Communiqué zum 1. Mai 2020

Erklärung des RAS zur 1. Mai-Kampagne 2020

Der diesjährige 1. Mai fand in einem besonderen gesundheitlichen und politischen Kontext statt. Die COVID-19-Pandemie forderte von revolutionären Kräften – wie dem Revolutionären Aufbau Schweiz – taktische Anpassungen in der Mobilisierungsform, um gesundheitliche Risiken minimal zu halten. Gleichzeitig forderten die durch die Pandemie angestossenen Krisenfolgen politisch umso mehr eine offensive Mobilisierung am internationalen Tag der ArbeiterInnenklasse. Der Revolutionäre Aufbau Schweiz hatte für heute entsprechend dazu aufgerufen, den öffentlichen Raum und die Strasse in geeigneter Form mit klassenkämpferischen und revolutionären Positionen zu besetzen. Um den kämpferischen Ausdruck des 1. Mai zu erhalten, haben wir uns in Basel, Winterthur und Zürich an verschiedenen revolutionären, antikapitalistischen oder gewerkschaftlichen Aktionseinheiten beteiligt.

Die Pandemie ist auf einen schon zuvor krisenhaften Kapitalismus getroffen und hat damit die bisherige ökonomische Instabilität und die politische Reaktion der Herrschenden darauf enorm verschärft. Das Ausmass der damit angestossenen Weltwirtschaftskrise wird die Arbeits- und Lebensbedingungen der Ausgebeuteten und Unterdrückten der Welt in Zukunft prägen – auch in der Schweiz. Dennschon jetzt ist klar, dass die Bourgeoisien international und in der Schweiz versuchen werden, die Kosten der Krise auf die unteren Klassen abzuwälzen, und dass sie die politisch-ökonomischen Angriffe der letzten Jahrzehnte verschärfen werden. Gleichzeitig hat diese Krise die fundamentalen Widersprüche des Kapitalismus offen dargelegt: Wollen wir eine Gesellschaft, in der die Profite wichtiger sind als die Gesundheit und die Bedürfnisse der Bevölkerung? Die breite Solidarität und gegenseitige Unterstützung, welche sich in grossen Teilen der Bevölkerung in dieser Krise entwickelt haben, lässt jedenfalls hoffen, dass die kapitalistische Ideologie des Marktes, der Ausbeutung und der Konkurrenz an eine Grenze stösst. Umso wichtiger war und ist es gerade jetzt, eine offensive kommunistische und revolutionäre Perspektive zu artikulieren und im öffentlichen Raum fassbar zu machen. Und es ist gerade der erste Mai, der uns in der Krise diese Möglichkeit gibt. Denn der erste Mai ist der Tag, an welchem auf der ganzen Welt seit über hundert Jahren all diejenigen auf die Strasse gehen, welche eine gesellschaftliche Alternative zu Kapitalismus, Krieg, Krise und Unterdrückung manifestieren. Und es ist auch der Tag, an welchem alle antikapitalistischen Kämpfe und Bewegungen zusammenkommen, Solidarität leben und gemeinsam eine bessere Welt zu erkämpfen suchen. Deshalb haben wir für dieses Jahr mit der Parole „1. Mai – international, solidarisch, revolutionär“ zu Aktionen aufgerufen und betont: „Die Krise bekämpfen, heisst den Kapitalismus bekämpfen“.

In Basel rief das revolutionäre 1. Mai Bündnis dazu auf, sich die Kleinbasler Klybeckstrasse in Kleingruppen für politische Botschaften zu nehmen. Das Tragen von Masken und Einhalten von Abstand waren ausdrücklich erwünscht. Gegen 1000 Personen folgten diesem Aufruf und brachten ihre Inhalte mit einer Vielzahl an Transparenten und Schildern auf die Strasse. Anstelle eines Soundwagens spielten die Teilnehmenden das 1. Mai Radio ab.

Spontan formierte sich ein Demonstrationszug. Vorbei an einem riesigen Transparent mit der Aufschrift «1. Mai – international, solidarisch, revolutionär. Die Krise bekämpfen heisst den Kapitalismus bekämpfen. Solidarisieren, kämpfen, enteignen. aufbau.org» an einem Haus, dessen günstige Wohnungen eben der Gentrifizierung zum Opfer gefallen sind, zogen die Teilnehmenden Richtung Claraplatz. Laut und kämpferisch ging es von dort weiter durch die Grossbasler Innenstadt zum Wettsteinplatz, wo die Demonstration selbstbestimmt beendet wurde. Die Polizei hielt sich während der Demo im Hintergrund, führte im Nachgang aber zahlreiche Personenkontrollen durch.

Im Vorfeld des 1. Mai gab es vom revolutionären Aufbau Basel zahlreiche Aktionen, Bilder und Videos zu verschiedenen Inhalten, die den 1. Mai zum internationalen Arbeitskampftag machen. Die Sammlung ist auf aufbau.org zu finden.

In Winterthur haben wir uns im Rahmen der 1. Mai-Kampagne des Antikapitalistischen Bündnis Winterthur an verschiedenen Aktionen im öffentlichen Raum beteiligt. Ab 11 Uhr morgens – dem üblichen Demozeitpunkt in Winti – wurde auf Radio Stadtfilter ein 1. Mai – Spezialprogramm übertragen, das sich zahlreiche kleine Gruppen unter Einhaltung des Abstandsgebots mit Lautsprechern und Radios im Stadtzentrum und mobil in den Quartieren anhörten. Begleitet wurde diese Radiodemo immer wieder von Feuerwerk, das über die ganze Stadt verteilt gezündet wurde. Am Nachmittag wurden überall in der Stadt Transpis gehängt und Plakate geklebt. Somit gelang es auch in Winterthur am internationalen Kampftag der ArbeiterInnenklasse trotz der besonderen Situation mit revolutionären Inhalten auf der Strasse präsent zu sein.

