Strassenkampf ist Klassenkampf – Erklärung zum 12. Mai 2023

Gestern Nacht (12. Mai) haben wir uns mit einer verdammten Wut im Bauch im Kreis 4 zusammengefunden und uns militant, entschlossen und unkontrollierbar die Strasse genommen. Aus der Überraschung heraus und mit grosser Entschlossenheit haben wir die herbeieilenden Bullen angegriffen. Für einen kurzen aber nachhaltigen Moment haben wir damit das staatliche Gewaltmonopol gebrochen und den Bullen in ihrer Arroganz einen gehörigen Schrecken eingejagt. Wenn wir gemeinsam und solidarisch agieren, ist es möglich, den bestehenden Verhältnissen und dessen Repressionsschergen Nadelstiche zu versetzen!

Gründe, um die Polizei anzugreifen, gibt es unzählige. Überall dort, wo sich gesellschaftliche Widersprüche aufmachen, agieren sie als bewaffneter Arm des Staates. Sie sind es, welche mit ihrer Omnipräsenz auf der Strasse die Interessen des Kapitals durchzusetzen versuchen. Wenn das Langstrassenquartier weiter aufgewertet wird, sind sie es, die alles, was nicht mehr ins Bild vom «Schicki-Micki-Viertel» passt, schikaniert, wegweist oder verhaftet. Wenn der bürgerliche Staat sich weiter nach aussen abschottet, statt Fluchtursachen wie Kriege oder Umweltzerstörung zu bekämpfen, sind sie es, welche an den Grenzen stehen oder Migrant*innen einsperren und Ausschaffungen sichern. Wer die Heiligkeit des Eigentums in Frage stellt, sich nimmt, was gebraucht wird um zu (über-)leben, trifft früher oder später auf die Freunde des Gesetzes. Wenn Jugendliche keinen Bock darauf haben, ihren kümmerlichen Lehrlingslohn für zu teure Clubs und Getränke rauszuschmeissen und sich stattdessen selber organisieren, ja auch dann sind sie es, die einschreiten. Es könnten hier noch endlos Beispiele aufgezeigt werden, doch auf was wir hinauswollen: Die Polizei ist hier, um die bestehende Ordnung und die Interessen der besitzenden Klasse zu verteidigen. Sie agiert im Auftrag des bürgerlichen Staates.

Daher überrascht uns das brachiale Vorgehen, wie wir es an diesem 1. Mai in Zürich, Basel und anderswo erlebt haben, nicht wirklich. Die revolutionäre Bewegung erreichte in diesem Jahr bereits einige Momente, in denen es gelang, eine kollektive Antwort auf die Klassenlämpfe von oben zu geben. Wie schön war es, als wir gemeinsam auf die Räumung des Koch-Areals reagierten und den Herrschenden den Preis für die Vernichtung von Freiraum vor Augen führten. Wie stärkend, als wir auch dieses Jahr wieder gegen Patriarchat, Sexismus und Kapitalismus am 8. März auf die Strasse gingen und uns gegen die Staatsgewalt durchsetzten. Wie befreiend, als wir an der Reclaim the Streets gemeinsam Profitgier und Konsumzwang durchbrachen und nicht nur feiernd durch die Strasse gezogen sind, sondern uns gegen die erwartenden Angriffe organisiert zur Wehr gesetzt haben. Der Staat hasst jene Momente des Kontrollverlusts und sieht sich im Zugzwang, wenn sich Widersprüche zu sehr zuspitzen und Alternativen aufgezeigt werden. Politiker*innen verschiedener Parteien holen zum Rundumschlag gegen die revolutionäre Bewegung aus und die Medien giessen mit ihrer Hetze weiter Öl ins Feuer. Praktischer Ausdruck dieser Politik findet sich dann auf der Strasse wieder. Wenn das Klima stimmt, mit politischer Rückendeckung von oben zu rechnen ist, dann sitzt der Finger am Abzug etwas lockerer und es können auch bewusst Verletzungen in Kauf genommen werden. Koste es, was es wolle. Hauptsache der staatliche Auftrag wird ausgeführt.

Empört uns das Ganze jetzt? Natürlich nicht. Vielmehr sagen wir, Empörung hat noch nie ausgereicht! Ob Kontrollen, Gummischrot, Knüppel oder Handschellen: Getroffen werden einzelne. Der Angriff aber gilt all jenen, die nicht weiter bereit sind, den Status Quo zu akzeptieren. Die Wut über Herrschaft muss zum Brandbeschleuniger sozialer Kämpfe werden, gegen die Angriffe von oben müssen kollektive Antworten gefunden werden. Gegen den Staat und seine Lakaien in Uniform müssen wir uns organisieren, um Alternativen nicht nur kurzfristig aufzuzeigen, sondern langfristig zu erkämpfen.

von: https://barrikade.info/article/5954