Kampf der Stadtaufwertung…
Vor ziemlich genau fünf Jahren begann der erste Stadtspaziergang in Zürich am selben Ort wie heute; letztes Jahr liefen wir von der Fritschiwiese durch die Kreise 3 und 4. Das Thema kapitalistische Stadtentwicklung hält sich, brennt weiter unter den Nägeln und lässt vielen keine Ruhe. Das ist nachvollziehbar, weil in diesem Thema der Aufprall zwischen Lebensrealitäten, wie wir sie gerne hätten, und jenen Realitäten, die uns der Kapitalismus beschert, konkret stattfindet. Wir alle wissen um die Schwierigkeit, in Zürich eine zahlbare Wohnung zu finden, oder das Unwohlsein, welche sogenannte «Aufwertungsprojekte» auslösen, die stets die Frage aufwerfen, ob man sich die nach erfolgter «Aufwertung» steigenden Mieten im Quartier wird leisten können.
Dieser Zustand ist weder Zufall noch auf ewig in Stein gemeisselt. Es gibt mindestens zwei grosse gesellschaftliche Entwicklungen, die ihn begünstigen: Einerseits leben immer mehr Menschen in Städten, Megacities seien der Megatrend von heute und morgen, heisst es. Andererseits ist es global gesehen für Unternehmen schwieriger geworden, Profit zu machen. Das ist im Kapitalismus ein gravierendes Problem, weil dieser wesentlich darüber funktioniert, stets mehr Profit zu erzeugen. Das führt dazu, dass Pensionskassen, Grossbanken und Versicherungen intensiver in Immobilien investieren, wo knapper Raum in der Stadt auf mehr werdende Menschen trifft. Darum auch die stete Blasentendenz in diesem Bereich, darum auch der stete Druck auf die Mieten und damit auf die Menschen.
Aber es muss nicht so sein, wie es ist. Gerade der Kampf um die Häuser am Sihlquai hat in den vergangenen Monaten gezeigt, dass es auch andere Möglichkeiten gibt, nämlich: tätig werden, handeln und versuchen, aus der eigenen Kraft die eigenen Interessen zu verteidigen. Natürlich hat die Auseinandersetzung auch einen David gegen Goliath-Charakter, auf der einen Seite Grossunternehmen wie Coop, Aasgeier wie Intermezzo und die Stadt als Erfüllungsgehilfin des Kapitals, auf der anderen Seite die Mieter_innen, unterstützt von solidarischen Zusammenhängen. Natürlich ist nicht klar, wie der Kampf ausgehen wird, aber anstatt von Anfang an aufzugeben, kann nur gewinnen, wer den Kampf aufnimmt und sich verteidigt. Runterbrechen lässt sich das alles auf die immer wieder auftauchende Formel: solidarisieren – organisieren – kämpfen!
Überhaupt ist diese Formel wesentlich für allerlei Kämpfe, deren gemeinsame Ursache oftmals in letzter Instanz im Kapitalismus liegen. Es reicht, den Blick zu heben und auf die Kriegs- und Krisenschauplätze weltweit zu blicken, um zu wissen, dass es – salopp gesagt – nicht gut aussieht im Kapitalismus. Es reicht, sich die Antworten des bürgerlichen Staats und der hiesigen Wirtschaft auf die Covid-Krise anzuschauen, um zu wissen, dass die Herrschenden in allererster Linie den Schutz ihrer Interessen vor jene der Menschen stellen und dazu zu Autoritarismus und Klassenspaltung greifen, anstatt naheliegendes zu tun, wie das Gesundheitswesen auszubauen und die Impfpatente freizugeben. Wenn wir Lehren aus kämpferischen Momenten wie jenen am Sihlquai in Zürich ziehen wollen, wenn wir eine andere Perspektive als die kapitalistische Misere haben wollen, wird es notwendig sein, Kämpfe gemeinsam zu denken und zusammenzuführen, damit diese Perspektive möglich wird.
… heisst Kampf dem Kapitalismus!