Betriebsrätin nach Anmeldung einer „Solidarität mit Daniela“ Kundgebung beurlaubt

Das deutsche Bündnis «Gesundheit statt Profit» solidarisiert sich mit Ariane.

(agf) Vor einigen Monaten startete die massive Hetzkampagne gegen die drei ehemaligen Mitglieder der Roten Armee Fraktion (RAF) Ernst-Volker Staub, Burkhard Garweg und Daniela Klette. Nach einer Hausdurchsuchung in Berlin wurde Daniela Klette festgenommen, sie befindet sich seitdem in Untersuchungshaft in Vechta.

Zum Tag der politischen Gefangenen gab es eine Soli-Kundgebung vor die Justizvollzugsanstalt für Frauen in Vechta. Wie später von den Bremer Medien geoutet, wurde diese von der Pflegefachfrau Ariane angemeldet. Nach dem Outing durch die Medien haben sich der Betriebsrat, in dem Ariane tätig ist, von ihr distanziert und sie aus der sogenannten„Freistellung für den Betriebsrat“ entlassen. Daraufhin wurde sie durch den Klinikverbund „Gesundheit Nord“ (Geno) beurlaubt. Die Verfolgungen und Einschüchterungen rund um die Fahndungen nach ehemaligen RAF-Mitgliedern nimmt nun vollends groteske Züge an. Wir haben mit Ariane über ihre Situation gesprochen.

Was bedeutet genau „freigestellte Betriebsrätin“?

Freigestellte Betriebsrätin bedeutet, dass ich die ganze Zeit für den Betriebsrat arbeite, also mich während meiner Arbeitszeit für die Kolleg_innen und ihre Anliegen einsetze. Das heisst auch, dass ich nicht mehr am Patient_innenbett arbeiten müsste. Ich arbeite jedoch zwei bis vier Nächte auf meiner Station am Patient_innenbett, einfach um den Kontakt zur Basis nicht zu verlieren. Ich habe einen Vertrag von der GENO, das heisst, diese Betriebsratsarbeit wird vom Arbeitgeber bezahlt.

Du musstest erst aus der Freistellung für den Betriebsrat entlassen werden, bevor die Beurlaubung vom Arbeitgeber möglich war. Klingt nach einem abgekarteten Spiel zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung. Was bedeutet die Entlassung aus der Freistellung für dich und wie schätzt du das Zusammenspiel von Betriebsrat und Geschäftsführung ein?

Als freigestellte Betriebsrätin kann mich der Arbeitgeber nicht von der Arbeit freistellen oder beurlauben, weil ich von den Beschäftigten gewählt worden bin. Der Betriebsrat musste mich erst aus der Freistellung abwählen. Sie können mich nicht freistellen als normale Betriebsrätin, das geht nicht. Als aus den Medien bekannt wurde, dass ich die „Solidarität mit Daniela“ Kundgebung angemeldet hatte, hat der Betriebsrat sofort die Geschäftsleitung aufgefordert, gegen mich vorzugehen. Am Tag darauf gab es eine Sondersitzung, um mich als freigestellte Betriebsrätin abzuwählen. Und kurze Zeit später wurde ich von der Geschäftsleitung auch für die Arbeit am Patient_innenbett beurlaubt. Was heisst das nun für meine gewerkschaftliche Arbeit? Wir haben jeden Mittwoch Betriebsratssitzung, da darf ich noch hin, an den übrigen Tagen darf ich das Krankenhaus nicht betreten, ich darf auch am Mittwoch keinen Kontakt zu den Beschäftigten aufnehmen, mir haben sie die E-Mail-Adresse gesperrt und anfangs habe ich die Tagesordnung für die kommenden Sitzungen nicht mehr bekommen. Das heisst, ich konnte meine Arbeit auch als einfache Betriebsrätin nicht mehr erfüllen. Für mich kommt das einem Berufsverbot gleich und das ist ein Skandal. Es ist offensichtlich; der Betriebsrat und die Geschäftsleitung haben da Hand in Hand zusammengearbeitet.

Du bist auch in der unabhängigen Betriebsgruppe „uns reicht’s“, welche sowohl dem Betriebsrat wie auch der Geschäftsführung ein Dorn im Auge ist, warum?

