Das nutzbringende Elend der albanischen Bevölkerkung

Um den Charakter des Bürgerkrieges im Kosovo zu verstehen, reicht eine durch die bürgerlichen Medien gezielt angeheizte Emotionalität nicht aus. Was sind die Interessen der imperialistischen Mächte, allen voran Deutschland und die USA, die einmal mehr mit militärischer Gewaltandrohungen ihre Vorstellungen der neuen Weltordnung im ehemaligen Jugoslawien durchsetzen wollen. Da uns die konkreten Ergebnisse der Verhandlungen zwischen der Regierung der Republik Jugoslawien und den verschiedenen albanischen Vertretern nicht vorliegen, müssen wir uns auf die Kommentierung der Situation im Vorfeld beschränken.

Von allem Anfang an schürte der nach der Wiedervereinigung im Jahre 1990 definitiv entfesselte deutsche Imperialismus nach Kräften die Konflikte im ehemaligen Jugoslawien. Die gegen den Willen der US-Imperialisten erfolgte diplomatische Anerkennung von Slovenien und Kroatien trug entscheidend zum Ausbruch des Bürgerkrieges bei. Insbesondere von amerikanischer Seite wurde danach die „Unabhängigkeit“ von Mazedonien unterstützt, und unter einer dem Westen hörigen Regierung sofort zu einem Natostützpunkt ausgebaut. Das einzige Land, das bis heute weder nach der US-amerikanischen noch nach der europäischen, sprich deutschen Geige tanzt, ist die historisch wie aktuell eng mit Russland verbundene Republik Jugoslawien. „Serbien muss sterbien“, mit diesem Ruf hat das deutsche Kapital den ersten Weltkrieg angezettelt und setzt auch heute alles daran, diesen in den Balkan reichenden Einflussbereich Russlands einzudämmen. 

Der Hinterhof Europas

Ungehemmt definieren die deutschen Militärs in ihren 1992 verfassten Richtlinien zur Bundeswehr die deutschen Interessen als die „Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt….“. Und wie diese Interessen gegen Störenfriede durchgesetzt werden sollen, daran lässt der Kommentator der Tageszeitung „die Welt“ keinen Zweifel offen: „In Europa ist ein neues Gehege von Sicherheit abgezäunt, und Slobodan Milosevic wird als erster durch das Gatter getrieben – ganz gleich, ob nun mit Diplomatie, die sich auf eine militärische Drohung stützt, oder doch noch mit offener Waffengewalt. Die NATO hat sich den Balkan zu etwas gemacht, das die Amerikaner ihren Hinterhof nennen würden.“ (WELT 14.10.98). Es blieb nicht bei leeren Worten. In offener Verletzung des Grundgesetzes, das die Vorbereitung eines Angriffskrieges verbietet, beschliesst der deutsche Bundestag im Oktober 98 die Entsendung von Tornados und Soldaten. Ende Januar 99 schliesslich schliesst der sozialdemokratische Verteidigungsminister Scharping bei einem Besuch dieser mittlerweile nach Mazedonien verlegten Truppen auch die Entsendung von deutschen Bodentruppen in die Bundesrepublik Jugoslawien nicht aus. Wer in dieser Situation unschuldig-naiv die Frage aufwirft, warum denn um Gotteswillen der deutsche Imperialismus das Regime von Milosevic destabilisieren sollte, macht sich zum Komplizen dieser kriegstreiberischen Politik. 

Die Interessen der USA am Krieg im Kosovo

Der Balkan ist nicht nur der Hinterhof Deutschlands, auch die USA sind kräftig mit von der Partie. Zwar widersetzte sich seinerzeit die US-Regierung vehement gegen die diplomatische Anerkennung Sloweniens. Sie befürchtete zu Recht eine Verstärkung des deutschen Einflusses in der Region. Nach der durch Deutschland forcierten Aufplitterung Jugoslawiens setzte nun aber auch die USA alles daran, ihren Einfluss geltend zu machen. Und da kommt der Bürgerkrieg im Kosovo keineswegs ungelegen. Unter dem Vorwand der Eindämmung des Konflikts baut sich die NATO so ihre Präsenz in Südosteuropa aus. Die Stossrichtung dieser Präsenz richtet sich insbesondere gegen Russland. Daher auch das Ausschalten der UNO, wo Russland von seinem Vetorecht gegen militärische Interventionen Gebrauch machen könnte. In einer vom Institut für Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr in Hamburg verfassten Studie wird auf den Hintergrund dieses Konflikts hingewiesen: „Der Einsatz militärischer Kräfte der NATO in Kosovo wiederum ohne Legitimation durch den UN-Sicherheitsrat … wird als Präzedenzfall für möglich künftige Einsätze im unmittelbaren Vorfeld Russlands gewertet, etwa im Kaukasus …, wo in der Auseinandersetzung um die Erdölressourcen in der Kaspischen Region und den Niessbrauch (Red: Nutzung) bzw. die Verlegung von Pipelines ein heftiger Konkurrenzkampf  zwischen westlichen und russischen Oelkonzernen bzw. Washington und Moskau im Kontext strategischer Interessen entbrannt ist …“ (Konfliktmanagement durch militärische Intervention? Dilemmata westlicher Kosovo-Politik. August 98). 

Die linken UnterstützerInnen der UCK 

Der Hintergrund der imperialistischen Intervention bildet also weniger die Besorgnis um die albanische Bevölkerung, sondern, wen wundert es, die in den Richtlinien der Bundeswehr erwähnten Interessen am „ungehinderten Zugang zu Märkten und Rohstoffen aller Welt“. 

Diese Interessenlage versuchte die UCK von allem Anfang an für sich zu nutzen . Ungeniert biedert sie sich bei den Grossmächten an. „Der Generalstab der Befreiungsarmee Kosovas hat die Versammlung der Aussenmister der NATO Länder begrüsst. Allein das Treffen auf diesem hohen ministeriellen Niveau spricht für die Ernsthaftigkeit, mit der sich diese Kreise jetzt des Kosovaproblems annehmen.“  (Politische Erklärung vom 9.12.98)  Trotz des offenkundig reaktionären Charakters hat sich die UCK hierzulande einen linken Unterstützungskreis aufgebaut. Es bleibt dessen Geheimnis, wie er dies mit den einstmals vertretenen antiimperialistischen Positionen vereinbaren kann.

aufbau Nr. 14 / März 1999