14. Juni: Militant und selbstbewusst gegen den herrschenden Scheiss!

Heute vor drei Jahren – am 14. Juni 2019 – haben wir die grösste Demonstration der schweizerischen Geschichte organisiert. Über Monate hinweg haben hunderte von Aktivist_innen entschlossen, kämpferisch und mit einem gemeinsamen, solidarischen Blick auf diesen Tag hingearbeitet. Es ist uns etwas gelungen, das selten ist: Die eher marginale radikale Kritik am patriarchalen und heteronormati- ven Kapitalismus wurde für viele Frauen, queere, nonbi- näre, inter- und trans Personen für einen Moment zum Bezugspunkt und zur Antwort auf die alltäglichen und vielfältigen Unterdrückungserfahrungen.

Dieser Erfolg von 2019 sticht auch heute noch heraus, weil er sinnbildlich dafür ist, was wir und diese Gesellschaft so bitter nötig hätten: Eine starke gesellschaftliche Kraft, die die alltägliche Wut auf die Umstände in eine breite, aber radikale Mobi- lisierung übersetzen kann. Eine solche gesellschaftliche Kraft konnte da ansetzen, wo die bürgerliche Politik die drängenden Probleme in unproduktive und zermürbend elitäre, akademische Büros abschiebt. Die Bewegung schaffte Hoffnung und Selbstvertrauen und befähigte, die strukturellen und materiellen Bedingungen patriarchaler Unterdrückung wieder in den Blick zu nehmen. Jene Probleme, die allen proletarischen Frauen sowie queeren, inter und trans Personen gemeinsam sind. Es war denn auch genau diese Verbindung – zur Frage der Löhne, der Arbeitsbedingungen, der Renten und der Reproduk- tionsarbeit – die unseren antipatriarchalen Forderungen 2019 eine solche Stärke verliehen hatte

Alles anders, vieles gleich

Der Frauenstreik 2019 hat enorm viel verändert – vor allem bei uns selber. Er hat uns selbstbewusster, kämpferischer, ungeduldiger und kompromissloser gemacht. Und das brauchen wir. Aber er hat an den patriarchalen Strukturen nicht viel verändert. Klar, auf der symbolischen Repräsentationsebene sind Firmen mit Diversity-Politics aufgesprungen und alle – auch der Bundesrat – waren voller Liebe mit dem Frauenstreik. Darauf können wir aber scheissen.

In Tat und Wahrheit sprechen alle immer nur von „Gleichberechtigung“, keine einzige Care-Arbeiter_in, weder bezahlt noch unbezahlt, merkt viel davon. Schon lange klagen bezahlte Care-Arbeitende über Arbeitsbedingungen, Stress und Lohnverhältnisse, die Pandemie hat den Missstand sogar für alle gut sichtbar gemacht und damit aufgezeigt, wie stark die patriarchale Unterdrückung mit der kapitalistischen Notwendigkeit von Reproduktions- und Carearbeit zusammenhängt.

Who Cares? We Care! Care-Arbeit wertschätzen und aufwerten.

Beispielsweise mussten die Krippen-Betreuer_innen weiterarbeiten und die Regierung hat sich viel Zeit gelassen, den Krippen finanziell unter die Arme zu greifen. Die Pflege-Arbeiter_innen in den Spitälern und Heimen wurden zur ersten und wichtigsten Front gegen die Pandemie – mit allen Opfern, die von ihnen abverlangt wurden. Aber wenn es um ihre Forderungen geht, zeigt sich die Politik wieder knauserig, im Gegenteil werden die Spitäler weiterhin kaputtgespart. Die Horte werden in Zürich zur Tagesschule umfunktioniert und gleichzeitig soll gespart werden. Und die Schulen stehen vor einem akuten Lehrkräftemangel, der sich schon heute in enormen Belastungen für das Lehrpersonal äussert. Das sind keine Zufallserscheinungen, sondern Ausdruck einer Krise der sozialen Reproduktion. Allen ist klar, wie wichtig die Reproduktions- arbeit ist, aber im Kapitalismus muss diese möglichst niedrig und billig gehalten und am liebsten ins Private abgeschoben werden, wo Menschen sie dann „aus Liebe“ zu leisten hätten.

Die letzten drei Jahre haben nicht nur gezeigt, dass es möglich ist, zu einer starken gesellschaftlichen Kraft zu werden, sondern auch, dass patriarchale Strukturen eben fix zum Kapitalismus gehören. Umso wichtiger ist es, unsere Kraft auch dort einzubringen, wo die Kämpfe um die Reproduktionsarbeit offenkundig werden: In den Spitälern, in der Kinderbetreuung und in den Schulen.

Sorgearbeit kollektivieren – Kapitalismus entsorgen! Für den Kommunismus. www.aufbau.org