Extrablatt zum feministischen Streik ’23

Zum feministischen Streik 2023 haben wir wieder ein Extrablatt „Streikpause“ der aufbau-Zeitung veröffentlicht.

 „Streikpause“ tönt etwas bescheiden und klein für den grossen feministischen Streik. Aber eine wichtige Besonderheit des Streiks verblasst schnell die neben der prägenden Erfahrung der kollektiven Freude auf der Strasse gemischt mit der kollektiven Wut gegen patriarchale Strukturen. Unzählige Frauen und queere Personen bringen ihre Wut heute auch dort zum Ausdruck, wo sie leben und arbeiten.

Und dieser Kampf in den alltäglichen patriarchalen Strukturen ist oft nicht so spektakulär, bleibt unsichtbar und ist mühsam und kleinschrittig. Deshalb wollen wir diese wichtige Seite des feministischen Streiks auch sichtbar machen. Wenn es heute nämlich gelingt, beim Arbeitsplatz gemeinsam mit Kolleg_innen den Alltagsbetrieb zu stören, mehr einzufordern als eine sozialpartnerschaftliche Geschäftsleitung „grosszügig“ erlaubt oder eben nur schon eine Streikpause durchzusetzen, dann ist das eine Chance auch längerfristig bei der Arbeit Gegenmacht aufzubauen.

Natürlich finden wir diese klein anmutenden aber dafür handfesten Organisierungsschritte am Arbeitsplatz auch politisch wichtig. Dass heute politische und soziale Errungenschaften in Frage gestellt werden können, hat auch damit zu tun, dass die Stärke der Gewerkschaften geschwunden ist. Eine starke soziale Kraft, welche die Arbeiter_innenbewegung früher darstellte, muss heute neu – und auch feministisch – von unten wieder aufgebaut werden. Und sie darf sich nicht spalten lassen in einen Lohnarbeits- und einen Privatbereich, weil zum proletarischen Leben eben alle Bereiche gehören.

Wie wichtig und wirksam ebendiese Verbindung von Feminismus und Klassenkampf ist, hat der feministische/Frauen*streik seit 2019 bewiesen. Die bürgerlichen Medien mahnen uns schön paternalistisch, ein „Frauenstreit“ sei dem feministischen Streik doch nicht zuträglich. Sie meinen damit die Tatsache, dass sich die Organisator_innen des feministischen Streiks links verstehen und keine Zusammenarbeit mit Bürgerlichen wollen. Das ist natürlich schade für alle bürgerlichen Karrieristinnen, die diese Bewegung gerne als Sprungbrett genutzt hätten und deshalb auch ganz wichtig finden, dass die Frauenquote in Chefetagen erhöht wird. Für proletarische Menschen ist es aber einerlei, ob eine Frau Chefin oder ein Herr Chef erklärt, weshalb unsere Arbeit halt weniger wert sei, deshalb schlechter bezahlt werde und es halt ganz schwer sei gutes Personal zu finden, wobei nie erwähnt wird, dass das an den schlechten Arbeitsbedingungen liegen könnte.

Aber genau diese Abgrenzung von unten links nach oben rechts macht den feministischen Streik eben politisch. Feminismus alleine genügt nicht – das kann zu rassistischen und transphoben Alice Schwarzern führen, die neue Kriegsgeilheit „feministischer“ Aussenpolitik beflügeln oder die „Gleichberechtigung“ bei der Erhöhung des Rentenalters vorantreiben. Dass Feminismus aus Solidarität und Zusammenhalt statt Konkurrenz besteht und dass die patriarchalen Strukturen ein System- statt ein Individualproblem sind, das lässt sich eben auch praktisch und lebendig erfahren, wenn der feministische Streik im Arbeits- und Lebensalltag aller Frauen und queeren Personen verankert ist. Deshalb sammeln wir in diesem Extrablatt Berichte direkt von dort, wo es heute gelingt, sich im Alltag zu organisieren und durchzusetzen.

Und das gibt die Möglichkeit, die heutige Kraft der kollektiven Stärke auf der Strasse mitzunehmen für die morgigen alltäglichen Kämpfe gegen die einzwängenden patriarchalen Strukturen.

Inhalt:

Streikkampagne der Kriso S. 2

Wut in der Hausarbeit S. 3

Streik in der Reinigung S. 3

Organisierung im Sozialbereich S. 4

Streikpause in der Post Mülligen S. 4