Flugblatt 1. Mai: Grenzen Sprengen – Perspektiven erkämpfen

Der kriselnde Kapitalismus treibt alle vor sich her. Imperialistische Mächte und Machtblöcke streben danach, ihren Einflussbereich auszuweiten, um ihre Interessen zu sichern. Und kein Staat dieser Welt ist zu klein, um sich nicht ebenfalls mit seinen Mitteln im Verteilkampf zu beweisen. Der Preis dafür ist erneut eine kriegerische Barbarei. Um so mehr braucht es heute eine Perspektive für eine klassenlose Gesellschaft jen- seits der kapitalistischen Kriegstreiberei.

«Der Krieg ist nichts als die Geschäfte – Und statt mit Käse ists mit Blei» (Mutter Courage in Bertolt Brecht)

Was für uns Krieg und Elend bedeutet, ist für die anderen Absicherung von Macht oder Quelle von Profit. Zu den Profiteuren der neuen Kriegslust gehören heute nicht nur jene, die sich direkt dem Geschäft mit Blei widmen, sondern auch eine Reihe neuer Industriezweige. Drohnenfirmen liefern die Kriegsgeräte der Zukunft und Softwareunternehmen programmieren die Werkzeuge für das automatisierte Töten. Nicht nur in Anbetracht eines drohenden Klimakollaps gleicht das einer Perversion: Kapitalismus heisst auch eine unvergleichliche Ressourcenverschwendung in Form einer ständigen Produktion und Weiterentwicklung von jenen Waren, die einzig dazu dienen, Leben auszulöschen.

Wer in der kapitalistischen Konkurrenz bestehen will, der geht über Leichen. Wer das Geschäft mit Waffen för- dert, will diese auch nutzen. Und die sich mit der gestärkten Rüstungsindustrie abzeichnende Überproduktion an Rüstungsgüter wird irgendwann auch durch deren Anwendung überwunden. Sei es nur schon dadurch, dass die vorhandenen Mittel anderweitig eingesetzt werden, beispielsweise im militarisierten Grenzschutz oder bei der Polizei.

Zum Krieg gehören immer zwei: Die liberalen Kriegstreiber_innen und die rechten Scharfmacher_innen

Kriege und Militarisierung brauchen Legitimation, für die chauvinistische Ideologien besonders gut taugen. Die globale Kriegstendenz und Militarisierung ist deshalb gleichzeitig Ausdruck wie Folge einer Rechtsentwicklung. Kein Krieg, ohne das falsche Wissen darum, dass die eigene Nation überlegen und der Tod für die eigene Sache gerecht ist. Keiner vermag die Bevölkerungen besser auf die kommenden Auseinandersetzungen zu trimmen als die rechten Demagogen und ihre Medien.

Krieg ist allerdings eine arbeitsteilige Angelegenheit, besonders dann, wenn er über Stellvertreter_innen geführt wird. Und um das Wohlergehen einzelner Kapitalfraktionen und der eigenen Nation sind nicht nur rechte Politiker_innen bemüht. Mit Blick auf den Krieg Russlands gegen die Ukraine zeigte sich in den letzten Jahren deutlich, dass auch die grünen und sozialdemokratischen Parteien einen wichtigen Beitrag zur Kriegstendenz liefern, sei es über ihre Regierungspolitik in den NATO-Staaten, sei es in der Stärkung der Rüstungsindustrie, die bis hin zur Forderung nach einer europäischen Atombombe reicht, oder sei es im Einschwören der Bevölkerung auf die kommenden Entbehrungen: Für die Kriege der Herrschenden soll die Arbeiter_innenklasse die Zeche zahlen, entweder direkt als Kanonenfutter oder indirekt darüber, dass der Gürtel enger geschnallt werden soll.

Sowohl die nationalistischen Gelüste als auch die Diplomatie mit drohenden militärischen Mitteln sind ein ständiges Spiel mit dem Feuer. Und die Abschreckungspolitik funktioniert nur dann, wenn sie ernst gemeint ist und hin und wieder auch am Menschen getestet wird. Das zeigt sich heute besonders drastisch in Palästina: Während verschiedenste Mächte diplomatisch und medial darum ringen, wer zu welchem Vergeltungsschlag berechtigt ist, wird die palästinensische Bevölkerung zerbombt und ausgehungert. Das zeigt sich auch an anderen Orten, beispielsweise an den europäischen Aussengrenzen, wo Flüchtende zum Spielball der Kriegsmächte werden.

Die Schweiz, keine Ausnahme

Eingebettet zwischen den imperialistischen NATO-Staaten Deutschland, Frankreich und Italien ist die Schweiz ein Sonderfall. Sie muss sich nicht gleichermassen um die militärische Absicherung ihrer Interessen kümmern und sie kann deshalb auch auf stärkere staatliche Interventionen in der Wirtschaftspolitik verzichten. Zudem wird die hiesige Rüstungsindustrie zwar ebenfalls staatlich verhätschelt. Das hat allerdings vor allem ideologische Gründe. Wirtschaftlich ist die Rüstungsindustrie in der Schweiz, so hat der Bund vor zwei Jahren festgestellt, selbst mit Blick auf die gesamte damit verbundene Wertschöpfungskette heute unbedeutend. Allerdings gleichen andere Dynamiken in der Schweiz jenen Prozessen aus dem nahen Ausland. Von links bis rechts wird an einen neuen Zeitgeist appelliert. Kritiker_innen des israelischen Vernichtungskrieges und der damit verbundenen Militarisierung werden mit falschen Antisemitismus-Vorwürfen mundtot gemacht. An der Aussengrenze setzt man auf militärische Absicherung durch die EU. Und die SVP weiss, wie man sich künftig zu verhalten hat: Vom Schiesskurs für 12-Jährige bis zu den Wehranleihen für die Finanzierung der Armee hatte man in den letzten Monaten allerlei Vorbereitung für kriegerische Zeiten zu bieten.

Klasse gegen Klasse: Revolution statt Rückzugsgefecht

Die Grenzen verlaufen zwischen oben und unten. Dieser alte Ruf nach einer emanzipatorischen Antwort des Proletariats auf all die reaktionären Spaltungsversuche ist heute dringlicher denn je. Die Menschen, die die Kriege für die Mächtigen ausfechten, haben mehr gemeinsam mit jenen, auf die sie schiessen, als mit jenen, von denen sie in die Schützengräben geschickt werden.

Klassensolidarität und Klassenkampf sind nicht nur Floskeln, sie bieten auch konkrete Anknüpfungspunkte im Kampf für eine andere Welt. In Italien oder den USA blockierten antiimperialistische Hafenarbeiter_innen in den letzten Jahren immer wieder gemeinsam mit revolutionären Aktivist_innen Waffenlieferungen an Israel oder die Türkei. In Rojava bekämpft die kurdische Guerilla erfolgreich gegen die türkische Nato-Armee. Und auf der ganzen Welt gehen Menschen am 1. Mai, dem internationalen Kampftag der Arbeiter_innenklasse, auf die Strasse. In all diesen Momenten der Klassensolidarität finden wir Keime unserer revolutionären Perspektive. Es gilt Strategien zu entwickeln um all die realen und imaginären Grenzen zu sprengen, um eine neue Perspektive zu erkämpfen!

Wir drehen die Gewehre um / Und machen einen anderen Krieg / Das wird der richtige sein. (Bertolt Brecht – Lied gegen den Krieg)