US-Pflege-Streik nach 301 Tagen erfolgreich beendet

Das Pflegepersonal des St. Vincent-Spitals in Massachusetts, über den wir schon berichtet haben, hat im Dezember den Streik, den es am 8. März aufgenommen hatte, beendet. Erfolgreich. Mehr Personal, mehr Sicherheit und Schutz fürs Personal, ebenfalls Verbesserungen der Krankenversicherung des Personals. Marie Ritacco, Pflegerin Streikführerin, spricht von einer „major victory“. Insbesondere, weil jede streikende Person wieder an den Arbeitsplatz zurück kann, den sie vor dem Streik innehatte.

Der Vertrag wurde im Dezember nach monatelangem hin und her unterschrieben, gewonnen hatten die Pfleger_innen eigentlich schon viel früher, zumindest in den Fragen, wegen derer sie den Streik aufgenommen hatten. Schon im Sommer hätte das Unternehmen ein Abkommen unterschrieben, das sie zu mehr Personal und mehr Sicherheit verpflichtete. Es weigerte sich aber den Streikenden Garantien zu geben, dass diese keine Abstufungen oder Entlassung erfahren würden. Und damit konnte und wollte das Pflegepersonal nicht leben, weshalb der Streik vier Monate länger dauerte.

Streik sei ein massiver, gewaltiger Schritt, für alle Arbeitskräfte, insbesondere aber für Pfleger_innen, die sich um das Wohl ihrer Patient_innen sorgen. Der Schritt sei aber durch das Unternehmen Tenet sehr vereinfacht worden, als die Pflegkräfte realisierten, dass seitens des Unternehmens keine Schritte zur Unterstützung im Notstand unternommen werden würden, weder Schritte zum Wohle der Pflegenden noch der Patient_innen.

Das private Gesundheitsunternehmen Tenet, dem das St. Vincent-Spital gehört, erhielt während der Pandemie Milliarden staatlicher Unterstützungsgelder. Es entliess in den Abteilungen, die wegen der Pandemie weniger Arbeit hatten, Pflegende und in den von der Pandemie betroffenen Abteilungen beliess es alles beim Alten, das Unternehmen hielt aus Spargründen sogar Schutzausrüstung zurück. Und es verweigerte den Dialog.

Als dieser Punkt erreicht war, war den Pfleger_innen klar, dass sie handeln müssen, denn wenn sie es nicht tun würden, würde es niemand tun. Sie traten in den Streik und sie hielten 10 Monate lang durch.

Die Unterstützung durch die Öffentlichkeit war überwältigend, was den Streik aber am Leben erhielt, waren die 700 Pfleger:innen, die am Streikposten solidarisch durchhielten. „Am Ende waren wir eine wohlgeölte, funktionierende Streikmaschine“ sagt Marlena Pellegrino, die seit 35 Jahren am St. Vincent arbeitet.

Es haben sich junge und alte Pfleger:innen als wichtige Personen hervorgetan. Sie hielten den Streikposten am Leben, bauten sich gegenseitig auf und garantierten eine funktionierende Kommunikation. Die Kommunikation sei enorm wichtig, der Schlüssel zum Erfolg genau genommen, sagt Pellegrino. Denn den Streikposten stark zu halten ist schwierig bei einem zehnmonatigen Streik mit 700 Beteiligten. „Der Streik stellt jede Zelle in dir auf die Probe, emotional und körperlich.“

„Nach einigen Monaten waren wir alle eins. Wir fanden unsere Stärke ineinander. Ich kann es nicht genau sagen, das war es, es hat sich so entwickelt. Wir kamen durch den einen Tag und dann durch den nächsten. Das halten jetzt alle für ein Cliché, aber das ist kein Cliché. Wir haben das gelebt. Ein Angriff gegen eine ist ein Angriff gegen alle. Das haben wir erlebt und haben darauf bestanden. Manchmal musst du dich zum Streikposten schleppen, aber du weisst, deine Leute stehen da, also gehst du hin. Wir haben immer gesagt: ‚Geht es dir gut? Komm zum Posten. Geht es dir schlecht? Komm zum Posten. Komm immer zum Posten, das ist der Ort, wo du die Stärke findest, den Tag zu überstehen.'“

Die Pfleger:innen waren schon vor dem Streik sehr geschlossen, sonst wären nicht 700 in den Streik getreten. Nun sind sie zuversichtlich, dass sie noch viel geschlossener sein werden, sie kennen sich gegenseitig, und sie haben innerhalb des Hauses die Mehrheit. Sie schätzen sich und das erfüllt sie mit Hoffnung, dass die Arbeit einfacher werden wird.

700 Pfleger:innen haben eines der reichsten und grössten Gesundheitsunternehmen der USA zum Einlenken gezwungen. Ein schöner Erfolg und einer, der Hoffnung gibt.

Weitere Infos und Podcast