Wie schon im letzten Jahr, fand auch dieser 1. Mai unter Bedingungen der Pandemie statt. Und wie letztes Jahr mobilisierten verschiedene Kräfte der sozialen, gewerkschaftlichen und revolutionären Bewegung auf die Strasse, um – gerade in der Pandemie – eine Perspektive jenseits des Kapitalismus fassbar zu machen. Wir taten das sehr erfolgreich unter solidarischen gesundheitlichen Schutzmassnahmen und mit dem unbedingten Willen, uns den öffentlichen Raum als Ort der politischen Auseinandersetzung zu erkämpfen.
Dieses Jahr der Pandemie hat für breite Teile der Bevölkerung noch klarer offenbart, dass es Alternativen zum Kapitalismus braucht. Diese kapitalistische Weltordnung, die auf Konkurrenz und Profitstreben beruht, wird immer mehr zur existentiellen Bedrohung für die Menschheit. Wo Menschenleben durch Impfungen geschützt werden sollten, wird der Profit durch Patente vorangestellt. Wo internationale Solidarität nötig wäre, werden die Grenzen dichtgemacht und der Konkurrenzkampf um Medizin angekurbelt. Wo die Lohnabhängigen existentiell abgesichert werden sollten, welche die ganze Krise faktisch stemmen, treiben die Kapitalist_innen die Umverteilung von unten nach oben dreist weiter. Wo die Pandemie am stärksten die proletarischen Frauen trifft, soll das Frauenrentenalter angehoben werden. Wo die Systemrelevanz des Gesundheitssektor offensichtlich wird, lässt man die Spitäler und das Gesundheitspersonal ausbluten. Wo den Anfängen faschistischer Tendenzen gewehrt werden sollte, bieten sich Staat und Medien als Steigbügelhalter an. Wo der Klimawandel sofort gestoppt werden müsste, diskutieren Parlamente um nutzlose Reförmchen.
Umso wichtiger war und ist es, am internationalen Tag der Arbeiter_innenklasse offensiv auf die Strasse zu mobilisieren und hier verschiedene Kämpfe zusammenzubringen. Was wir gemeinsam in den letzten Monaten entwickelt haben – nämlich die offensive Mobilisierung auf die Strasse – haben wir in verschiedenen Städten auch heute versucht umzusetzen.
In Basel sind am heutigen 1. Mai 3000 Menschen für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen auf die Strasse gegangen. Gut die Hälfte davon bildeten den revolutionären Block. Ausserdem gab es sehr grosse Blöcke des Sans-Papier-Kollektivs, der migrantischen Selbstorganisation und der Basisgewerkschaft IGA.
Ein breites antikapitalistisches Bündnis hatte den revolutionären Block unter der Parole «Wir tragen eure Krise nicht – Organisieren, streiken, enteignen!» organisiert. Der Block nahm sich in Abgrenzung zur Führung der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften die Spitze der Demo. Am Marktplatz hängten wir ein Transparent ans Rathaus um daran zu erinnern, dass wir uns nicht auf den Staat verlassen können, sondern unsere eigenen Kräfte aufbauen müssen.
Nach der vom Basler Gewerkschaftsbund organisierten Route führte der revolutionäre Block die Demonstration fort, um die Pflegenden beim Spital zu grüssen. Durch die Corona-Krise gerieten sie noch mehr unter Druck, als sie es durch die neoliberale Privatisierungspolitik eh schon waren. Winkend und klatschend nahmen Pflegende die Solidarisierung entgegen. Unterwegs wurde am Luxushotel Drei König, einem Sinnbild für die Unterschiede zwischen Arm und Reich ein farbiges Zeichen gesetzt. Die Polizei war teilweise mit grossen Aufgebot präsent. Kurz vor Ende der Demo wurden sie kurz angegriffen. Beim St. Johanns-Park wurde Demonstration selbstbestimmt beendet.
Communiqué des revolutionären 1. Mai Bündnis Basel
In Winterthur nahmen sich rund 400 bis 500 Menschen um 11 Uhr selbstbestimmt und kämpferisch die Strassen. Das Antikapitalistische Bündnis Winterthur hatte unter der Parole «Gesundheit statt Profit» zur Demo aufgerufen. Mit Redebeiträgen, Parolen und Transparenten wurden die verschiedenen Aspekte der kapitalistischen Krise thematisiert und betont, dass es darum geht, die verschiedenen Kämpfe zu verbinden und sich gemeinsam gegen die herrschenden Zustände zur Wehr zu setzen.
In Zürich haben wir am Vormittag auf die Kundgebungen der Gewerkschaften mobilisiert. Wir haben dabei insbesondere die Post-Arbeiter_innen unterstützt, deren Arbeitsbedingungen in der Pandemie enorm verschlechtert wurden. Und natürlich haben wir zusammen mit Care-Arbeiter_innen auf dem Walcheplatz demonstriert, welche die ganze Last der gesundheitlichen Krise geschultert haben und jetzt beginnen, den Widerstand gegen weitere Privatisierungen und Abbaupläne im Gesundheitssektor zu organisieren. Entsprechend haben sich nach der offiziellen Kundgebung auch Kolleg_innen des Service Public weiter die Strasse genommen und unter anderem am Central eine grosse Transparentaktion zu den Spitälern durchgeführt.
Am Nachmittag haben wir zusammen mit einem Revolutionären Zusammenschluss „Wir tragen eure Krise nicht“ auf 14 Uhr zur Demonstration auf den Helvetia/Ni-una-Menos-Platz mobilisiert. Die Teilnahme war überwältigend. Das massive Bullenaufgebot wurde übertölpelt durch das Eintreffen einer Velodemo, woraufhin wir uns mit über 2000 Demonstriedenden im Kreis 4 die Strasse genommen haben. Trotz verschiedenen Versuchen der Bullen, die Demonstration aufzulösen, konnten wir uns über längere Zeit durchsetzen. An der Kanzleistrasse gab es eine grössere Einkesselung, die der widerständigen Stimmung im Kessel und ausserhalb keinen Abbruch tat. Über den ganzen den Nachmittag gelang es immer wieder, sich zu Demonstrationen von 300 bis 500 Personen zu formieren.
Seit Jahren versucht die Polizei revolutionäre Massen-Mobilisierungen am Nachmittag des 1. Mai zu unterbinden. Der heutige Tag zeigt, dass ihnen dies nicht gelingt und dass es immer wieder möglich ist, einer revolutionären und kämpferischen politischen Perspektive auch militant auf der Strasse Ausdruck zu verleihen.
Der heutige erfolgreiche revolutionäre 1. Mai hat gezeigt, dass sich Widerstand nicht unterdrücken lässt. Unsere Parole „Nicht auf den Staat vertrauen, sondern in die eigenen Kräfte“ haben wir in den drei Städten konsequent im revolutionären Block in Basel und in unbewilligten Demonstrationen in Winterthur und Zürich umgesetzt. Die massenhafte entschlossene und wütende Teilnahme hat gezeigt, dass es möglich und nötig ist, sich den öffentlichen Raum mit einer revolutionären Perspektive anzueignen.