Franco und die Weltwoche

Franco und die Weltwoche

Ein Kommentar der Arbeitsgruppe Antifaschismus des revolutionären Aufbau’s Zürich.

Am 29.04.2020 veröffentlichte das rechtspopulistische Wochenblatt die Weltwoche eine Ausgabe mit dem Titel «Was Europa Franco zu verdanken hat». Gemeint ist damit Francisco Franco, der ehemalige Diktator Spaniens. Der Gastartikel des reaktionären englischen Historikers Nicholas Farrell ist eine Mischung aus Geschichtsrevisionismus und Faschismus verherrlichender  Propaganda. Dass die Hofpresse der SVP provozieren will ist nichts Neues, wie weit sie sich dazu rechts aus dem Fenster lehnt ist jedoch einmal mehr besorgniserregend. Für AntifaschistInnen stellt sich derweil die Frage, wie man mit dieser rechten Propaganda umgehen will bzw. muss.

Der Autor Nicholas Farrell ist kein Unbekannter. Eine gewisse Berühmtheit erlangte er spätestens im Jahre 2003 als sein Buch «Mussolini: A New Life» veröffentlicht wurde. Darin beschreibt er den ehemaligen faschistischen Diktator Italiens als eine zu unrecht verleumdete Persönlichkeit dessen Charisma und (politische) Geschicklichkeit Zitat «phänomenal» waren. Die Auffassung, dass Mussolini eine charismatische Persönlichkeit war und ein gewisses politisches Geschick an den Tag legte mag durchaus zutreffend sein, doch ändert dies nicht das Geringste am Resultat seiner Politik. Durch die Betonung bzw. das Hervorheben offensichtlich positiver Eigenschaften werden die überwältigend negativen Konsequenzen faschistischer Politik überblendet. Ein Konzept, auf welches Farrell auch in seinem Franco-Artikel zurückgreift.

Denn auch dieser ist eine geschichtsrevisionistische Höchstleistung. Die Umdeutung historischer Tatsachen ist so umfangreich, dass es wenig Sinn ergibt im Rahmen eines kurzen Kommentars auf die einzelnen Punkt einzugehen. Grundlegend für Farrell’s These ist die Annahme, dass Franco kein faschistischer Tyrann sondern der Retter Europas vor dem drohenden Stalinismus war. Untermauert wird das Ganze durch Sätze wie «Dank Franco, unterstützt durch Hitler und Mussolini, sank Spanien nicht in die kommunistische Verkommenheit ab» oder «Franco(…) machte den jüdischen Geist verantwortlich für die Allianz des Grosskapitals mit den Marxisten». Daraus lässt sich ein zweites Muster ableiten, welches den gesamten Artikel prägt. Die Rechtfertigung Franco’s menschenverachtender Politik durch das Argument er habe unter Zwang gehandelt um noch grösseres Übel zu verhindern.

Ein wichtiges Anliegen der Rechten ist es die Geschichte umzudeuten damit die katastrophalen Folgen ihrer Politik in der Vergangenheit nicht mehr als solche wahrgenommen werden. Ein lebendiges und faktenbasiertes historisches Bewusstsein hält viele Menschen (noch) davon ab den FaschistInnen erneut auf den Leim zu gehen. Will die neue Rechte Erfolg haben muss sie dieses Bewusstsein brechen oder zumindest hemmen… und dies gelingt nun Mal am ehesten mittels Feindbilder und Geschichtsrevisionismus.

Faschismus legitimierende Propaganda wie jene der Weltwoche kann und darf also nicht ignoriert werden. Allerdings stellt sich die Frage, wie man auf ein Medium reagiert, welches unbedingt eine Reaktion erzeugen und diese dann wiederum skandalisieren will. Eine einfache Lösung gibt es nicht, was eine antifaschistische Debatte um so notwendiger macht. Genau so wichtig ist eine linke Debatte um die Frage, wie heutzutage eine revolutionäre Perspektive aussehen könnte. Nur wenn die Linke glaubwürdige und vermittelbare Alternativen zum bestehenden neoliberalen Desaster anbieten kann wird sie die Menschen für sich gewinnen können. Ansonsten haben die Rechten leichtes Spiel.

AG AntiFa im Mai 2020