Die unabhängige Betriebsgruppe „uns reicht‘s“ gibt es schon seit 2005. Wir haben damals gemerkt, dass der Betriebsrat und die Geschäftsleitung ein Klüngel sind, das wollten wir nicht. Wir haben 2021 in einer Betriebsratssitzung angemeldet, dass wir eine Listenwahl beantragen und mit „uns reicht‘s“ antreten wollen. Da brach ein richtiger Shitstorm über mich herein. Sie haben versucht mich bei den Beschäftigten schlecht zu reden und ich wurde bei der Direktion angeschwärzt, ich würde mit den Arbeitszeiten schummeln. Weiter wurde versucht, mich dabei zu hindern, Kolleg_innen bei Gesprächen mit Vorgesetzten zu begleiten. Die Direktion hatte mich daraufhin im Dezember 2021 von meiner Arbeit freigestellt. Da haben wir uns natürlich gewehrt, und sie mussten das innerhalb weniger Tage zurücknehmen. Sie versuchten weiterhin mich zu verteufeln, aber im März 2022 zeigte die Listenwahl, dass wir die meisten Stimmen hinter uns hatten. Sie haben Angst vor mir, weil sie genau wissen, dass ich mich wirklich für die Kolleg_innen einsetze. Als das jetzt aufkam mit der Anmeldung der Demo für Daniela Klette, nahmen sie das zum Anlass mit endgültig los zu werden. Ich bin einfach zu unbequem.

Wofür genau steht die Liste „uns reicht‘s“? Was sind eure Anliegen, Forderungen?

Die Liste „uns reicht‘s“ steht zum Beispiel dafür ein, dass die ausgelagerten Tätigkeiten, welche von der Tochterfirma GND übernommen wurden, rückgeführt werden, in die GENO. Es handelt sich hier um Tätigkeiten in der Reinigung und am Empfang, welche unter massiv schlechteren Bedingungen an die Tochterfirma GND ausgelagert wurden.

Eine Beurlaubung für eine politische Aktivität in deiner Freizeit, die ja auch absolut nichts mit dem Krankenhaus Betrieb zu tun hat, ist nicht rechtens. Wie gehst du dagegen vor?

Es gibt zwei Optionen; ich kann mit meiner Anwältin rechtlich dagegen vorgehen. Die Gegenseite hat bereits eingeräumt, dass ich nichts falsch gemacht habe und das Krankenhaus nicht mit der Kundgebung in Zusammenhang gebracht habe, sondern, dass das von anderen Leuten ausging. Sie haben also nichts in der Hand gegen mich. Der Arbeitgeber hat mir daher eine „einheitliche Vertragsauflösung“ angeboten mit einer Abfindung. Ich bin 70 Jahre alt und kann nicht mehr ewig arbeiten, darum überlege ich mir jetzt schon ernsthaft die Abfindung anzunehmen, falls das Angebot stimmt.

Du bist ja auch nicht nur gewerkschaftlich tätig, sondern auch noch anderweitig aktivistisch unterwegs. Wenn du offiziell in Pension gehst, dann wirst du mehr Zeit haben für andere politische Arbeit.

Genau, mich haben schon zahlreiche Gruppen angefragt, ob ich nicht bei ihnen für eine Veranstaltung vorbeikommen kann und über meine Sache, aber immer im Zusammenhang mit Daniela, zu sprechen. Es ist wichtig diese Kämpfe und die Repression dagegen nicht getrennt voneinander zu sehen, gerade im Hinblick auf die aktuelle, internationale Lage. In Berlin wird versucht, die deutsche Bevölkerung kriegstüchtig zu machen, ich brauche nur die Konflikte Palästina / Gaza zu erwähnen. Es brennt überall. Dass sie gegen uns rigoros vorgehen, hat damit zu tun. Sie wollen ein ruhiges Hinterland und gehen gegen jeglichen Widerstand vor. Es ist wichtig dem etwas entgegen zu setzen.

An deinem Beispiel sieht man ganz gut, wie auf allen Ebenen versucht wird einzuschüchtern und Widerstand zu brechen.

Ja, die dachten, dass ich jetzt einknicke und die Kundgebung vom 14. April zurückziehe. Aber nein, ich lasse mich nicht verkaufen!

Solidarität ist unsere Waffe.