Diese Wandzeitung 82 haben wir am 1. Mai 2015 in Zürich zur Frage der offziellen Demoroute und der Nationalbank veröffentlicht:
Am 1. Mai demonstrieren in Zürich die Gewerkschaften gegen die Folgen der Frankenaufwertung – nur nicht vor dem Gebäude der Nationalbank
Der Schritt der Nationalbank, den Franken aufzuwerten, ist ein Krisenangriff von oben. Die Frankenaufwertung bedeutet nicht nur, dass die Folgen der Wirtschaftskrise auf die ArbeiterInnen und Angestellten abgewälzt wird. Mehr noch, die Krise selbst wird zum direkten Angriff auf die Lohnabhängigen umgeschmiedet. Verlängerung der Arbeitszeit, Lohnkürzungen, Entlassungen: Den Schritt der Nationalbank greifen die Patrons begierig auf.
Die Gewerkschaften richten seither ihre Appelle an die Nationalbank. Der Entscheid sei die grösste „wirtschaftspolitische Fehlleistung der letzten Jahrzehnte“, findet SGB-Präsident Paul Rechsteiner. Die Gewerkschaften bitten die Nationalbank, ihren Entscheid zu überdenken, als ob SNB-Chef Jordan und sein Stab nur eine technische Abwägung gemacht hätten. „Es gibt keine Alternative“ tönt das Mantra von den Strategen der Bank zurück. Wir sagen etwas anderes: Geldpolitik ist politische Gewalt.
Wer sich fürchten muss, den Job zu verlieren, kann sich schlechter wehren. Die SVP-Initiative hatte schon Entsolidarisierung und Spaltung vorangetrieben. Der SNB-Entscheid haut in dieselben Kerbe. Noch effizienter als alle Kontingente gegen MigrantInnen wirkt die drohende Arbeitslosigkeit. Der Angriff der Nationalbank schwächt alle Lohnabhängigen, und damit auch die Gewerkschaften.
Dagegen ist es wichtig, auf der Strasse zu demonstrieren. Man würde meinen, das hätte auch die Gewerkschaftsführung begriffen. Aber obwohl der SNB-Entscheid ein hochaktuelles Ereignis ist, wird das Gebäude der Nationalbank zwischen Bürkliplatz und Börsenstrasse geflissentlich umgangen. Die 1. Mai-Demo zieht durch die Innenstadt, aber einen Aufmarsch vor der Zentrale des Krisenangriffs wird tunlichst vermieden. Stattdessen geht es auf den hübsch getäferten Zünfter-Platz. Und dort werden wir uns dann langfädige Reden gegen die „Fehlleistung“ der Nationalbank anhören können. Ein schlechter Witz! Leider einer, der sich wiederholt. Schon als die Banken ohne Gegenleistung mit 68 Milliarden öffentlichen Geldern gerettet wurden, vermied die Gewerkschaftsführung devot die 1. Mai-Demonstrationsroute über den Paradeplatz zu führen.
Damit wird nicht nur eine politische Chance vertan. Es zeigt sich auch, wie tief das politische Niveau der Gewerkschaftsführung gesunken ist. Demonstrationen sind Strassenpolitik. Sie sind ein symbolischer Aufmarsch zum einen und ein reales Stück kämpferische Solidarität zum anderen. Denn an der Demo kommen diejenigen Leute zusammen, die die Patrons so gerne gegen einander ausspielen würden: Leute mit und ohne Schweizer Pass, Leute mit und ohne Job, ArbeiterInnen, Angestellte, StudentInnen und SchülerInnen. Der 1. Mai ist der Tag, an dem sich die Klasse in ihrer Vielfalt und in ihrer Einheit zeigt. Es ist wichtig, diese Stärke an einem Ort zu zeigen, der reale Bedeutung hat. Und das heisst heute, in diesem Frühling: vor der Nationalbank.
Heraus zum revolutionären 1. Mai!
9:00 // Helvetiaplatz, ZH // Revolutionärer Block
12:30 // Kanzleiareal, ZH // Revolutionärer Treff
15:00 // Helvetiaplatz, ZH // Revolutionäre Demo