
Nach der kämpferischen 1. Mai-Demo 2024 in Winterthur marschierte während der Abschlusskundgebung die Polizei mitten auf den Neumarkt. Unter Einsatz von Pfefferspray und körperlicher Gewalt wurden mehrere Personen festgenommen. Als sich das Antikapitalistische Bündnis etwas später von der Abschlusskundgebung entfernte wiederholte die Stadtpolizei ihren Angriff und verhaftete in der gleichen brutalen Manier eine weitere Person.
Dieser Angriff letztes Jahr in Winterthur steht in einer Kontinuität der Angriffe auf die selbstbestimmten Mobilisierungen am 1. Mai in Zürich oder den spalterischen Angriff auf die 1. Mai-Demo 2023 in Basel. Den Repressionsorganen und den politischen Verantwortlichen geht es mit diesen Angriffen darum, möglichst viele Leute einzuschüchtern und von der Teilnahme an Demos abzuschrecken. Mit ihren Angriffen auf die Demos wollen sie die Bewegung, die am 1. Mai auf die Strasse geht spalten. Und das nicht grundlos: Am 1. Mai kommen verschiedene Kämpfe und sozialen Bewegungen zusammen und tragen ihre Ablehnung des Kapitalismus und ihren Kampf für eine revolutionäre Perspektive auf die Strasse. Diese Einheit, diese kollektive Stärke ist eine Bedrohung für die Herrschenden.
Gerade in einer Zeit, in der sich die Krise des Kapitalismus rasant verschärft, nimmt entsprechend auch die Repression gegen diese Bewegungen zu. Brutale Verhaftungen und hohe Bussen oder Haftstrafen treffen aktuell vielleicht noch einzelne – gemeint sind aber alle, die für eine Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung einstehen.
Dem heute Angeklagten wurden folgende Delikte vorgeworfen: Landfriedensbruch (an einer bewilligten Demonstration), Verstoss gegen das Vermummungsverbot (tragen einer Hygienemaske) und Hinderung einer Amtshandlung. Alle drei Anklagepunkte kommen meist dann zum Einsatz, wenn es sich um ein politisches Verfahren handelt. Gerade der Paragraph des Landfriedensbruchs ist der Gummiparagraph schlechthin. Wer Teil einer Menge ist, von der Gewalt ausgeht, macht sich automatisch des Landfriedensbruchs schuldig. Ob die Beschuldigte Person dabei selbst auch Gewalt ausgeübt hat, ist nicht relevant. Damit werden sämtliche Teilnehmende einer Demo kriminalisiert – und das vollkommen bewusst: Es ist eine Drohkulisse mit klarer Message, die hier vom Staat und seinen Schergen aufgebaut wird: Es kann jede:n treffen, besser du bleibst zu Hause und frisst deine Wut auf dieses marode System weiter in dich hinein.
Der Klassencharakter von Polizei und Justiz zeigt sich aber nicht nur in Repression und Polizeigewalt. Er zeigt sich auch in der Doppelmoral der geltenden Gesetze: wir werden wegen einem angeblichen Bruch des Landfriedens angeklagt, weil wir unsere Positionen auf die Strasse tragen. Während jene, die tatsächlich unzählige Menschen des Friedens berauben – ob direkt durch Krieg oder indirekt durch die Rüstungsproduktion – in der heutigen Gesetzgebung selbstverständlich ungeschoren davonkommen. Ihnen wird der rote Teppich ausgerollt und das von ihnen verübte Unrecht für sie «zu Recht» gebogen.
Dementsprechend irrelevant ist auch das heutige Urteil. Unser Genosse wurde heute zwar in Teilen freigesprochen, dennoch war und ist „Gerechtigkeit“ das letzte, was wir von den Gerichten zu erwarten haben. Es gibt keine Justiz, die «neutral» über allem steht. Es sind die Gesetze der Herrschenden Klasse, die heute gelten. Es sind Gesetze, die von und für diejenigen gemacht werden, die sowieso schon von diesem System profitieren. Es sind Gesetze, die sicherstellen sollen, dass alles so beschissen bleibt, wie es ist.
Aber es sind auch Gesetze, die nicht immer gelten werden. Wenn wir uns wehren, können wir eine Welt erkämpfen, in der nicht ihr Profit bestimmt, sondern die Bedürfnisse der Menschen.
In diesem Sinne stehen wir tatsächlich für den Bruch mit den herrschenden Zuständen, für den Bruch mit ihrem sogenannten Landfrieden ein. Ihr Frieden bedeutet Ausbeutung, Unterdrückung und Krieg. Unsere Antwort darauf kann nur lauten: weg mit diesem Scheinfrieden, weg mit den Ausbeuter:innen und weg mit ihren Schergen in Polizei und Justiz.
Lassen wir uns von der Klassenjustiz nicht spalten oder abschrecken. Getroffen werden einzelne – gemeint sind wir alle. Wir müssen zusammen eine Antwort auf ihre Repression entwickeln, den Angriffen von oben können wir nur kollektiv begegnen. Schliessen wir uns zusammen, ob am 1. Mai oder vor Bezirksgericht. Stehen wir weiterhin ein gegen Kapitalismus, Faschismus und Krieg. Stehen wir zusammen für internationale Solidarität, für den Zusammenhalt der lohnabhängigen Klasse und für den Kampf für ein gutes Leben für alle.
Gestern, heute und morgen: No war but classwar!
Unsere Solidarität gegen ihre Repression!
Wir möchten bereits jetzt darauf hinweisen, dass bald ein weiterer Prozess vor dem Bezirksgericht gegen eine Genossin ansteht und wir auch darauf mobilisieren werden. Die Genossin ist ebenfalls unter anderem wegen Landfriedensbruch angeklagt.
5. Mai 2025
