandistisch ihren Missmut über die jeweilige Kriegsführung der Türkei aufbauschen und betonen, letztlich sind es aber sie, die diesen Krieg überhaupt ermöglichen.
So ist es nun ein geradezu zynisches Bild, wenn Erdogan in Genf auf (Mit-)Einladung von Cassis gemeinsam mit Merkel (bzw deren Vertreter Maas) und anderen zu einem „Flüchtlingsforum“ der UNO zusammenkommt, um darüber zu sinnieren, wie man die Lage der Flüchtenden verbessern könnte. Ihr seid es, mit euren Militäroperationen, mit eurer Ausbeutung der Ressourcen und Arbeitskräfte, mit dem Schutz eurer ökonomischen Privilegien, mit dem Kapitalismus und Imperialismus überhaupt, die diese Situation erst erschaffen und gestützt habt! Und nun kommen sie zusammen, unter dem Feigenblättchen der UNO, um so zu tun, als würden sie sich um das Schicksal dieser Menschen kümmern?! Diejenigen, welche Flüchtlinge als Erpressungsmittel einsetzen? Diejenigen, welche die Festung Europa an jeder Front weiter ausbauen? Diejenigen, welche in Afrika Warlords finanzieren, damit auch ja die Boote, die aus Libyen ablegen, weniger werden? Ihr wollt die Frechheit haben, über Flucht als Problem zu reden?
Überhaupt – reden wir von der UNO. Dieser Institution, die sich als Gegenstück zu NATO und Konsorten positioniert, aber letztlich so viel Beisskraft aufbringt wie ein zahnloser alter Hund. Es war die UNO Generalkonferenz selber, an der Erdogan unwidersprochen die aktuelle Militäroperation gegen Rojava ankündigen konnte, vor der versammelten Runde der Herrschenden. Es ist die UNO, die keinen Finger rührt angesichts des offenen Angriffs- und Besatzungskriegs, welchen die Türkei ausübt. Es ist die UNO selber, die ungerührt zuschaut, wie in Afrin und nun auch anderen besetzten Teilen Rojavas eine ethnische Säuberung vollzogen wird, bei der die bisherige Bevölkerung vertrieben wird und neue türkisch-stämmige, arabische, und vor allem islamistische Kräfte angesiedelt werden (mitunter finanziert und als Teil des EU Flüchtlingsdeals mit der Türkei). Es ist schliesslich die UNO selber, die zuschaut, wenn die Türkei als Teil ihrer barbarischen Kriegsführung Mittel wie weissen Phosphor einsetzt, um es vom Himmel Feuer regnen zu lassen und all jene jämmerlich zu verbrennen, die das Pech haben, zum Feind des NATO-Staats Türkei deklariert worden zu sein.
Wir stehen Schulter an Schulter mit all jenen im antifaschistischen revolutionären Kampf gegen AKP und MHP und gegen all jene imperialistischen und regionalen Kräfte, die diesen Machtblock weiter stützen. Die Fronten sind grundsätzlich klar, es ist politisch keine komplexe Sache. Den türkischen Faschismus denunzieren und angreifen heisst Rojava verteidigen. Rojava verteidigen heisst einen revolutionären Prozess stützen und schützen. Ein revolutionärer Prozess, der andauert und durch seine Existenz überhaupt den Grundsatz betont, dass die Revolution nicht nur notwendig, sondern auch möglich ist.
KOMMANDO SEHIT BAGER NUJIYAN