In Zürich haben wir unter anderem aktiv die Initiative des Revolutionären Bündnis Region Zürich zu einem revolutionären ersten Mai mitgetragen. Das Bündnis hat mit der Parole «Solidarität heisst Widerstand – Gemeinsam gegen den Kapitalismus» dazu aufgerufen, sich solidarisch mit an der Situation angepassten Aktionen auf die Strasse zu gehen. So haben sich verschiedenste Zusammenhänge und Organisationen heute mit vielfältigen Aktionen den Raum genommen, sie haben sich dabei gegenseitig aufeinander bezogen und sich als Teil einer kollektiven revolutionären 1. Mai-Kampagne verstanden. Der Tag wurde am morgen eingeläutet mit koordinierten Solidaritätsaktionen bei Spitälern und Pflegezentren in Zürich und Basel. Am Nachmittag bildeten an verschiedenen Orten gleichzeitig gezündete Feuerwerke den Startschuss für ein vielfältiges und widerständiges Aktionsprogramm. In den folgenden Stunden nahmen sich antikapitalistische und revolutionäre Zusammenhänge und Gruppen durchgehend auf verschiedenste Arten den öffentlichen Raum. Farbanschläge wurden gegen die CS, den Arbeitgeberverband im Gesundheitsbereich und die Avenir Suisse – die, für welche die Krise schon ein Profitgeschäft war und die diese für die nächsten Angriffe auf die ArbeiterInnenklasse nutzen wollen – wurden durchgeführt. Bei airbnb-Luxusappartements wurden als Protest gegen die Gentrifizierung die Schlösser verklebt. Am Bellevue formierte sich ein Demozug. Immer wieder wurden Transparente in der ganzen Stadt gehängt. Es gab verschiedene Initiativen für kurze Demonstrationen oder Kundgebungen. Der Aufruf der Revolutionären Bündnisses wurde also breit von verschiedensten Kräften mit verschiedensten Aktionsformen aufgegriffen und Widerstand gegen Staat und Kapital konnte an diesem Tag mit einer revolutionären Perspektive verbunden werden. Über den ganzen Tag hinweg konnten in der ganzen Stadt immer wieder Feuerwerke gehört werden und die Polizei kam nicht nach, auf die denzentralen Aktionen zu reagieren. Gegen 17 Uhr sammelten sich alle Initiativen im Langstrassenquartier wieder und initiierten an verschiedenen Stellen bezugnehmen aufeinander Demonstrationsversuche. Damit wurde die grosse Kollektivität und Gemeinsamkeit manifestiert. 

Aber auch gewerkschaftliche Aktivitäten wurden heute durchgeführt. Unsere Mitglieder beteiligten sich dabei als gewerkschaftliche BasisaktivistInnen an der Initiative der Basisgruppe Zürich bleibt öffentlich. Sie organisierte am Mittag eine Protestversammlung vor dem Rathaus mit gewerkschaftlichen Gruppen aus verschiedenen Bereichen des öffentlichen Dienstes und weiteren Arbeitsbereichen. 14 gewerkschaftliche Bereichsgruppen unterstützten diese Initiative, um dem kommenden Angriff auf unsere Arbeitsbedingungen, auf die soziale Absicherung und auf den öffentlichen Dienst schon jetzt die Stirn zu bieten. Die Polizei versuchte diese Versammlun aufzulösen. Worauf die verschiedenen Bereichsgruppen selbständig in der Stadt ihren Protest dorthin getragen haben, wo jeweils die politisch Verantwortlichen für die Abbaupolitik hocken.

Diese Initiative drückt aus, dass es in der Gewerkschaftsbewegung jetzt um mehr gehen muss als nur Krisenverwaltung. Diese Krise macht es möglich und nötig, wieder eine Gegenmacht in den Betrieben aufzubauen.

Damit können wir auf einen erfolgreichen widerständigen internationalen Tag der ArbeiterInnenklasse zurückblicken. Trotz Versammlungsverbot und erschwerten Bedingungen in Bezug auf den gesundheitlichen Schutz ist es uns zusammen mit vielen anderen antikapitalistischen, revolutionären und klassenkämpferischen Kräften gelungen, an diesem Tag den öffentlichen Raum zu nehmen. Wir haben dies mit vielfältigen und angepassten Formen gemacht, um uns und andere gesundheitlich zu schützen und gleichzeitig unseren Widerstand in den Städten und Quartieren sichtbar zu machen. An dieser Kollektivität und Solidarität müssen wir in den nächsten Monaten ansetzen. Wenn die Herrschenden wollen, dass die Krisenfolgen – wie Entlassungen, Angriffe auf die Arbeitsbedigungen, zunehmende reaktionäre Angriffe auf Frauen und MigrantInnen – uns vereinzelt und isoliert treffen, dann ist es umso wichtiger, kollektive und klassenkämpfersiche Widerstandsmomente zu entwickeln und eine klassenlose Gesellschaft als Perspektive fassbar zu machen.

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