Schuften für das Kapital

Die Situation der ArbeiterInnen auf Katars WM-Baustellen

Seit Katar mit den Bauarbeiten für die Weltmeisterschaften 2022 begonnen hat, sind auf den Baustellen für die WM-Infrastruktur rund 1200 ausländische ArbeiterInnen ums Leben gekommen. Wenn die Sicherheitslage nicht gravierend verbessert wird, könnte sich die Anzahl der Umgekommenen, so eine Schätzung des internationalen Gewerkschaftsbundes, bis zum Start der WM auf 4000 erhöhen. Doch auch für die restlichen 500’000 migrierten ArbeiterInnen, die insgesamt am Bau der WM-Stadien beteiligt sind, sieht die Situation alles andere als rosig aus:

Während sich der Wüstenstaat teure Stadien leistet, bleiben sie weitgehend rechtlos. Bis zu 90% der ArbeiterInnen wird bei Ankunft der Pass durch das einstellende Unternehmen entzogen und erst bei der Abreise wieder ausgehändigt. Unternehmen halten Löhne zurück oder zahlen diese nur teilweise aus. Um die Zeitvorgabe ihrer Vorgesetzten einzuhalten, sind 12-Stunden Schichten bei bis zu 50 Grad Aussentemperatur an der Tagesordnung. Und um noch mehr Mehrwert zu generieren, sparen die vor Ort handelnden Unternehmen nicht nur bei den Löhnen, sondern auch bei den Sicherheitsmassnahmen. Mit dem Ergebnis, dass Katar rund sechsmal so viele Verletzte und Tote auf den Baustellen zu beklagen hat wie andere Länder.

Und auch das Recht der ArbeiterInnen sich organisieren zu dürfen, wird in Katar mit den Füssen getreten. Bei der Internationalen Arbeitsorganisation gingen in den letzten Jahren unzählige Fälle ein, in welcher durch den Staat selbst oder durch den entsprechenden Betrieb das Recht auf gewerkschaftliche Organisierung unterbunden wurde. Wer sich trotzdem organisiert, hat mit entsprechenden Konsequenzen zu rechnen. Als letztes Jahr Angestellte eines koreanischen Unternehmens in einen Streik traten, wurden daraufhin kurzerhand 200 Leute entlassen und ausser Land gebracht. Durch falsche Versprechen und fehlenden Schutzmöglichkeiten hat Katar die kapitalistische Logik, in welcher der Mensch zu einer Ware degradiert wird, weitgehend perfektioniert. Tote, lohneinfordernde und streikende ArbeiterInnen werden unverzüglich durch neue ins Land gelockte ArbeitsmigrantInnen ersetzt, bis diese ebenfalls wieder ausgewechselt werden.

Die FIFA als Organisator und Profiteur dieser Ausbeutung trägt eine grosse Mitschuld an der desaströsen Situation. Und doch wollen die Funktionäre nicht auf die kommenden Profite aus dem reichen Öl-Staat verzichten. Auf die Situation angesprochen, erklärte der FIFA-Vorsitzende Sepp Blatter unlängst, dass dies nichts Ungewöhnliches sei und es prinzipiell in jedem Land, auf jeder Baustelle zu tödlichen Unfällen kommen könne. Der menschenverachtende Zynismus, der aus dem Mund des jährlich rund 2 Millionen Franken verdienenden Fussballfunktionärs kommt, spricht Bände. So lange der Profit stimmt, ist es der FIFA und ihren Mitarbeitern egal, wie die Situation der ArbeiterInnen vor Ort aussieht. Oder wie Sepp Blatter selbst sagte: „Wir wollten Katar, und wir ziehen das durch.“ Wenn aber auf den Baustellen mehr Leute sterben, als während der WM jemals Spieler den Rasen betreten werden, dann muss sich die FIFA nicht wundern, dass sich internationalen Protest gegen eine solche Politik formiert. Es scheint angesichts der desaströsen Situation auf Katars Baustellen nicht falsch zu sein, den Spiess umzudrehen und laut zu rufen: „Wir wollten die FIFA nicht, und wir ziehen das durch.“