Wandzeitung 67

Diese Wandzeitung zum Thema 1. August erschien im Sommer 2006.

Zur historischen Bedeutung des 1. August

In antifaschistischen Kreisen hat der 1. August seit wenigen Jahren die Bedeutung eines „Antifa-Tages“ erhalten. Dies, weil  erstmals 1995 – aber erst im Jahr 2000 im nationalen und internationalen Blitzlichtgewitter der Medienwelt – die FaschistInnen auf die heiligste Kuhweide der Schweiz, das Rütli, zur offiziellen Bundesfeier des Schweizer Staates pilgerten. Seit 2003 findet der nun alljährlich nicht bewilligte, aber von den jeweils zu Hundertschaften anwesenden PolizistInnen des Innerschweizerischen Polizeikonkordates tolerierte faschistische Aufmarsch durch die kleine Urner Gemeinde Brunnen statt. Der Staat und die bürgerlichen Medien gaben sich jeweils empört und genauso ratlos. Von antifaschistischer Seite aus formiert sich nun seit zwei Jahren jeweils Widerstand gegen den Aufmarsch verschiedenster faschistischer Kräfte. Dass versucht werden muss, sich den Faschos entschlossen entgegen zu stellen und ihnen jeden öffentlichen Raum streitig zu machen, den sie sich zu nehmen versuchen, ist notwendige Aufgabe, ja gar Pflicht des revolutionären Antifaschismus. Doch auch in Bezug auf den historischen Kontext dieses Tages muss unsere Hauptkritik vielmehr dem bürgerlichen Nationalstaat und dessen Logik von Volk und Nation gelten und dementsprechend der Kampf dagegen entwickelt werden. Uns geht es nicht darum, den 1. August für die Bourgeoisie faschofrei zu kämpfen und diesem Tag zu einem unbefleckten Image zu verhelfen. Der 1. August gehört als Nationalfeiertag auf den Mülleimer der Geschichte!

Der 1. August als Reaktion auf eine starke ArbeiterInnenbewegung
Auf dem Gründungskongress der Zweiten Internationalen 1889 wurde zum Gedenken der Opfer des Haymarket Riot der 1. Mai als "Kampftag der ArbeiterInnenbewegung" ausgerufen. Im Jahr darauf wurde dieser zum ersten Mal mit Massenstreiks und Massendemonstrationen begangen. Wie überall auf der Welt, war die Beteiligung auch in der Schweiz überwältigend. Die proletarische Machtdemonstration wurde auch von der Bourgeoisie verstanden. So griff sie zu einer ihr bis heute probaten Spaltungstaktik: Die ArbeiterInnenklasse soll gegen die Nation ausgespielt werden. Im Bewusstsein des Proletariates sollen sich nicht die Gemeinsamkeiten, also Lohnabhängigkeit, einbrennen, sondern die Unterschiede, also die Zugehörigkeit zur Nation. Der proletarischen Massenmobilisierung wollte die herrschende Klasse eine reaktionäre Mobilisierung in Form einer Feier der eigenen Nation entgegenstellen. So wurde nicht zufällig ein Jahr nach dem ersten erfolgreichen 1. Mai, also 1891, der 1. August als Nationalfeiertag lanciert. In diese Zeit fällt denn auch das Aufkommen vieler Mythen und Lügen, welche dem Konstrukt von Volk und Nation zu Glaubwürdigkeit verhelfen sollten. So auch der Mythos des Rütlischwurs der Urkantone von 1292, welcher dem literarischen Werk „Willhelm Tells“ von Schiller entlehnt ist. Die konstruierte „gemeinsame“ Geschichte eines  Volkes ist also als Reaktion der Bourgeoisie gegen die zu dieser Zeit erstarkende ArbeiterInnenbewegung und die Verschärfung des Klassenkampfes zu verstehen.

Der Kampf geht erst richtig los
Historisch steht dieser Tag  für viel mehr als nur für die Selbstzelebrierung des Schweizerischen Nationalstaates und jetzt aktuell auch den Versuchen der am meisten chauvinistischen und nationalistischen Teile der kapitalistischen Gesellschaft, also der FaschistInnen, sich an diesem Tag einen Platz zu erobern. Er steht als einer von vielen Versuchen der Bourgeoisie einen progressiven Verlauf der Geschichte aufzuhalten und die ArbeiterInnenklasse gegen die Nation auszuspielen und in lauter kleine Minoritäten zu spalten. Mit diesem historischen Bewusstsein werden wir uns für die folgenden Jahre überlegen, wie dem vielerorts verhassten 1. August von proletarischer Seite aus entgegengetreten werden kann!

Das Proletariat hat keine Nation – Internationale Revolution!
Für den Kommunismus!