Die Initiative in die eigenen Hände nehmen
Zunächst gabs Applaus von den Balkonen. Das war vor wenigen Jahren während der Corona-Pandemie. Spätestens dann merkten viele, dass die Beschäftigten des Gesundheitswesens auf dem Zahnfleisch laufen. «Systemrelevant» nannte man sie fortan. Der Stress war nicht neu, er hatte schon seit langem System. Mit der Einführung der Fallkostenpauschalen 2012 unterboten sich die Spitäler mit Sparzwang und miesen Arbeitsbedingungen – die Zustände während der Corona-Pandemie waren dann der Höhepunkt. In jener Zeit kam die Pflegeinitiative zustande. Diese Initiative stand für die Hoffnung, dass sich mit einer Abstimmung etwas verbessern würde. Und zwar für die Angestellten und die Pflegebedürftigen. Die Pflegeinitiative erfuhr grossen Rückhalt in der Bevölkerung, aber auch Repression. In manchen Spitälern wurde die sichtbare Unterstützung der Pflegeinitiative verboten.
Der Staat verschleppt, der Staat forciert
Es kam anders. Geschlagene vier Jahre sind es nun her, seit die Pflegeinitiative von der Stimmbevölkerung mit 61% wuchtig angenommen wurde. Doch die Interessen der lohnabhängigen Bevölkerung wurden faktisch ignoriert. Die Initiative verlor sich in irgendeiner Amtsschublade, während der Bundesrat persönlich für die Verschleppung sorgte. Als 2012 die Fallkostenpauschale angenommen wurde, war das ganz anders. Und das hat System. Sobald das Kapital gute Investitionsbedingungen sucht, dann geht’s rasch mit der Umsetzung. Es macht einen Unterschied, ob eine Abstimmung zugunsten von unseren Arbeitsbedingungen oder zugunsten der Profitsteigerung geführt wird. Denn der bürgerliche Staat ist nicht einfach eine neutrale Instanz. Das heisst, allein mit Abstimmungskampf ist nichts zu holen. Erfolgsversprechender scheint es, auf unsere eigenen Kräfte zu bauen und sich so dem Klassenkampf von oben entgegenzustellen.
Gegenmacht und Solidarität aufbauen
Es gibt Beispiele dafür, wie die Forderungen nach besseren Arbeitsbedingungen gehört werden. Vor wenigen Wochen streikten in Fribourg Spitalangestellte gegen die Sparpläne des Kantons. Die Berliner Krankenhausbewegung konnte im Frühjahr nach über 30 Tagen Streik sehr gute Tarifverträge (für mehr Personal und bessere Arbeitsbedingungen) abschliessen. Das ist gelungen, weil alle zusammengehalten haben, über Abteilungen und Berufsgruppen hinweg. So müssen wir überall betriebliche Gegenmacht aufbauen, das heisst wir müssen uns als Angestellte vernetzen und organisieren. Unser Arbeitsalltag ist geprägt von Missständen, die wir benennen und bekämpfen müssen – zu wenig Lohn, Stress, miese Arbeitsbedingungen und fehlende Wertschätzung. Überall spüren wir, dass dieses System Profit über Menschenleben stellt. Genau dies betont auch die Bewegung rund um den feministischen Streik, die eine Verstärkung für die Gewerkschaftsbewegung darstellen kann. Am 14. Juni 2027 soll die nächste ganz grosse Mobilisierung stattfinden. Der Zeitraum bis dahin bietet eine Chance um sich zu organisieren. Verbündete finden wir unter den Lohnabhängigen anderer Berufsgruppen. Tragen wir diesen Kampf in den Betrieb und auf die Strasse – machen wir es wie in Berlin und in der Romandie. Das ist der Schlüssel, um Veränderung anzustossen.
Für den Kommunismus